Revisoren blicken in die grüne Zukunft

Bei der Bundesrevisorenkonferenz stand heuer das Megathema Nachhaltigkeit am Programm. Dabei wurden Einblicke in die Klimaforschung, die neue Entwicklung der CO₂-Emissionen und die Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gegeben.

Bei der Bundesrevisorenkonferenz stand heuer das Megathema Nachhaltigkeit am Programm.
© ÖRV/ Sequenze Five

Die Folgen der globalen Klimaerwärmung und des Green Deals der EU beschäftigen immer mehr Unternehmen und werden in den kommenden Jahrzehnten zu einem Umbau des Wirtschaftssystems in Richtung Nachhaltigkeit führen. Aufgrund von EU-Vorgaben werden künftig mehr Betriebe als bisher ihren Beitrag zum Klimaschutz in Nachhaltigkeitsberichten auch dokumentieren müssen. Welche Auswirkungen und Herausforderungen diese Entwicklung für Genossenschaftsrevisoren, aber auch für den Raiffeisensektor insgesamt mit sich bringt, wurde bei der Bundesrevisorenkonferenz, die alle zwei Jahre veranstaltet wird, in Bozen thematisiert.

Generalanwalt Erwin Hameseder betonte in seiner Videobotschaft, dass die künftig verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichte auch von Revisoren geprüft werden können. „Das ist aus meiner Sicht unerlässlich, denn kein anderer Prüfer kann wohl die Besonderheiten von Genossenschaften so gut beurteilen wie Revisoren.“ Ein Unternehmen nachhaltig zu führen, müsse aber mehr sein als ein Lippenbekenntnis oder eine PR-Strategie. Dieses Ziel sollte tief in der Unternehmensstrategie verwurzelt sein und auch gelebt werden. „Gemeinsam schaffen wir, dass Raiffeisen noch nachhaltiger wird“, ist Hameseder überzeugt. 

Generalrevisor Michael Laminger hielt in seiner Eröffnungsrede fest, dass zwar derzeit der Fokus insbesondere auf der ökologischen Nachhaltigkeit liege, aber es auch um soziale und ökonomische Nachhaltigkeit gehe. „Diese Themenbereiche werden von Genossenschaften und ihren Revisoren immer schon gelebt und geprüft“, erklärte Laminger. Es sei aber auch evident, dass die Auswirkungen der ökologischen Nachhaltigkeit nach wie vor „massiv unterschätzt“ werden. Viele Branchen wie etwa die Energiewirtschaft oder die Mobilität werden ihre Geschäftsmodelle ändern müssen, ist sich der Generalrevisor sicher. Das werde auch vom Green Deal gepusht, der zum Ziel hat, „grüneren“ Unternehmen den Zugang zu Kapital wesentlich zu erleichtern.

Für Transparenz soll dabei die Nachhaltigkeitsberichterstattung und deren Prüfung sorgen. „Wir Revisoren müssen die Genossenschaften vor der sogenannten Kodak-Mentalität bewahren. Kodak hat selbst die Digitalkamera entwickelt, aber darin eine Gefahr für das eigene Geschäftsmodell gesehen und die Entwicklung nicht vorangetrieben“, erinnerte Laminger. Das Ergebnis war, dass Konkurrenten ebenfalls eine Digitalkamera entwickelten und Kodak aus dem Markt verdrängten. 

„Wir sind im Steigflug“

Einen Einblick in die Arbeit der Klimaforscher und den Stand aktueller Erkenntnis gab der Glaziologe Georg Kaser, der als einer der einflussreichsten Klimaforscher weltweit gilt. Es wurde in den letzten Jahrzehnten verabsäumt, den Klimawandel in trockene Tücher zu bekommen, nun gehe es vor allem darum, die Folgen des vom Menschen verursachten Klimawandels so gut wie möglich einzudämmen. „Wir sind bereits gestartet und in einem Steigflug“, veranschaulichte der Südtiroler die Entwicklung. Ablesen könne man den Klimawandel etwa daran, dass die Null-Grad-Grenze in Europa heuer im Sommer nur selten unter 4.000 Meter lag, was die Gletscher weiter schmelzen lasse. Aber auch an den zahlreichen schleichenden Veränderungen wie dem Anstieg des Meeresspiegels oder dem Artensterben ist erkennbar, dass der Klimawandel immer weiter voranschreitet.

Um eine Stabilisierung zu erreichen, sollte die Erderwärmung um das Jahr 2040 höchstens 1,5 Grad-Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erreichen und bis 2060 höchstens 2 Grad. „Was wir jetzt machen, können wir im Moment zwar nicht spüren, aber nach 20 Jahren werden wir es spüren“, warnte der Wissenschafter vor einer Vogel-Strauß-Mentalität. Denn sollte man die Erderwärmung nicht in den Griff bekommen, drohen massive Kollateralschäden. Berechnungen zufolge finden Extremwetterereignisse, die noch in Zeit zwischen 1850 und 1900 ein Mal in zehn Jahren aufgetreten waren, mittlerweile dreimal in zehn Jahren statt. Für einen substanziellen Klimaschutz sei das Zusammenspiel von Regierungen, privatem Sektor und der Gesellschaft entscheidend – „wenn die nicht zusammenspielen, dann werden wir das Spiel verlieren“, warnt der Glaziologe und fordert, dass „die Hebel sehr schnell umgelegt werden müssen“.

Weniger CO₂-Emissionen

Eine gute Nachricht brachte Monika Brom vom Umweltbundesamt mit nach Bozen: Ihr zufolge sind die CO₂-Emissionen in Österreich laut vorläufigen Zahlen im Vorjahr im Jahresabstand um 6,4 Prozent oder 5 Millionen Tonnen auf 72,6 Millionen Tonnen zurückgegangen. Der bisherige Peak bei den Emissionen wurde in Österreich im Jahr 2005 mit über 90 Millionen Tonnen gemessen, seither gehe es allmählich runter. „Wie weit die Reduktion des Vorjahres aber nachhaltig ist (Stichwort Corona-Pandemie Anm.), weiß man leider nicht“, so Brom. Es sei aber bemerkenswert, dass man in Österreich im Vorjahr eine CO₂-Reduktion trotz eines Wirtschaftswachstums schaffen konnte. Das könnte darauf hinweisen, dass man auf dem Weg sei, die Kurve der CO₂-Emissionen (endlich) von jener des Wirtschaftswachstums zu entflechten. Auch wenn der Emissions-Anteil Österreichs im globalen Kontext gering sei, müssen man trotzdem die Hausaufgaben machen, fordert die Umweltexpertin und hielt fest: „2022 scheint uns dies gelungen zu sein.“ Zur öffentlichen Debatte über Einsparungsmöglichkeiten meinte sie, dass ein großer Hebel zur CO₂-Reduktion „nicht primär Geschwindigkeitsbegrenzungen“ seien, sondern vor allem die Rücknahme von klimaschädlichen Förderungen aus der Vergangenheit. Es sollte das gesamte Förderwesen durchforstet werden, fordert sie. 

Update zu Gesetzgebung

Eine große Rolle bei der grünen Transformation der Wirtschaft kommt der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) zu, für die ab 2024 europaweit eine Prüfpflicht eingeführt wird. In Österreich wird diese Pflicht zur Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten von derzeit rund 90 Großunternehmen auf etwa 2.000 im Jahr 2026 ansteigen. „Die Nachhaltigkeitsberichterstattung soll denselben Stellenwert wie die Finanzberichterstattung bekommen, die eine lange Tradition mit ausgearbeiteten Kennziffern hat“, erklärt die Expertin in einem zweiten Vortrag. Darüber hinaus sei auch ein einheitliches elektronisches Berichtsformat geplant, um die Berichte vergleichbar machen zu können. „Man stellt sich die Welt ein bisschen einfacher vor, als sie ist. Die Idee ist es, gewisse Begriffe zu tracken, damit ein Investor relativ rasch zum Beispiel alles zum Thema CO₂ finden kann. Der Inhalt der CSR ist jetzt schon eine große Herausforderung für die Betriebe – wenn ein Tracking dazukommt, dann wird es noch schwieriger“, warnte Brom.

Im Fokus der Neuregelung seien aber nicht nur die großen Unternehmen, sondern auch die börsenotierten Klein- und Mittelunternehmen (KMU). Daneben werde es auch einen freiwilligen Standard für sonstige KMU geben, die auch indirekt von der neuen Regelung etwa als ein Glied in einer Zulieferkette betroffen sein können. Für das geplante Nachhaltigkeitsberichtsgesetz soll es im Herbst einen ersten Entwurf geben, derzeit laufe noch die Abstimmung zwischen den Ministerien.

Nach der intensiven Tagung in Bozen wurde auch beim Galaabend, zu dem der Südtiroler Raiffeisenverband (RVS) einlud, viel genetzwerkt. RVS-Obmann Herbert Von Leon strich die Bedeutung der Revision für den RVS hervor und begrüßte die künftige Möglichkeit der „Prüfung aus einer Hand“ für Bilanzabschluss und Nachhaltigkeitsberichterstattung. Denn: „Der Klimawandel und Nachhaltigkeit sind die zentralen Themen unserer Zeit, die uns als Raiffeisen, aber auch die Revision vor verschiedene Herausforderungen stellen“, so Von Leon. Landeshauptmann Arno Kompatscher unterstrich, wie stark ökologische Kriterien, soziale und ökonomische Möglichkeiten miteinander verwoben sind. Highlight des Abends war das Gespräch mit Bergsteigerlegende Reinhold Messner, der die Nachhaltigkeit am Berg eindrücklich und bildstark umriss.