„Der Verkehrssektor ist mit einem Anteil von etwa 28 Prozent einer der größten Verursacher von Treibhausgasen in Österreich – und nach wie vor zu 91 Prozent von Erdöl abhängig. Besonderes Kopfzerbrechen bereitet der enorme Anstieg der Emissionen: +60 Prozent seit dem Jahr 1990. Kein anderer Sektor verzeichnete eine so rasante Negativentwicklung in so kurzer Zeit.“
Mit diesen Worten eröffnete Ingmar Höbarth, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds, die Präsentation des ersten Faktenchecks zur E-Mobilität im Jahr 2017. Fünf Jahre später, 2022, ist die Lage dieselbe. An den Fakten hat sich kaum etwas geändert.
„Das Kernproblem ist, dass wir unsere gelernten Mobilitätsgewohnheiten nicht so leicht aufgeben wollen“, sagt Höbarth. Zudem mache der Trend zu immer größeren und schwereren Autos die Einsparungen der heutigen, wesentlich effizienteren Motoren mehr als zunichte – gar nicht erst zu sprechen von den Zweit- und Drittautos.
Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen, ist aber die „völlige Umgestaltung des Mobilitätssystems“ notwendig, betont Höbarth. Die E-Mobilität alleine kann dafür nicht die Lösung sein, sie spielt aber eine zentrale Rolle. Aufgrund zu weniger öffentlicher Informationen und zu vieler Mythen und Falschinformationen hält sich die Begeisterung für E-Mobilität bei vielen Menschen noch in Grenzen.
Um dem mit wissenschaftlich fundierten Fakten entgegenzuwirken, hat der Klima- und Energiefonds gemeinsam mit dem Umweltbundesamt und dem Verkehrsclub Österreich (VCÖ) die wichtigsten Fragen zur E-Mobilität beantwortet.
Ist ein E-Auto wirklich besser für die Umwelt?
Die Lebenszyklusanalyse oder Ökobilanz – von der Herstellung über den Betrieb bis zur Entsorgung des Fahrzeuges – ergibt einen klaren Klimavorteil für E-Autos gegenüber Verbrennern. Stammt der Strom für den Fahrbetrieb zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien, verursachen Elektroautos bis zu 79 Prozent weniger Treibhausgas-Emissionen als vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Gänzlich frei von Treibhausgas-, Luftschadstoff- oder Lärmemissionen sind aber auch E-Autos nicht und auch der Flächenbedarf ändert sich alleine durch den Technologiewechsel nicht.
Weiters gilt: Hybrid-Fahrzeuge schneiden zwar besser ab als reine Verbrenner, erreichen aber bei weitem nicht die Werte eines E-Autos. Und: Je kleiner und leichter ein Elektroauto, desto klimafreundlicher ist man unterwegs.
Wie weit kann ich mit einem E-Auto fahren?
Die Reichweite der E-Autos steigt ständig. Es sind bereits Elektroautos mit Reichweiten von 450 km und mehr verfügbar. Der durchschnittliche Weg, der in Österreich täglich mit dem Auto zurückgelegt wird, liegt jedoch ohnehin nur bei rund 35 Kilometern. Die reale Reichweite kann im Winter zwar um bis zu einem Drittel niedriger sein, gleichzeitig gibt es aber immer mehr Schnellladestationen im In- und Ausland. Das Elektroauto eignegt sich also schon für die Mittel- und Langstrecke. Parallel wird das (Nacht-)Zugangebot stetig ausgebaut und die Alternative zur Nutzung des Pkws laufend verbessert.
Wo kann ich ein Elektroauto laden und worauf muss ich achten?
E-Autos werden zu 80 bis 90 Prozent zuhause oder am Arbeitsplatz geladen. Um den Einbau von Lademöglichkeiten auch in Mehrparteien-Wohnhausanlagen zu erleichtern wurde das sogenannte Right-to-Plug im Wohnungseigentumsgesetz verankert. Dazu wächst die Zahl der öffentlich zugänglichen Ladestationen – Ende 2021 standen österreichweit bereits mehr als 10.500 Ladepunkte zur Verfügung.
Um das Laden zu vereinfachen, ermöglichen einige Ladekarten sogenanntes E-Roaming, also die Möglichkeit, mit einer Ladekarte die Ladestationen mehrerer Ladestellenbetreiber zu nutzen. Das Laden folgt derzeit in den meisten Fällen dem Prinzip der Zeitabrechnung. Damit man den Ladepunkt nicht unnötig lange blockiert. Es geht jedoch in die Richtung einer Leistungsabrechnung. Diese Abrechnung nach tatsächlich geladener Energiemenge fördert die Preistransparenz und Fairness und wird in Zukunft die vorherrschende Abrechnungsmethode darstellen.
Die Ladedauer eines Elektroautos hängt stark von der maximal möglichen Ladeleistung des Fahrzeuges und des Ladepunktes ab, ebenso wie von der Batteriegröße bzw. der gewünschten Strommenge. Insbesondere an Schnellladestationen kann der Akku schon während der Dauer einer Kaffeepause ausreichend nachgeladen werden. In den meisten Fällen ist Langsamladung über Nacht aber völlig ausreichend – und auch batterieschonender.
Sind E-Autos teurer als Verbrenner?
Die Anschaffung eines Elektroautos ist aufgrund der Batteriekosten meist teurer als jene von vergleichbaren Autos mit Verbrennungsmotoren. Ein Gesamtkostenvergleich (Total Costs of Ownership) zeigt aber, dass der Kauf dank deutlich geringerer Betriebskosten innerhalb weniger Jahre zu Kostenvorteilen führt. Außerdem gibt es finanzielle Anreize und Förderungen beim Kauf eines Elektrofahrzeuges.
Neben den deutlich verringerten Energiekosten fallen auch andere Betriebsausgaben, etwa für Verschleiß und Wartung, geringer aus. Ein wichtiger Kostenfaktor ist die Batterie: Seit 2010 sind die durchschnittlichen realen Preise für einen Lithium-Ionen-Akku um 88 Prozent gesunken. Kostete im Jahr 2010 eine Kilowattstunde Batteriespeicher im Elektrofahrzeug noch rund 900 Euro, lagen die Kosten im Jahr 2021 bei 112 Euro. Eine weitere Kostenreduktion ist zu erwarten.
Wie sieht es am Gebrauchtwagenmarkt aus?
Der Anteil von Elektroautos an allen neuzugelassenen Pkws in Österreich wächst stark. Deshalb hat sich in den vergangenen Monaten auch eine dynamische Entwicklung am Gebrauchtwagenmarkt eingestellt. Auf den großen Online-Fahrzeugbörsen für Gebrauchtwagen in Österreich wurden zu Beginn des Jahres 2022 bereits knapp 2.000 gebrauchte vollelektrische Fahrzeuge aus allen Fahrzeugsegmenten und Preisklassen angeboten – Tendenz steigend.
Lohnen sich E-Autos für Betriebe und Gemeinden?
Zusätzlich zum positiven Image sind Elektroautos in Fuhrparks oft schon zum Zeitpunkt des Fahrzeugkaufes wirtschaftlich. Das ist teilweise auf Förderungen bei der Fahrzeuganschaffung und auf steuerliche Begünstigungen zurückzuführen. Der große Kostenvorteil ergibt sich aber insbesondere aufgrund der deutlich niedrigeren laufenden Kosten.
Ausführlicher Faktencheck
Woher die Rohstoffe für die Batterien und der zusätzlich benötigte Strom kommen sollen und wie sicher E-Autos sind, können Sie im „Faktencheck E-Mobilität“ nachlesen. Hier geht es zum Download auf der Website des Klima- und Energiefonds.