Bald jeder dritte Euro ist in Österreich nachhaltig angelegt, das zeigt der jüngste Marktbericht des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG). Das Gesamtvolumen von 63 Mrd. Euro markiert einen historischen Höchstwert für – unter Berücksichtigung von umweltbezogenen, sozialen und auf eine verantwortungsvolle Unternehmensführung bezogenen Kriterien – verwaltete Vermögen. „Mit einem Plus von 61 Prozent im Jahr 2021 haben wir nach wie vor extrem starkes Wachstum“, berichtet Wolfgang Pinner, Leiter des FNG-Österreich. Insbesondere Privatanleger legten nochmals deutlich mehr Kapital in nachhaltige Anlageprodukte an, hier beträgt der Anstieg 164 Prozent. Mit insgesamt 31,7 Mrd. Euro Anlagevolumen überholten die Privatanleger erstmals die institutionellen Investoren. Der Anteil der von institutionellen Anlegern gehaltenen Gelder nach ESG-Kriterien verringerte sich auf 44 Prozent, trotz eines weiteren Zuwachses um 2,07 Mrd. Euro auf insgesamt 25,39 Mrd. Euro.
„Mit einem Marktanteil von 28,2 Prozent sind nachhaltige Geldanlagen im Mainstream angekommen“, erklärt Pinner und ergänzt: „Triebfeder der Entwicklung war auch die Regulierung, welche dazu führte, dass heutzutage nachhaltige Fonds viel breiter angeboten werden.“ 57 Prozent der nachhaltigen Publikumsfonds tragen dabei auch ein qualitatives Nachhaltigkeitssiegel wie das österreichische Umweltzeichen oder das FNG-Siegel.
Für den FNG-Marktbericht für Österreich lieferten 24 Institute Daten und zum ersten Mal basiert der Bericht auf den Vorgaben der Offenlegungsverordnung als Artikel-8- oder Artikel-9-Fonds. 84 Prozent der im Rahmen der Studie berücksichtigten Publikumsfonds waren dabei als Artikel-8-Fonds deklariert, 16 Prozent als Artikel-9-Fonds. Bei den Spezialfonds lag der Anteil der Artikel-8-Fonds bei 100 Prozent. „Österreich hat sich vorsichtig an das Thema herangewagt“, betont Pinner. Artikel-8-Fonds verfolgen Nachhaltigkeitskriterien, bei Artikel-9-Fonds verpflichten sich die Kapitalanlagegesellschaften, auch konkrete nachhaltigkeitsbezogene Anlageziele anzustreben, die dann auch berichtet werden müssen. Wie diese Berichterstattung genau aussehen soll, ist noch nicht ganz klar.
Nachhaltige Umstellung
Neben den Zuflüssen in nachhaltige Geldanlagen hat im Vorjahr auch die positive Wertentwicklung zum Wachstum beigetragen sowie die Umstellung von immer mehr Fonds auf ESG-Kriterien. Bei den nachhaltigen Anlagestrategien dominieren weiterhin Ausschlüsse und normbasiertes Screening, bei dem Investments auf ihre Konformität mit bestimmten internationalen Standards und Normen wie den UN Global Compact überprüft werden. Top-Ausschlusskriterien sind aktuell Kohle und Menschenrechte. Stärkstes Wachstum gibt es bei nachhaltigen Themenfonds und Impact Investments, dazu zählen etwa Green Bonds.
Weiteres Plus 2022
Für das laufende Jahr erwarten alle im Rahmen des Marktberichts befragten Experten ein weiteres Wachstum des nachhaltigen Kapitalmarktes – weniger durch Performancezuwächse als vielmehr über Zuflüsse und Fondsumstellungen. 30 Prozent rechnen mit einem Wachstum von bis zu 15 Prozent. 35 Prozent erwarten Wachstumsraten zwischen 15 und 30 Prozent, ebenso viele sogar mit mehr als 30 Prozent. Schlüsselfaktoren für die weitere Entwicklung des nachhaltigen Kapitalmarktes sind nach Einschätzung der Befragten Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Nachfrage der institutionellen Investoren sowie verstärkte Marketingaktivitäten der Anbieter und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Reputation. Insbesondere die zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen zählende Integration der ESG-Präferenzabfrage in die Beratungsgespräche wird auch die Nachfrage der privaten Anleger weiter steigern. Wolfgang Pinner unterstreicht dabei, dass 100 Prozent der nachhaltigen Publikumsfonds in Österreich aktuell Mifid2 entsprechen.