Die jüngsten AMA-Zahlen zeigen wachsende Bio-Anteile bei Mehl – von 23 auf 26 Prozent. Spiegeln sich diese Steigerungen auch bei GoodMills Österreich im Jahr 2024 wider?
Peter Stallberger: Ja, diese Zahlen spiegeln sich auch bei unseren Bio-Absatzzahlen wider. Nicht nur bei den Finis-Feinstes-Produkten, sondern auch bei den Produkten, die an die Bäckereien gehen. Es ist ein kleines, aber ein stetiges und gesundes Wachstum seit vielen Jahren.
Generell stagnieren Bio-Produkte momentan, nur beim Mehl gibt es Zuwächse. Haben Sie eine Erklärung?
Stallberger: Mehl ist ein Grundnahrungsmittel und der Konsument hat zu einem Grundnahrungsmittel offensichtlich einen anderen Zugang als zu einem Genussmittel. Mehl braucht man über Brot und Gebäck fast täglich, da legt der Konsument offenbar mehr Wert darauf, was er isst.
War der Trend zu Biomehl der Grund, warum man im Vorjahr mit dem Bau der Biomühle am Standort Schwechat um 25 Mio. Euro begonnen hat?
Stallberger: Bio ist gekommen, um langfristig zu bleiben. Ein langfristiger Megatrend ist eine gute Basis für ein Investment.
Warum hat man sich entschieden, die Investition in Schwechat zu tätigen und nicht in Rannersdorf, wo bereits eine Biomühle steht?
Stallberger: Das hat mehrere Gründe: Einer ist, dass der Standort in Schwechat produktions- und absatztechnisch ein sehr guter ist. Wir haben auf der einen Seite die großen Anbaugebiete Ostösterreichs. Marchfeld, Pannonischer Raum, Weinviertel und Waldviertel liegen vor der Haustür und hinter der Haustür hat man zwei Millionen Konsumenten im Großraum Wien. Der Standort ist logistisch und auch verkehrstechnisch sehr gut. Der zweite Grund ist, wenn man alles an einem Standort zusammenfügt, bringt das natürlich mehr Effizienz, als wenn man mehrere Standorte betreibt.
Ist man in Rannersdorf auch an Kapazitätsgrenzen gestoßen?
Stallberger: Das Anlagenalter in Rannersdorf hat es erforderlich gemacht, dass man neu investiert. Wir wollen aber auch bei den Kapazitäten wieder ein wenig Reserve bekommen, um zukünftige Entwicklungen abdecken zu können. Kapazitäten zu verdoppeln ist nicht unser Fokus, sondern wir wollen einfach effizient mit modernen Anlagen Biomehl produzieren. Rannersdorf bleibt mit dem 15.000-Tonnen-Silo als Lager in Betrieb.
Welche Kriterien muss eine neue Mühle erfüllen, damit sich die Investition rentiert?
Stallberger: Die Kalkulation von Commodities ist generell eine sehr enge und Mehl ist ein Klassiker eines Commodities. Es braucht moderne Technik, die sehr effizient und wirtschaftlich arbeitet – beginnend beim geringen Energiebedarf bis hin zu einem hohen Automatisierungsgrad. Das ist Grundbedingung, damit so ein Investment wirtschaftlich erfolgreich sein kann. Und man muss schauen, dass man das Investment selbst, also den Bau, so effizient wie möglich umsetzen kann. Das hat auch für den Standort Schwechat gesprochen, weil Grundstücksreserven ausreichend vorhanden waren. Wir haben keinen Quadratmeter zusätzlich versiegelt, sondern bringen alles in unserem bestehenden Betriebsgelände unter.
Wie viel energieeffizienter ist die neue Mühle?
Stallberger: Das wird die Praxis zeigen, aber die Erwartungen liegen schon zwischen fünf und zehn Prozent.
Wann soll die neue Biomühle in Betrieb gehen? Liegt man im Zeitplan?
Stallberger: Wir haben ziemlich genau vor einem Jahr mit den Bauarbeiten begonnen und haben jetzt aufgrund der niederschlagsarmen Witterung sogar ein paar Wochen Vorsprung. Die klassische Walzenmühle für Weizen, Roggen und Dinkel wird heuer im Spätherbst in Probebetrieb gehen. Im Jahr 2026 folgt dann in einem zweiten Schritt die Implementierung der Steinmühle – eine alte, traditionelle Mehlherstellung auf Steinen mit moderner Technik umgesetzt. Da bauen wir auf den Erfahrungen aus Rannersdorf auf, wo wir schon eine kleine Anlage für Vollkornmehle in Betrieb hatten. Das wollen wir nun größer machen und auf Auszugsmehle ausweiten.
Was ist das Besondere einer Steinvermahlung?
Stallberger: Es ist zwar nicht so ein effizienter Herstellungsprozess, hat aber feine Vorteile aufgrund von niedrigeren Temperaturen in der Vermahlung. Es ist schonender und die Oberflächenstruktur des Mehls ist etwas rauer, was die Wasserbindung verbessert.
Wie viel Biomehl wird man im Vollbetrieb produzieren?
Stallberger: Wir werden eine Vermahlung von rund 40.000 Tonnen jährlich haben.
Wie zufrieden sind Sie generell mit der Entwicklung von GoodMills Österreich?
Stallberger: 2024 war ein normales, stabiles Geschäftsjahr. Das Jahr 2025 scheint aufgrund der Rohstoffsituation doch etwas mehr Gegenwind zu bringen. Die Verfügbarkeit von gewissen Getreidekategorien wird mit zunehmendem Saisonverlauf schlechter. Die Preisentwicklung ist total konträr: Die Kurse an der europäischen Warenbörse Matif gehen tendenziell nach unten, während national die Preise eher nach oben gehen. Für die Landwirtschaft ist das gut, aber für uns schwierig.
Warum sind die Getreidepreise in Österreich höher?
Stallberger: Das österreichische Getreide wird im Export gut nachgefragt. Wenn der italienische Markt Hunger auf bessere Qualitäten hat, treibt das am österreichischen Markt den Preis und den müssen dann auch heimische Mühlen bezahlen. Es ist ein „Wettkampf“ zwischen Heimmarkt und Exportmärkten. Wir leben ja zu 100 Prozent von österreichischem Getreide.
Ist die Selbstversorgung bei Mehl etwa gefährdet?
Stallberger: Nein, gar nicht. Es ist eher ein Thema des Preises. Die Landwirtschaft verkauft uns ja gerne Getreide und wir haben langfristige Partnerschaften, aber sie wollen eben genauso viel haben, wie wenn sie es nach Italien oder im Bio-Bereich in die Schweiz verkaufen. Das ist wirtschaftlich ein normaler Vorgang.
Seit heuer gibt es ein AMA-Gütesiegel für Getreide, Mehl und Gebäck. Was bedeutet diese Richtlinie für GoodMills Österreich?
Stallberger: Wir sind im ersten Jahr dieser neuen Richtlinie und sehen es grundsätzlich sehr positiv, wenn das Bewusstsein und die Wertigkeit für ein Grundnahrungsmittel durch Marketing hervorgehoben wird. Es ist durchaus eine Art Lebensversicherung für die ganze Wertschöpfungskette, das fängt beim Bauern an und hört beim Bäcker auf. Regionalität, Qualität und Nachhaltigkeit dem Konsumenten näherzubringen, ist genau die Aufgabe der AMA. Wir haben in der Vergangenheit schon immer auf 100 Prozent österreichischen Rohstoff gesetzt – auch ohne Siegel –, darum ist die Umstellung für uns nicht groß.