In seiner „Strategie, Konsequenz und Positionierung“ gilt Grafenegg heute als „Leitprojekt der Kulturentwicklung in Niederösterreich“, freut sich Paul Gessl, Geschäftsführer der Niederösterreichischen Kulturwirtschaft (NÖKU) anlässlich der 20-jährigen Erfolgsgeschichte des Musik- und Kulturstandorts. Was im Jahr 2007 mit der Idee, eine Sommerresidenz für das „Tonkünstler-Orchester Niederösterreich“ zu schaffen, begann, ist heute zu „einer der führenden Kulturadressen Europas“ geworden – eine Entwicklung, die auch Rudolf Buchbinder laut eigener Aussage in seinen „kühnsten Träumen“ nicht erwartet hätte.
Der österreichische Starpianist fungiert seit 20 Jahren als künstlerischer Leiter von Grafenegg. Für seine letzte Saison verspricht er einen „neuen Aufbruch voller Begegnungen und künstlerischer Neugier“. Es sei „ein Programm, das erneut große symphonische Werke, besondere Künstlerpersönlichkeiten und lebendige musikalische Impulse vereint“. Den Auftakt zur diesjährigen Sommersaison wird man auch im Jubiläumsjahr im Rahmen der „Sommerklänge“ (heuer von 11. Juni bis 8. August) traditionell bei der Sommernachtsgala mit dem „Tonkünstler-Orchester Niederösterreich“ begehen.
Bevor es allerdings so weit ist, steht mit der Eröffnung des Robert-Buchbinder-Saals Ende Mai noch ein besonderes Ereignis bevor: Der Kammermusiksaal im ersten Geschoß der neu sanierten historischen Reitschule soll künftig Platz für 500 Zuschauer bieten. Mit seinen großzügigen Fensterflächen wird er nicht nur einen Blick auf Wolkenturm, Schloss und den insgesamt rund 32 Hektar umfassenden Park des Natur- und Kulturgeländes erlauben, sondern dank modernster Ausstattung auch verstärkt die Möglichkeit für multimediale Programme schaffen. Neben einem Abendkonzert des „Grafenegg Academy Orchestra“ am 18. Juli bietet der Saal beispielsweise im Rahmen der Sommerklänge auch Platz für eine Podiumsdiskussion sowie eine Filmvorführung.
Gemeinsam mit angesehenen Persönlichkeiten aus der Welt der klassischen Musik widmet sich die „Grafenegg Academy“ jährlich der Uraufführung eines Werkes, das von internationalen professionellen Musikschaffenden vor Ort erarbeitet wird. 2026 wird Komponist Georg Friedrich Haas als künstlerischer Kurator fungieren. Gemeinsam wartet man mit der Uraufführung von „Hyena II“ sowie „Hyena III“ und einer eindringlichen Auseinandersetzung mit dem Thema der Selbstzerstörung und Neuerfindung auf.

Nachmittagskonzerte
Als Programmpunkt im Robert-Buchbinder-Saal angekündigt wurde zudem eine neue Schiene mit Nachmittagskonzerten im Rahmen des „20. Grafenegg Festivals“. Den Beginn macht Kevin Puts „Emily – No Prisoner Be“. Der Pulitzerpreisträger hat in enger Zusammenarbeit mit der international gefeierten Mezzosopranistin Joyce DiDonato einen Liederzyklus, bestehend aus 24 Gedichten der amerikanischen Lyrikerin Emely Dickinson, erarbeitet. Premiere ist am 15. August.
Bereits am Abend zuvor wird die Eröffnung des Festivals im Wolkenturm mit dem „Philharmonic Orchestra London“ unter der Leitung von Cristian Măcelaru und den „Wiener Chormädchen“ sowie dem „Wiener Singverein“ mit Rudolf Buchbinder am Klavier ganz im Zeichen von Ludwig van Beethoven und Carl Orff stehen. Dargeboten werden die Lieder der „Carmina Burana“ vom Sopran Nikola Hillebrand sowie Nicholas Phan (Tenor) und Germán Olvera (Bariton). Besonders erfreut zeigte sich Buchbinder bei der Programmpräsentation zudem darüber, dass 2026 erstmals sein langjähriger Freund Riccardo Muti zum Abschluss des Festivals am 6. September das „Orchestra Giovanile Luigi Cherubini“ dirigieren wird. Auf dem Spielplan befindet sich neben „Le quattro stagioni“ und der Ballettmusik aus der Oper „I vespri siciliani“ unter anderem auch Mozarts „Konzert für Klavier und Orchester d-Moll KV466“ mit Buchbinder am Klavier.
Ein Sommer der Pianisten
Generell sei das Festival 2026 laut Buchbinder ein „Sommer der Pianisten“ geworden. Neben dem jungen deutschen Pianisten Colin Pütz (gemeinsam mit dem „Tonkünstler-Orchester Niederösterreich“ unter der Leitung von Domingo Hindoyan) werden außerdem Alexandre Kantorow für ein Nachmittagskonzert sowie Yuja Wang (mit dem Mahler Chamber Orchestra) und Daniil Trifonov (im Kammerkonzert mit dem Violinisten Sergei Dogadin) erwartet. Erstmals darf man sich in Grafenegg über einen Auftritt der ehemaligen Studienkollegin Buchbinders, Martha Argerich, freuen. Die argentinisch-schweizerische Starpianistin wird im Rahmen eines Abends mit den Münchnern Philharmonikern unter der Leitung des israelischen Dirigenten Lahav Shani ihr spätes Debüt in Grafenegg geben. Lahav Shani, selbst auch ein hervorragender Pianist, wird außerdem am Pult stehend zwei Abende mit dem „Israel Philharmonic Orchestra“ bestreiten.

Bühne für den Nachwuchs
Ebenfalls prominent beim Festival vertreten wird im kommenden Jahr die österreichische Komponistin Olga Neuwirth sein. Neuwirth wurde eingeladen, 2026 als „Composer in Residence“ im Rahmen von „Ink Still Wet“ zu fungieren. Der „Composer-Conductor-Workshop“ bietet jungen Nachwuchsdirigenten die Möglichkeit, mit der Unterstützung eines Mentors ihre neuen Werke gemeinsam mit dem „Tonkünstler-Orchester Niederösterreich“ am Dirigentenpult zu erarbeiten.
Die Schaffung von Zeit und Raum für junge musikalische Exzellenzen sei laut Gessl ein wesentliches Merkmal, das Grafenegg ausmacht. So befindet sich seit 2023 auch das Headquarter des „European Union Youth Orchestra“ auf dem Musik- und Kulturareal. Das Orchester, bestehend aus jungen Musikschaffenden aus allen 27 EU-Mitgliedstaaten, wird 2026 unter anderem unter der Leitung von Gustavo Gimeno mit Julia Hagen am Violoncello im Wolkenturm aufspielen.
Des Weiteren im Programm befinden sich ein Abend mit dem Bayreuther Festspielorchester mit Auszügen aus Wagners „Parsifal“ sowie Erich Wolfgang Korngolds Oper „Die tote Stadt“ mit dem „Tonkünstler-Orchester Niederösterreich“ mit Axel Kober als Dirigent. Der Kartenvorverkauf für die Konzerte startet heuer am 10. Dezember. Inhaber der „Grafenegg-Card“ haben bereits am 12. November die Gelegenheit, sich Tickets zu sichern.








