Handel: „Wachstum schaut anders aus“

Die Lage für den heimischen Handel ist alles andere als rosig. Dafür gibt es mehrere Gründe. Bestimmte Branchen trifft es besonders hart.

Die Treppe geht nach unten, was die Preissteigerung der letzten Jahre im Einzelhandel betrifft. Im ersten Halbjahr 2024 erreichte die Absatzmenge fast den Nullpunkt. So der Bericht von Handelsforscher Peter Voithofer vom Institut für Österreichs Wirtschaft. Die Präsentation der Halbjahresbilanz des heimischen Handels brachte wenig Grund zur Freude. Waren die Prognosen zu Jahresbeginn noch eher optimistisch, so ist aktuell kein Rückenwind für den Handel spürbar. „Wachstum schaut anders aus“, lautet Voithofers ernüchternder Kommentar zu den aktuellen Zahlen.

Minimale Preissteigerung

Im gesamten österreichischen Handel (Großhandel, Einzelhandel und KFZ-Wirtschaft) beträgt das nominelle Umsatzminus 1,4 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023.  Sowohl Groß- als auch Einzelhandel verzeichnen ein Minus, nur die KFZ-Wirtschaft erreicht ein Plus. Grundlage für diese Analyse bilden die Daten der Statistik Austria.

Was die Preissteigerung für den gesamten Handel betrifft, so ist diese mit 0,2 Prozent minimal. Betrachtet man den Einzelhandel gesondert, so stiegen die Umsätze im ersten Halbjahr 2024 nominell um 1,7 Prozent, sanken real aber um 0,8 Prozent. Wenn man weiter zwischen Food-, Non-Food- und Online-Handel unterscheidet, so performt der Food-Bereich relativ gut, im Non-Food-Bereich kann man eine Verschlechterung in den letzten Jahren ablesen und der Online-Handel kämpft mit negativen Zahlen. Aufgesplittet auf die einzelnen Branchen des Einzelhandels, mussten besonders der Möbel- und Schuhhandel die größten nominellen Rückgänge verzeichnen. Nur zwei Branchen wachsen auch real: der Bekleidungs- und Lebensmittelhandel. 

Platz 21 im EU-Vergleich

Im internationalen Vergleich beobachten die Experten eine Stabilisierung der Einzelhandels-Konjunktur – nicht so in Österreich. Im Ranking der EU-27 belegt Österreich aktuell den 21. Platz. Auf die Frage, woran das liegen könnte, antwortet Rainer Trefelnik, Bundesspartenobmann Handel: „Der Wettbewerb im Handel ist ein internationaler. Die Bürokratie für lokale Händler ist sehr groß. Der Bürokratiewahnsinn erschlägt uns.“ Damit spricht er das Lieferkettengesetz an. Es könne nicht sein, dass die Frachtkosten von Österreich nach Deutschland so viel höher sind als von China. „Das wird sich nicht ausgehen“, richtet er seinen Appell an die nächste Regierung, von der er sich einen Rückgang der Kostenexplosionen erwartet. 

Als weiteren Faktor für die sinkenden Umsätze nennt Trefelik die gestiegene Sparquote, die nicht nur in Österreich zu beobachten ist. Daher sei die „Sackerldichte“ auf den Straßen geringer, auch wenn die Tourismuszahlen – zumindest in Wien – im Steigen begriffen sind. Die Urlauber scheinen mehr Geld für Gastronomie und Hotellerie auszugeben als im Geschäft. 

Schlüsselfaktor Mitarbeiter

Wenn die Umsätze rückläufig sind und die Kosten steigen, wirkt sich das auch auf die Zahl der Mitarbeiter aus. Insbesondere im Einzelhandel, aber auch im Großhandel ist die Beschäftigtenzahl rückläufig. Immerhin seien es 600.000 Mitarbeiter, die im Handel beschäftigt und auch für die Stimmung im Land wichtig sind, betont Trefelik.

Laut einer Studie der Johannes Kepler Universität Linz, die untersucht hat, wie attraktiv der Einzelhandel für seine Angestellten ist, sind die Mitarbeiter aber großteils zufrieden: 79 Prozent der gut 1.000 Befragten finden ihren Job attraktiv. Fast die Hälfte der 300.000 im Einzelhandel Beschäftigten arbeitet Teilzeit, 70 Prozent der Angestellten sind Frauen. Wie viele Mitarbeiter sich der Handel künftig leisten kann, muss jeder Unternehmer selbst entscheiden. Ein gutes Team ist für den Verkaufserfolg aber entscheidend: „Die Mitarbeiter sind das Wichtigste im stationären Handel“, weiß Trefelik.   

Die Prognose für das zweite Halbjahr ist verhalten. Die langen Jahre der Krise schlagen jetzt ökonomisch so richtig ein, verdeutlicht der Spartenobmann die dramatische Lage für den Handel. Von der Politik wünscht er sich: „Gebt uns die fairen Rahmenbedingungen und lasst uns arbeiten.“

AusgabeRZ36-2024

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