Generation Z bringt frischen Wind

Wie sich die Generation Z von ihrer Vorgängergenerationen unterscheidet, wurde bei der 26. IGA-Tagung in Innsbruck diskutiert. Dabei wurde schnell klar, dass die „Digital Natives“ in vielen Dingen neue Standards setzen.

Die Generation Z mit Partizipation für Genossenschaften begeistern – darum drehte sich die diesjährige Jahrestagung des Internationalen Instituts für Genossenschaftsforschung im Alpenraum (IGA) in Innsbruck. Zur Generation Z werden die „Digital Natives“ gezählt, die mit dem Internet und den sozialen Netzwerken aufgewachsen sind und grob gesprochen zwischen 1995 und 2010 geboren worden sind.

„In den Genossenschaften sprechen wir sehr viel über Diversität. Mit Diversität ist aber nicht nur die Frage gemeint, wie viele Frauen in Führungs- und Funktionärspositionen Platz haben sollen, sondern auch wie junge Menschen in diese Positionen kommen“, betont Arnulf Perkounigg, Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer des Vereins IGA, in seiner Eröffnungsrede. 

Spannende Chancen

Sophie Leuenberger, stellvertretende Geschäftsführerin der Schweizer Idée Coopérative, streicht in ihrem Vortrag hervor, dass die Generation Z sehr stark von gesellschaftlichen Herausforderungen wie der Klimakrise oder sozialer Gerechtigkeit geprägt sei und sich gleichzeitig vor allem in einer digitalen Welt bewege. „Daraus ergeben sich besondere Anforderungen, aber auch spannende Chancen für Genossenschaften“, betont Leuenberger.

Die Genossenschaft mit ihrem Fokus auf nachhaltiges Wirtschaften und Solidarität liefere das, was diese Generation oft suche. Viele der Werte dieser jungen Menschen stimmen mit jenen der Genossenschaftsbewegung überein. So erwarte die Generation Z etwa von Unternehmen, dass diese sich nicht nur der Gewinnmaximierung widmen, sondern aktiv zu Lösungen für gesellschaftliche Probleme beitragen, zeigt eine Umfrage unter Schweizer Jugendlichen.

Außerdem lege diese Generation Wert auf Produkte aus der Region und auf das Engagement für Nachhaltigkeit. Ehrlichkeit und klare Information, insbesondere wenn es um ökologische und soziale Themen geht, werden geschätzt. Das führe auch dazu, dass die Generation Z bereit sei, mehr Geld für ein Produkt auszugeben, wenn damit eine Lösung für eine globale Herausforderung verbunden sei.

Sophie Leuenberger
Sophie Leuenberger © Thomas Hanni

Emotionalen Bezug schaffen

„Die Herausforderungen für Genossenschaften bestehen darin, diese Themen in ihre Kommunikation zu integrieren und einen emotionalen Bezug zu schaffen“, sagt Leuenberger. Sie rät daher, die konkrete Wirkung der genossenschaftlichen Arbeit aufzuzeigen.

Um die Generation Z zu erreichen, spielen digitale Kanäle eine entscheidende Rolle. „Das Verhalten der Gen Z ist stark auf visuelle und interaktive Inhalte fokussiert. Genossenschaften, die sich digital authentisch und transparent präsentieren, erreichen die Gen Z wesentlich direkter“, so Leuenberger.

Mit konkreten Kampagnen und über Storytelling könne das Interesse der jungen Menschen geweckt werden. Zu den konkreten Umsetzungsideen der Studie gehört unter anderem die Entwicklung eines „nachhaltigen Kontos“, um die Werte der jungen Menschen anzusprechen. Die Kontogebühren sollten teilweise für regionale oder grüne Projekte verwendet werden. Auch Partnerschaften mit Influencern sollten angestrebt werden, um einen gemeinsamen Content für die Zielgruppe zu erstellen.

Trends in der Arbeitswelt

Auch in der Arbeitswelt setzt die Generation Z neue Standards, indem sie oftmals nicht nur nach Arbeit, sondern einer Berufung sucht. Dabei spielen die Übereinstimmung mit den persönlichen Werten, aber auch Mitsprache und Entwicklungsmöglichkeiten eine ganz wichtige Rolle.

Diesen Weg in der Personalsuche ist auch die deutsche Raiffeisenbank Kirchweihtal gegangen, wie Vorstandsvorsitzender Günter Dreher in seinem Vortrag über die Arbeitgeberattraktivität berichtete. Partizipation werde großgeschrieben, vor einigen Jahren habe die Bank ein 360-Grad-Feedback eingeführt. Die dort angesprochenen Themen werden auch in den jährlichen Mitarbeitergesprächen auf eine wertschätzende Weise besprochen.

Man werde bei der Gen Z nur weiterkommen, wenn man auch ihre Bedürfnisse hört, ist Dreher überzeugt. Es gehe aber auch um Themen, die die Generation Z nicht direkt betreffen. Als Beispiel nennt Dreher etwa den Umgang des Unternehmens mit Mitarbeitern, wenn schwierige Familiensituationen entstehen. „Bei den neuen Prozessen haben wir uns am Anfang alle nicht wohlgefühlt, aber ich kann ihnen sagen, es funktioniert“, resümiert Dreher. 

Günter Dreher
Günter Dreher © Thomas Hanni

Öffentlichkeit suchen

Der Banker fordert die Genossenschaften insgesamt auf, mit ihrem Tun vermehrt in die Öffentlichkeit zu gehen. „Wenn wir etwas machen, dann sprechen wir auch darüber. Die genossenschaftliche Bescheidenheit muss man ablegen“, ist Dreher überzeugt. So engagiere sich die Bank mit Baumspenden an Gemeinden, um den überschießenden CO₂-Fußabdruck zu kompensieren. Bei der Projektauswahl gelte es, besonders auf die Glaubwürdigkeit zu achten.

Darüber hinaus rät Dreher den Unternehmen, sich besonders um neue Mitarbeiter zu kümmern:  „Wir können es uns nicht erlauben, uns beim Onboarding zu verstolpern. Wenn wir jemanden bekommen, den wir haben wollen, dann wollen wir den Mitarbeiter auch behalten.“ Abschließend gesteht er aber ein, dass es sich bei der Arbeitgeberattraktivität um „die Quadratur des Kreises“ handle: „Wir werden es nie hinbekommen, aber man muss permanent am Thema arbeiten und aus Überzeugung dranbleiben.“ Denn irgendwann werde man feststellen, dass es doch funktioniere und sich die Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren. 

Unter einem Dach

Wie ein Bau eines Mehrparteienhauses mit genossenschaftlichen Prinzipien erfolgen kann, schildert Angela Khol, Geschäftsführerin und Vorstandsmitglied der „HausWirtschaft“. Das Wohnhaus im zweiten Wiener Gemeindebezirk mit einer Fläche von knapp 7.000 m2, in dem Wohnen und Arbeiten unter einem Dach organisiert werden, wurde 2023 von den Bewohnern bezogen.

Die Genossenschaft ist Generalmieter des Hauses und besitzt mehrere Eigenbetriebe, darunter einen vermietbaren Veranstaltungssaal und ein kleines Hotel. „Es ist sehr schwer, jemandem zu erklären, was wir sind, denn wir sind so vieles“, sagt Khol. Die Idee wurde 2016 geboren, 2018 verwandelte sich der ursprünglich für die Umsetzung gegründete Verein dann in eine Genossenschaft.

Angela Kohl
Angela Kohl © Thomas Hanni

„Wir haben erkannt, dass uns die Genossenschaft viel mehr Möglichkeiten gibt als ein Verein“, so Khol. Die HausWirtschaft sei als Waren- und Dienstleistungsgenossenschaft organisiert. Die Vorteile seien, dass man Überschüsse erzielen könne, die Sicherheit durch die Revisionsprüfung habe und einer beschränkten Haftung unterliege. 

Mäßige Bekanntheit

Theresia Theurl, Leiterin des Instituts für Genossenschaftswesen an der Universität Münster, betont in ihrem Statement, dass die Genossenschaft in ihrer Gesamtheit noch zu wenig bekannt sei. Zudem warnt sie vor Versuchen, die werthaltige Marke Genossenschaft mit anderen Begriffen wie Kooperationsgesellschaft oder Kollektiv ersetzen zu wollen. Denn es bedarf viel Zeit, bis neue Begriffe eine Werthaltigkeit bekommen. Sie rät dazu, Genossenschaften mit jenen Merkmalen zeitgemäß aufzuladen, auf die junge Menschen heute hören oder abfahren. Was in der Kommunikation allerdings immer zu kurz komme, sei die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Basis für eine Genossenschaft. Das müsse man im Kommunikationsprozess im Vorhinein integrieren.

Dass den Genossenschaften noch viel Arbeit in Hinblick auf die Bekanntheit bevorsteht, zeigt auch eine Studie im Auftrag des Österreichischen Raiffeisenverbandes (ÖRV). Demnach sind Genossenschaften in Österreich nur mäßig bekannt. Lediglich 36 Prozent der österreichischen Bevölkerung geben an, Genossenschaften „sehr gut“ bzw. „gut“ zu kennen. Insbesondere Genossenschaften aus den Bereichen „Wohnbau“ und „Landwirtschaft“ werden hier angeführt.

Zu den bekanntesten genossenschaftlichen Werten zählen Solidarität, Gemeinschaftsgefühl, Mitbestimmung und Regionalität. Am wenigsten bekannt sind wirtschaftliche bzw. rechtliche Vorteile sowie generell die Genossenschaft als Unternehmensform. Bemerkenswert ist, dass Personen, die angeben, Genossenschaften zu kennen, diese auch als überdurchschnittlich attraktiv bewerten. Gut sieben von zehn Österreichern geben eine gute oder sehr gute Bewertung ab.

AusgabeRZ47-2024

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