Die sorglose Schönwetterperiode auf dem österreichischen Wohnimmobilienmarkt geht zu Ende, heftiger zinsseitiger Gegenwind zieht auf. „Dass sich der steile preisliche Steigflug bei Immobilien der letzten Jahre nicht fortsetzen wird, ist offensichtlich“, so Matthias Reith. „Zwar dürften merklich steigende Zinskosten die Nachfrage spürbar dämpfen. Dass eine größere Zahl bestehender Immobilienbesitzer aufgrund steigender Kreditraten in Bedrängnis gerät, zeichnet sich hingegen nicht ab.“
Rückenwind schlägt in Gegenwind um
Zinsen runter, Immobilienpreise rauf. Der jahrelange Zinsrückgang verlieh dem österreichischen Immobilienmarkt seit der Finanzkrise beständigen Rückenwind. Zwar war die Unsicherheit in den letzten 14 Jahren groß, auf eines war aber immer Verlass: Jedes neue Zinstief sollte nicht das letzte gewesen sein, die Zinsen kannten nur eine Richtung.
Spiegelbildlich dazu eilten die Preise von Wohneigentum von einem Hoch zum nächsten. Unterstützt wurde das von fundamentalen Entwicklungen wie dem Bevölkerungszuwachs. Maßgeblich befeuert wurde der mittlerweile 17 Jahre andauernde Steigflug des österreichischen Wohnimmobilienmarkts aber vom Zinsrückgang. Die Zinswende bleibt für den österreichischen Immobilienmarkt nicht folgenlos, auch wenn sich dessen Preisdynamik im ersten Halbjahr 2022 nochmals merklich beschleunigt hat. Laut der Österreichischen Nationalbank (OeNB) legten die Wohnimmobilienpreise im zweiten Quartal österreichweit um rund 13 Prozent zu.
Ende der dynamischen Preisanstiege
Die Zinswende ist jetzt schneller und kraftvoller gekommen, als noch vor einem Jahr erwartet. Damit sieht sich auch der österreichische Wohnimmobilienmarkt immer stärkerem Gegenwind ausgesetzt. Matthias Reith: „Vor diesem Hintergrund erwarten wir nach den Jahren des steilen Steigflugs eine markante Verlangsamung des Preisauftriebs. Eine Phase länger anhaltender oder deutlicher Preisrückgänge erwarten wir hingegen nicht.“
Gegen einen preislichen Sturzflug spricht zudem, dass der Höhenflug der letzten Jahre nicht mit dem Aufbau struktureller Fehlentwicklungen „erkauft“ worden ist. Wie etwa in Irland und Spanien, wo ein überdimensionierter Bausektor oder ausufernde Verschuldung der privaten Haushalte klare Warnsignale waren. Dort platzten die Immobilienblasen der frühen Nullerjahre mit der Finanzkrise wie Seifenblasen. Warnsignale, die in Österreich in dieser Form aber nicht vorzufinden sind.
Es gilt also: Was hoch gestiegen ist, muss nicht zwangsläufig tief fallen.