Österreichs Industrie steht weiterhin unter Druck und befindet sich mittlerweile im vierten Rezessionsjahr. Der „Tag der Industrie 2025“ war deshalb kein Tag des Feierns, sondern vielmehr der mahnenden Worte. Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV), analysiert den Status quo: „Wir erleben eine stille De-Industrialisierung und einen stetigen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit.“ Allein in den vergangenen zwei Jahren hat sich die Zahl der Arbeitsplätze im Industriesektor um 36.500 reduziert. Jeder 15. Betriebsstandort wurde geschlossen. „Fakt ist: Jeder verlorene Betriebsstandort bedeutet verlorenes Know-how, Wertschöpfung, Innovationskraft und am Ende verlorenen Wohlstand“, erklärt Knill und warnt: „Wenn wir nicht jetzt entschlossen gegensteuern, verspielen wir nicht nur unsere Gegenwart, sondern auch unsere Zukunft.“
Ungenutztes Potenzial
Das Motto des Abends lautete deshalb „Jetzt ins Tun kommen“. Österreich verfüge über „enormes Potenzial“, so Knill und verweist auf Unternehmen mit weltmarktführenden Produkten, bestens ausgebildete Fachkräfte sowie Forschung und Innovation auf höchstem Niveau. „Doch wir nutzen dieses Potenzial nicht, wir behindern uns vielmehr selbst durch überbordende Bürokratie, hohe Kosten und fehlende Reformen. Das müssen wir ändern. Jetzt ist nicht die Zeit für weitere Analysen und Diskussion, jetzt ist die Zeit, um ins Tun zu kommen“, betont Knill.
Planbarkeit gefordert
IV-Vizepräsident Peter Mitterbauer zeichnet ein deutliches Bild der derzeitigen Standortprobleme: „Österreich ist zu teuer und zu kompliziert. Die Arbeitskosten steigen schneller als die Produktivität, die Energiepreise liegen über dem internationalen Schnitt und die Bürokratie wächst ungebremst.“ Er forderte daher ein Belastungsmoratorium für die nächsten fünf Jahre: keine neuen Steuern, keine neuen Abgaben und keine zusätzliche Übererfüllung von EU-Vorgaben.
„Unternehmer können nur dann investieren, wenn sie auf stabile Rahmenbedingungen vertrauen können. Wir brauchen einen Befreiungsschlag für das Unternehmertum, sonst wandern Investitionen ins Ausland ab, wo es schneller, günstiger und einfacher geht“, so Mitterbauer.
Notwendige Innovation
Ein Schlüssel für eine gute Zukunft ist für IV-Vizepräsidentin Sabine Herlitschka, auch in Schlüsseltechnologien zu investieren: „Innovation ist kein Luxus, sondern Sicherheit für die Zukunft.“
IV-Vizepräsidentin Patricia Neumann fordert eine ambitionierte Fachkräftestrategie und ein klares Bekenntnis zu Freihandel und internationaler Kooperation: „Österreich ist ein Exportland. Wir leben davon, dass Märkte offen sind und Transportrouten verlässlich funktionieren. Das Mercosur-Abkommen ist nur ein Beispiel: Schon heute hängen 32.000 Arbeitsplätze am Handel mit dieser Region, ein Zollabbau könnte unsere Industrie-Exporte fast verdoppeln.“
Strategie der Politik
Wie die heimische Politik die heimische Industriekonjunktur ankurbeln will, erklärte Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer in seiner Ansprache: „Um die De-Industrialisierung zu stoppen und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, müssen wir uns auf unsere Stärken besinnen: Leistung, Fleiß und Erfindergeist. Und dazu setzen wir kurzfristige Sofortmaßnahmen wie die Unterstützung der energieintensiven Industrie sowie strukturelle Reformen beispielsweise zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren.“ Mittel- und langfristige Maßnahmen sollen folgen.
„Mit der geplanten Industriestrategie wollen wir die Grundlagen schaffen, um unsere Industrie auch über eine Periode hinaus zu stärken und Österreich wieder auf die Überholspur zu bringen“, so Hattmannsdorfer vor mehr als 500 Gästen beim diesjährigen „Tag der Industrie“.