Von harter Arbeit und Zusammenhalt

Das Museum für Geschichte in Graz liefert mit der Ausstellung „Wir Klauberinnen“ spannende Einblicke in die Arbeit von Frauen auf dem steirischen Erzberg.

Das wahrscheinlich älteste Bild von Klauberinnen an Sortierbändern, entstanden zw. 1910 und 1920.
Das wahrscheinlich älteste Bild von Klauberinnen an Sortierbändern, entstandenzwischen 1910 und 1920. © Archiv Stadtmuseum Eisenerz

Kalt, nass, zugig: Unter der Beschreibung eines guten Arbeitsplatzes stellen sich viele etwas anderes vor und doch wählten viele Frauen vom Beginn bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts exakt jene Bedingungen. Vor allem in der Nachkriegszeit war mit der Arbeit als Klauberin in den ab 1912 errichteten zwölf unterschiedlichen Sortier- und Klaubanlagen am Erzberg mehr Geld zu verdienen als beispielsweise mit einer Anstellung als Verkäuferin oder Friseurin. Oft blieb den Frauen, wollten sie ihre Familien versorgen, auch keine andere Wahl als den Gang auf den einstigen „Brotlaib der Steiermark“ anzutreten. Der Mangel an Lehrstellen, die Rückgabe der Jobs an aus dem Krieg heimgekehrte Männer, der Wegfall der alten Arbeitsstelle oder schlicht der Wunsch trotz der Ermangelung eines erlernten Berufes eigenes Geld verdienen zu wollen: Die Gründe am Erzberg zu arbeiten waren vielfältig, die Arbeitsbedingungen für alle Frauen gleich hart. 

Klauberinnen erzählen 

Eingeteilt in Acht-Stunden-Schichten hatten die Klauberinnen das auf Förderbändern oder in Bunker geworfene erzhaltige vom tauben, wertlosen Gestein zu trennen. Schmerzende Hände und Finger gehörten zu den Begleiterscheinungen dieser mühevollen Arbeit. Besonders im Winter soll die Situation aufgrund der durch die Waschung des Gesteins ständig nassen und kalten Handschuhe unerträglich gewesen sein. Abhilfe verschaffte man sich laut Historikerin Karin Hojak-Talaber mit dem Befüllen der Handschuhe mit warmem Sand. 

In ihrem 2021 erschienen Buch „Rund um den Erzberg. Die beeindruckende Geschichte der Klauberfrauen“ lässt Hojak-Talaber auch ehemalige Klauberinnen zu Wort kommen. In Aufzeichnungen und Interviews erzählen sie von der langen Anfahrt auf den Berg, vom stundenlangen Schnee schaufeln und vom durch die Nässe und den Dreck verursachten „Haarfraß“. Aber auch vom starken Zusammenhalt, der unter den Frauen herrschte und so manchen Streich, den man sich gegenseitig oder den Männern spielte, ist hier die Rede – konnte es bei den wenig charmant als „Brecherweiber“ bezeichneten Frauen auch schon mal recht „brachial“ zugehen. Vor allem „die Jungan woan vulla Bledsinn“ erinnert sich Emilie Goldgruber, die von 1947 bis 1963 am Erzberg beschäftigt war. Fotos, die in die Publikation Eingang fanden, zeigen unter anderen „Milli“ Goldgruber bei der Arbeit oder im freundschaftlichen Verbund mit den Kolleginnen. 

Ausgestellt waren die Bilder in den vergangenen zwei Jahren auch im Rahmen der auf dem Buch basierenden und von Hojak-Talaber gestalteten Ausstellung im „FreiRaum“ in Eisenerz. Noch bis Anfang nächsten Jahres gastiert die Schau – mit einigen Ergänzungen – nun im Museum für Geschichte in Graz. Mithilfe von Tonaufnahmen und Skizzen der Klaub- und Sortieranlagen sind die Besucher dazu eingeladen, sich ein Bild über die damaligen Arbeitsverhältnisse sowie über die spannende Geschichte des Erzberges zu machen. Überraschend mag dabei für manche sein, dass Frauen nicht erst mit dem Aufkommen der Klaub- und Sortieranlagen im 20. Jahrhundert in der rund 1.300 Jahre alten Geschichte des Bergbaus am Erzberg eine Rolle spielten. So sprechen beispielsweise schriftliche Belege wie unter anderen die „De re metallica“ aus dem Jahre 1556 neben Männern auch von Frauen, die Erz klaubten. 

Geschichte(n) vor Ort 

Wer generell Interesse am Bergbau hat, für den lohnt auch ein Besuch des mit dem österreichischen Museumsgütesiegel ausgezeichneten „Stadtmuseum Eisenerz“. Neugierige erfahren hier sowohl etwas über die Blütezeit des heimischen Eisenwesens im 16. Jahrhundert als auch über die Geschichte des Ortes. Aber auch der Erzberg selbst kann im Zuge von Führungen erkundet werden. Das Angebot reicht von einer Fahrt mit dem 860-PS starken Hauly auf den Stufen des Berges über einen Blick untertage bis hin zum Beiwohnen einer Sprengung. Noch heute werden jährlich rund zwölf Millionen Tonnen Gestein aus dem Berg gesprengt und insgesamt ungefähr drei Millionen Tonnen Erz abgebaut. Nur die Sortierung erfolgt längst ohne Klauberfrauen zur Gänze automatisiert.