Lehrlinge wollen es „fad, aber sicher“

Lehrlinge von heute streben nach Sicherheit und Stabilität – im beruflichen wie im privaten Leben.

Ein Ausbildner erklärt etwas, zwei Lehrlinge sehen aufmerksam zu.
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Die tfactory Trendagentur hat in Kooperation mit dem Institut für Jugendkulturforschung die aktuelle Arbeits- und Lebenswelt der Lehrlinge in Österreich untersucht. Dazu wurden 800 Lehrlinge zwischen 15 und 25 Jahren befragt. 

Die Ergebnisse deuten auf eine Generation mit ausgeprägtem Sicherheitsbedürfnis hin, wie Studienleiter Bernhard Heinzlmaier erklärt: „Wir sehen keine Generation, die nach den großen Herausforderungen sucht oder sich wie die Gen Y selbstständig machen möchte, sondern sich sehr zurückhaltend und gedämpft verhält.“ Nur nicht auffallen und so gut es geht durchs Leben kommen, sei das Motto. 

So bezieht man sich wieder stärker auf „alte Traditionen und Werte“, vor allem die Familie spielt für die Befragten eine enorm wichtige Rolle: „Das Ideal ist, eine eigene Familie zu gründen, und natürlich der Lebenstraum vom Eigenheim im Grünen“, weiß Heinzlmaier, betont aber: „Nicht alle Lehrlinge sind gleich!“ Jeweils nach der Sparte, in der sie arbeiten, unterscheiden sie sich. Besonders die Lehrlinge in der Tourismusbranche würden sich stark vom Mainstream abheben: „Sie sind eher die Unkonventionellen und erscheinen als Zugvögel und Abenteurer. Bevor sie eine Familie gründen, wollen sie ordentlich etwas erleben.“

Sorgen haben aber viele dieselben: Teuerung und Inflation stehen für die Hälfte der befragten Lehrlinge dabei ganz oben, gefolgt von Klimawandel, Kriminalität und Kriegen. Umso wichtiger ist es für die meisten, einen sicheren, beständigen und widerstandsfähigen Ausbildungsbetrieb zu finden. Nach der Arbeitsplatzsicherheit folgen die angenehme Arbeitszeit, eine hohe Lehrlingsentschädigung und natürlich wünschen sich viele eine Übernahme nach der Lehrzeit. 

Lehrlinge fordern achtsamen Umgang

Weiters spielt für die Lehrlinge die Qualität ihres Ausbildners eine große Rolle. „Sie wollen als ganzer Mensch behandelt werden und nicht nur als Arbeitskraft“, sagt Heinzlmaier und unterstreicht: „Das sind wirklich zum Teil sehr sensible Leute. Die wollen, dass man mit ihnen achtsam umgeht.“ Hier können Betriebe am Arbeitsmarkt punkten: „In einer Zeit der Affekte und Bilder ist die Ausbildungsperson die Personifikation der Ausbildungsqualität eines Betriebes und somit die wichtigste Repräsentantin eines Lehrbetriebes. Die muss man in der Kommunikation nach vorne rücken.“

Frauen sind besonders sicherheitsorientiert und haben ein großes Bedürfnis, die Arbeitszeit mitzugestalten, um sie gut auf die eigenen Bedürfnisse abstimmen zu können. Am stärksten auf die Arbeitsplatzsicherheit ausgerichtet sind die Lehrlinge der Sparte Industrie, während die Lehrlinge der Tourismusbranche besonders großen Wert auf eine hohe Lehrlingsentschädigung legen.

Ganz pragmatisch

Gefragt nach den interessantesten Arbeitgebern, nennen 62 Prozent der Befragten die ÖBB. Eine Marke, die bei den Lehrlingen für Sicherheit, Beständigkeit und Arbeitnehmerfreundlichkeit steht, so die Erklärung des Studienleiters. Im Gegensatz dazu steht auf Platz zwei Red Bull. „Das Unternehmen repräsentiert Erfolg, Aufstieg und Innovation“, so Heinzlmaier. Der an dritter Stelle platzierte ÖAMTC punktet als sicheres und traditionsbewusstes österreichisches Unternehmen. Auf den weiteren Plätzen folgen Finanzdienstleister (u.a. Raiffeisen mit 44 Prozent), große Industriebetriebe und internationale Handelskonzerne. 

„Sehr konservative und große Unternehmen unter den Top-Arbeitgebern, die suggerieren, dass es eine sichere Nummer ist, wenn man dort arbeitet“, kommentiert Heinzlmaier und attestiert den Lehrlingen einen ausgeprägten Pragmatismus und einen hohen Realitätssinn: „Das sind keine ideologischen Spinner: Das Traumunternehmen ist Red Bull, aber die pragmatische Wahl ist die ÖBB.“ Kurz gesagt: „Fad, aber sicher.“