Mehr Waldviertel für weniger Geld

Die beliebte Region in Niederösterreich lockt Zuzügler mit viel Lebensqualität – und aktuell auch mit günstigen Immobilienpreisen.

Ruine Lichtenfels im Waldviertel
Ruine Lichtenfels im Waldviertel © Adobestock.com

Die Corona-Pandemie hat vielerorts eine regelrechte Landflucht ausgelöst. In Zeiten von Lockdown und Abstandsregeln wollten viele Menschen der engen Stadt entfliehen und übersiedelten in den ländlichen Raum. Eine Entwicklung, die auch dem Waldviertel und dem dortigen Immobilienmarkt einen ordentlichen Schub gegeben hat. „In den Pandemie-Jahren verzeichnete das Waldviertel einen regelrechten Boom. Viele Menschen haben die damals günstigen Finanzierungsmöglichkeiten genutzt, um ins Grüne zu ziehen“, erklärt Peter Weinberger, Geschäftsführer von Raiffeisen Immobilien NÖ/Wien/Burgenland. Durch die erhöhte Nachfrage schossen auch die Preise in die Höhe. „Bei den prozentualen Preissteigerungen war das Waldviertel sehr weit vorne“, so Weinberger. 

Mit dem Ende der Corona-Krise ist nun auch dieser überproportionale Zuwachs vorbei: Steigende Zinsen, sinkende Leistbarkeit und verschärfte Kreditvergabe-Richtlinien wie etwa durch die KIM-Verordnung dämpften im vergangenen Jahr sowohl Nachfrage als auch Preise im Waldviertel. Insgesamt wechselten 2023 in den Bezirken Gmünd, Horn, Krems Land, Waidhofen/Thaya und Zwettl 1.756 Wohnimmobilien im Wert von 153 Mio. Euro den Eigentümer. Zum Vergleich: In der Hochphase der Pandemie im Jahr 2021 gab es 2.680 Immobilienverkäufe (207 Mio. Euro), auch 2022 waren es noch 2.232 (197 Mio. Euro).

Bei Einfamilienhäusern sanken die Preise von im Schnitt 2.400 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2022 auf 1.700 Euro im Jahr 2023. Das entspricht zwar einem deutlichen Minus von 29 Prozent, die Preise liegen damit aber immer noch über dem Niveau der Vor-Corona-Jahre: Denn 2019 musste man für einen Quadratmeter eines Einfamilienhauses im Waldviertel nur 1.600 Euro ausgeben. Auch bei Eigentumswohnungen gingen die Durchschnittspreise von 2.100 Euro je Quadratmeter im Jahr 2022 um 29 Prozent auf 1.500 Euro zurück. Gesunken sind auch die Waldviertler Grundstückspreise von rund 30 Euro (2022) auf 20 Euro pro Quadratmeter in 2023, sie liegen damit jedoch deutlich über dem Level von vor der Pandemie (2019: 15 Euro/m2). Weinberger sieht darin eine Normalisierung des Immobilienmarkts: „Die ‚Pandemieflüchtlinge‘ sind im Waldviertel angekommen. Alle Preise orientieren sich wieder nach unten.“

Bio-Bauer und Projektleiter von „Wohnen im Waldviertel“ Landtagsabgeordneter Franz Linsbauer, GF Peter Weinberger (RIV) und Josef Wallenberger, Experte für Standort- und Regionalentwicklung
© Bio-Bauer und Projektleiter von „Wohnen im Waldviertel“ Landtagsabgeordneter Franz Linsbauer, GF Peter Weinberger (RIV) und Josef Wallenberger, Experte für Standort- und Regionalentwicklung

Junger Zuzug 

Mit Betonung auf Normalisierung, denn der Zuzug ist nach wie vor ungebrochen – auch dank der Initiative „Wohnen im Waldviertel“, die in Kooperation mit Raiffeisen Immobilien seit 15 Jahren erfolgreich das Leben in der Region bewirbt. „Jährlich siedeln sich im Durchschnitt etwa 5.100 Personen an und gründen hier ihren Hauptwohnsitz, darunter ungefähr 1.400 aus Wien“, weiß Josef Wallenberger, Experte für Standort- und Regionalentwicklung aus Horn. Es seien vor allem junge Menschen, die kommen. Tatsächlich bestand von 2020 bis 2022 die größte Gruppe der Zuzügler aus Personen zwischen 22 und 33 Jahren. Viele davon haben Kinder oder entscheiden sich bei der Frage, wo der künftige Nachwuchs aufwachsen soll, eben für das Waldviertel. 

„Die Hauptmotive für den Zuzug sind neben der Leistbarkeit von Immobilien das sichere Aufwachsen der eigenen Kinder, die Qualität in Betreuung und Schule, die intakte Natur und das gesunde Leben, die gute Nachbarschaft und das soziale Miteinander“, erklärt Franz Linsbauer. Der niederösterreichische Landtagsabgeordnete und Biobauer ist Projektleiter von „Wohnen im Waldviertel“. Das Motto der Initiative, die mittlerweile 64 Gemeinden umfasst, lautet: zurück zur alten Größe. Durch den Bevölkerungsrückgang der 1970er- bis 1990er-Jahre gibt es viele ungenutzte Ressourcen (Leerstände, Abwasser- und Wasserversorgung, Schulen etc.), die einen Bevölkerungszuwachs ohne große Infrastruktur-Investitionen ermöglichen.

An der Nachfrage scheitert es im Waldviertel aktuell jedenfalls nicht, jedoch ist das Angebot an Immobilien anders als im restlichen Niederösterreich in den vergangenen Monaten nicht gewachsen. Laut Weinberger würden einerseits viele den Wert ihrer Immobilie überschätzen, was einen Verkauf erschwere. Andere würden sich aus emotionalen Gründen – wenn etwa ein Haus geerbt wurde – nicht davon trennen wollen. „Wir haben viele Menschen, die im Waldviertel etwas kaufen möchten, aber wenig zu bieten“, berichtet der Immobilien-Fachmann. Wichtig sei deshalb, neuen Wohnraum zu schaffen und dabei auch neue Wege zu gehen, etwa mit gefördertem Wohnbau oder Mietkauf. Wer jedoch jetzt schon ein passendes Objekt gefunden hat, dem rät Weinberger, rasch zuzuschlagen – denn für 2024 erwartet Raiffeisen Immobilien eine Stabilisierung der Preise. Derzeit gelte noch: „Man bekommt wieder mehr Waldviertel für weniger Geld.“