Waldbilanz: Wälder weiter unter Druck 

Der Schadholzanteil ist im Vorjahr gestiegen, berichten die Bundesforste in ihrer Waldbilanz. Im wärmsten Jahr der Messgeschichte war der Borkenkäfer bis in den November aktiv.

Ein artenreicher Mischwald bietet den besten Schutz gegen die Folgen des Klimawandels.
Ein artenreicher Mischwald bietet den besten Schutz gegen die Folgen des Klimawandels. © ÖBf/M. Stabentheiner

2023 ging als wärmstes Jahr in die Weltgeschichte ein. Auch in Österreich war es das wärmste Jahr der Messgeschichte, gleichauf mit 2018. Das Waldjahr 2023 startete mit einem schneearmen, trockenen Winter. „Glücklicherweise hat ein kühles, niederschlagsreiches Frühjahr für einen verhältnismäßig guten Start in die Vegetationsperiode gesorgt und den Beginn der Borkenkäfersaison etwas verzögert“, erinnert Georg Schöppl, Vorstandssprecher der Österreichischen Bundesforste (ÖBf). Auf die Hitze im Juni und Juli folgte ein regenreicher August und damit eine kleine Verschnaufpause für den Wald, bevor der Herbst für Temperaturrekorde sorgte.

„Dadurch war der Borkenkäfer ungewöhnlich lange, mancherorts bis in den November hinein, aktiv. Und kurz vor Weihnachten zeigte uns das Sturmtief Zoltan, dass die Herausforderungen nahtlos weitergehen“, beschreibt Schöppl den weiteren Jahresverlauf. Die klimatischen Bedingungen ziehen eine Reihe an Folgen nach sich. Mehr als eine Million Festmeter, das sind rund 55 Prozent der gesamten Holzerntemenge, waren 2023 Schadholz. (2022 waren es 50 Prozent.)

Für zwei Drittel des Schadholzes (730.000 Festmeter) ist der Borkenkäfer verantwortlich. Regionale Hotspots gab es rund um das Kärntner Mölltal und in der Obersteiermark, wo etwa die Hälfte der Borkenkäferschäden konzentriert in wenigen Forstrevieren auftraten. Grund dafür sind Langzeitfolgen früherer Stürme in schwer zugänglichem Gelände. In allen anderen ÖBf-Regionen war der Anteil des Käferholzes stabil bis rückläufig. Ein durchschnittlicher Schadholzanteil wie in den 1980er- und 1990er-Jahren von knapp 30 Prozent ist für Andreas Gruber, ÖBf-Vorstand für Forstwirtschaft und Naturschutz, nicht wieder erreichbar: „Wir müssen als Folge des Klimawandels mittlerweile einen Wert von etwa 50 Prozent als normal ansehen.“

Die Waldschadensbilanz der ÖBf – also die Kosten für Käferprävention und -bekämpfung, Infrastrukturschäden sowie Deckungsbeitragsverlust und Lagerkosten für Schadholz – beläuft sich 2023 in Summe auf rund 32 Mio. Euro, nach 28 Mio. Euro im Jahr davor. „Sehr erfreulich war, dass wir trotz der großen Schadholzmenge über das Jahr einen stabilen Holzpreis halten konnten“, so Gruber.

Fokus auf Borkenkäfer

Die Erderwärmung begünstigt die Verbreitung des Borkenkäfers, er kann mehrere Generationen pro Jahr entwickeln und dringt in immer höhere Lagen bis zur Baumgrenze vor. Dazu kommt, dass Bäume im Trockenstress immer weniger Gegenwehr leisten können. Umso wichtiger sei ein intelligentes Borkenkäfer-Management – von der Früherkennung durch flächendeckendes Monitoring, über den Einsatz von Lockstoff-Fallen und Fangbäumen bis hin zu Entrindung von Stämmen oder den raschen Abtransport befallener Bäume, erklärt Gruber: „Wir waren sehr gut vorbereitet und konnten aufgrund des trockenen Winters früh im Jahr starten. Die Aufwendungen für die Borkenkäferbekämpfung fielen 2023 mit knapp 7 Millionen Euro deutlich höher aus als in den Vorjahren.“

Konsequente Waldpflege

Als größter Naturraumbewirtschafter des Landes sehen sich die Bundesforste in besonderer Verantwortung, so Schöppl: „Wir setzen seit einigen Jahren alles daran, den Waldumbau unter dem Motto ‚Wald der Zukunft‘ konsequent voranzutreiben und unsere Bestände klimafit zu machen.“ 2023 wurden in Summe rund 15 Mio. Euro für Waldpflegearbeiten bereitgestellt. Rund 100 Mio. Euro sind dafür bis 2030 in Planung. „Sollte der voranschreitende Klimawandel noch mehr erforderlich machen, hat für uns die Zukunft unseres Waldes Vorrang“, betont Schöppl. 

Oberstes Prinzip für die Waldbewirtschaftung bleibe die Nachhaltigkeit, geerntet wird nicht mehr, als wieder nachwächst. Gleichzeitig müssten verstärkt Maßnahmen für stabile und gesunde Wälder wie etwa Durchforstungen durchgeführt werden. „Ein nicht gepflegter Wald ist das Schadholz von morgen“, warnt Gruber. Dass die nachhaltige Bewirtschaftung greift, zeige eine interne forstfachliche Erhebung: Die Holzmenge auf ÖBf-Flächen nimmt zu, in den letzten Jahren stieg der Vorrat im bewirtschafteten Wald um rund eineinhalb Millionen Vorratsfestmeter.

Mehr Mischwald

Zum Management der Klimakrise gehört neben dem proaktiven Waldumbau auch der weitere Aufbau der Kapazitäten für Waldpflege und Holzernte. Gruber erklärt: „Der Personalmangel am Arbeitsmarkt ist auch bei den Holzernteunternehmen spürbar. Gleichzeitig verlangt uns die Klimakrise immer mehr Flexibilität ab.“ In Planung ist eine Verdoppelung der wichtigsten ÖBf-eigenen Holzerntemaschinen, der Seilkräne. Damit einhergehend soll auch der Aufbau von Forstfachpersonal auf der Fläche fortgesetzt werden. In Summe geht es um ein zusätzliches Investitionsvolumen von 4 bis 5 Mio. Euro in den nächsten drei bis fünf Jahren.

„Wir wissen, dass die Herausforderungen, die Natur und Klima an uns stellen, weitreichend sind und nicht weniger werden“, so die ÖBf-Vorstände. Allein das Sturmtief Zoltan hat rund um Weihnachten rund 250.000 Erntefestmeter an Schadholz verursacht. „Umso wichtiger ist der Umbau hin zu artenreichen Mischwäldern. Nur ein naturnah und nachhaltig bewirtschafteter Wald wird die ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Ansprüche auf lange Sicht am besten erfüllen können“, betonen Schöppl und Gruber unisono.