Keine Ernte, kein Einkommen

Die Folgen des Klimawandels spürt die Landwirtschaft zuerst. Alleine in der Steiermark sorgten Frost, Hagel, Sturm und Überschwemmungen für Schäden von rund 45 Millionen Euro.

Der menschengemachte Klimawandel sorgt für immer mehr Wetterextreme. Ein Rekord jagt den nächsten: So war das Jahr 2023 das heißeste in der 257-jährigen Messgeschichte Österreichs. Darauf folgten ein sehr warmer Jänner, der wärmste Februar und der heißeste März sowie die frühesten 30 Grad am 7. April 2024 in Bruck an der Mur. 

Diese Witterung führte zu einer sehr frühen Vegetation, wie der zuständige Landesdirektor der Österreichischen Hagelversicherung, Josef Kurz, bei einem Lokalaugenschein am Betrieb von Siegfried Wels im steirischen Grafendorf erläutert: „Die Obstblüte war drei Wochen früher als im letzten Jahr.“ Allerdings sorgte ein Kaltwettereinbruch Mitte April mit bis zu minus 7 Grad für Probleme. „Diese Kälte hat die bereits gebildeten Früchte sehr in Mitleidenschaft gezogen, insbesondere Steinobst wie Marillen, Zwetschken und Kirschen, was zu regionalen Totalausfällen führte“, so Kurz weiter. Aber auch Äpfel und Birnen sowie teilweise der Weinbau waren betroffen. Alleine durch die Spätfröste dürften in der Steiermark Schäden in Höhe von rund 37 Millionen Euro entstanden sein. 

Schwere Unwetter mit Hagel, Sturm und großflächigen Überschwemmungen im Mai und Juni brachten das Fass buchstäblich zum Überlaufen, wie es Kurz formuliert. Die bereits massiven Schäden in der Landwirtschaft erhöhten sich dadurch um weitere 8 Millionen Euro.

Notwendige Risikovorsorge

Für Siegfried Wels, Landwirt in Grafendorf, war es bis Mai „eigentlich ein super Jahr“, mit den schweren Unwettern danach machte die Stimmung eine abrupte Kehrtwende: Fünf bis sechs Hektar Mais- und Getreidefläche sowie fünf Hektar Grünland sind betroffen. „Oft entscheiden nur ein paar Tage, ob es zu Totalausfällen oder verlässlichen Erträgen kommt. Man muss sich dabei vor Augen halten: Kein Ertrag bedeutet keine Ernte, kein Einkommen. Als Rinderbauer bin ich zusätzlich betroffen, wenn auch das Grünland als Futtergrundlage für die Tiere im Stall wegfällt. Dann muss ich Futter zukaufen“, verdeutlicht Wels. 

Dank seiner Hagelversicherung lassen sich die finanziellen Schäden allerdings in Grenzen halten: „Diese Risikovorsorge ist für jeden landwirtschaftlichen Betrieb notwendig. Aber auch die Qualität der Schadensermittlung durch erfahrene Berufskollegen sowie die rasche Auszahlung möchte ich an dieser Stelle erwähnen.“ 

Versorgung absichern

„Wir Landwirte sind mit unseren Böden und Wäldern nicht nur der Schlüssel zu einem praxistauglichen Klima- und Umweltschutz, sondern auch die ersten Betroffenen der Auswirkungen des Klimawandels“, unterstreicht auch die steirische Agrarlandesrätin Simone Schmiedtbauer. 

Seitens des Landes investiere man Millionenbeträge in den Hochwasserschutz. Mitte Juni trat eine adaptierte Verordnung zum „Sachprogramm Naturgefahren“ in Kraft, um künftig präventiv wasserbedingte Schäden zu reduzieren. Ziel sei es, in kritischen Zonen Siedlungsentwicklungen zu beschränken und die Raumordnung besser mit der Wasserwirtschaft zu verknüpfen. „So dämmen wir die Bodenversiegelung ein und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der regionalen Lebensmittelversorgung.“ 

Unterstützt werden zudem landwirtschaftliche Familienbetriebe mit 55 Prozent der Versicherungsprämien bei der Hagelversicherung. Rund 30 Mio. Euro werden jährlich dafür aufgewandt. „Nur so können wir eine produzierende Landwirtschaft und damit die heimische Lebensmittelversorgung absichern“, ist die Landesrätin überzeugt.

Verschärfte Lage

„Der Klimawandel hat sich in der gesamten Steiermark verschärft“, weiß auch Franz Titschenbacher, Präsident der Landwirtschaftskammer Steiermark. Vor allem Ackerbauern mit Mais und Kürbis, Grünlandbauern in exponierten Lagen und Obstbauern sind besonders stark betroffen. Große Sorge habe Titschenbacher um den steirischen Obstbau: „Wir sind dabei, aktive Kulturschutzmaßnahmen auf den Weg zu bringen, um diese so wichtige Sparte in der Steiermark langfristig abzusichern.“ Dabei spricht der LK-Präsident insbesondere von der Möglichkeit der Frostberegnung und den Landwirten „hier den Zugang zu Wasser zu ermöglichen“. 

Franz Titschenbacher, Simone Schmiedtbauer, Siegfrid Wels und Josef Kurz beim Lokalaugenschein
Franz Titschenbacher, Simone Schmiedtbauer, Siegfrid Wels und Josef Kurz beim Lokalaugenschein © ÖHV

Ausstieg forcieren

Geht es um die zunehmenden Wetterextreme, sei Frost sicher ein wiederkehrendes Risiko, aber nicht das alleinige Extrem, wie Josef Kurz festhält und erklärt: „Die Erderwärmung führt zu einer verstärkten Verdunstung und damit zu einer erhöhten Feuchtigkeit in der Atmosphäre. Mehr Feuchtigkeit bedeutet wiederum stärkere und häufigere Niederschlagsereignisse. Wenn bei Starkniederschlägen der Boden zudem kein Wasser mehr aufnehmen kann, ist eine Überschwemmung der Agrarflächen die logische Konsequenz.“

Aber auch Dürre kann für erhebliche Schäden sorgen, wenn der Niederschlag über mehrere Wochen ausbleibt und die Temperaturen jenseits der 30 Grad Celsius steigen. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren ist dies heuer bisher noch nicht der Fall, so Kurz.

Demnach appellieren Titschenbacher und Schmiedtbauer für Maßnahmen, um den „Ausstieg aus fossiler Energie mittel- und langfristig zu bewerkstelligen“. Dieser Weg sei alternativlos. „Klima- und Umweltschutz geht uns alle an“, nimmt die Landesrätin auch die Konsumenten in die Pflicht, regionale Produkte zu kaufen, um der Landwirtschaft auch etwas zurückzugeben. 

AusgabeRZ28-24

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