Alles Reden ist sinnlos, wenn das Vertrauen fehlt. Dieses Zitat von Franz Kafka gilt, gerade wenn man sich die aktuellen Turbulenzen an den Finanzmärkten anschaut, mehr denn je. Gerade für Banken ist Vertrauen bekanntlich die härteste Währung. Wie es gelingt, eine vertrauensvolle Beziehung zu den Kunden in digitalen Zeiten aufzubauen und zu halten, das wurde beim Forum für Premium Privat- und Geschäftskundenbetreuer in Salzburg breit diskutiert.
Dass die Ausgangslage gut und die Vertrauensbasis hoch ist, zeigen die Betriebsergebnisse des Jahres 2022: Die Salzburger Raiffeisenbanken erreichten 78,5 Mio. Euro und der Raiffeisenverband Salzburg (RVS) 56 Mio. Euro. „Trotz all der schwierigen Rahmenbedingungen haben wir 2022 sehr gut gemeistert“, kommentiert Manfred Quehenberger, Mitglied der RVS-Geschäftsleitung. Und auch die ersten zwei Monate des heurigen Jahres hätten sich ausgezeichnet entwickelt und Rekordergebnisse gebracht. Für das Gesamtjahr hat man sich deshalb auch „sehr ehrgeizige Ziele“ gesetzt, so Quehenberger.
Denn durch das neue Zinsumfeld gebe es im Einlagengeschäft auch wieder „sehr interessante Margen“. In den vergangenen sieben Jahren hat das Einlagengeschäft hingegen sogar Geld gekostet, dass allerdings durch Steigerungen im Dienstleistungsgeschäft – Versicherungs-, Immobilien- und Wertpapiergeschäft – weitestgehend kompensiert werden konnte. Jetzt gelte es, im Dienstleistungsgeschäft nicht nachzulassen, denn die guten Margen werden nicht lange existieren, prognostiziert Quehenberger: „Das Thema der Liquidität ist sehr stark umkämpft.“ Der Fokus werde deshalb weiterhin auf das Dienstleistungsgeschäft gerichtet.
Private-Banking-Markt Österreich
Gerade vermögende Kunden werden von Banken seit Jahren stark umworben. Die Marktentwicklung von Private Banking (Kunden ab 500.000 Euro liquidem Vermögen) und Wealth-Management (liquides Vermögen über 3 Mio. Euro) hat Zeb, ein Beratungsunternehmen für Finanzdienstleister, genau unter die Lupe genommen. Dabei wird deutlich, der österreichische Gesamtmarkt für Private Banking wächst kontinuierlich, wobei das Gesamtvermögen der Reichen im Jahr 2022 bei 872 Mrd. Euro stagnierte – bedingt durch den Performanceeinbruch am Kapitalmarkt. „Wir erwarten, dass durch die anhaltenden Unwägbarkeiten in der Weltwirtschaft die Gewinnmargen weiter sinken und die Kosten voraussichtlich überproportional steigen“, erklärt Tamara Braun, Private-Banking-Expertin bei Zeb. Aus Zeb-Sicht gibt es in Österreich jedoch deutlichen Spielraum, um die Ergebnissituation zu verbessern. Denn im Vergleich zu Deutschland und der Schweiz seien die Ertragsmargen auf geringem Niveau. Die Banken hierzulande schafften es bis dato nicht, Volumen in Ertrag umzuwandeln. Höhere Margen durchzubringen, sei in Österreich auch schwierig: „Alle Marktteilnehmer investieren vermehrt in Private-Banking-Aktivitäten und erhöhen so den Wettbewerbsdruck auf einem bereits dichten Marktplatz.“
Trotz aller weltweiten Unsicherheiten wagt Zeb einen Ausblick bis zum Jahr 2027. Demnach sollte das Gesamtvermögen im Private Banking und Wealth-Management in den nächsten fünf Jahren um 23 Prozent auf 1,071 Mrd. Euro ansteigen. Um bei den vermögenden Kunden punkten zu können, sei es wichtig, die digitalen Angebote auszubauen und zu vereinfachen und die Kundenbetreuung zu intensivieren. „Gerade jetzt mit den steigenden Zinsen muss man wieder deutlich differenzierter denken, das führt zu mehr Beratungsbedarf“, so Braun.
Stabile Kundenbedürfnisse
Die Kundenbedürfnisse im gehobenen Privatkundengeschäft ermittelt Zeb regelmäßig in Tiefeninterviews und dabei wird eines klar, wie Studienautor Markus Bräckle betont: „Die Bedürfnisse sind gleich, unabhängig vom Vermögen, egal ob in der Stadt oder am Land und sie haben sich in den vergangenen Jahren auch nicht verändert.“ Es gibt drei Fokusthemen, die für Kunden unangefochten an der Spitze stehen: die zeitliche Entlastung, der Vermögenserhalt und der Berater als Vertrauensperson. Private-Banking-Kunden wollen wenig Zeit mit Finanzthemen verbringen und erwarten von ihrer Bank, dass sie die Verwaltung des Vermögens übernimmt und finanzielle Entscheidungen abnimmt. Das deckt sich auch mit den Erwartungen, dass der Berater sich um alles kümmert. Kunden wollen ein Rundum-Sorglos-Paket und nur einen Ansprechpartner, der sich dann im Fall des Falles mit Spezialisten austauscht. Vom Berater wird auch erwartet, dass er die gesamte Lebenssituation versteht und darauf reagiert und nicht nur die finanziellen Bedürfnisse befriedigt.
„Kunden reflektieren nicht mehr auf Mahagoni und Leder.“
Markus Bräckle
Zur 360°-Betreuung gehört etwa das Thema Erben, wo sich viele proaktiven und professionellen Support erwarten. Die Umfrageergebnisse zeigen auch, dass die Performance nicht so wichtig ist wie der Erhalt des Vermögens. Exklusivität und Events sind für Private-Banking-Kunden ebenfalls weniger wichtig, so Bräckle: „Kunden reflektieren nicht mehr auf Mahagoni und Leder. Der überwiegende Teil der relevanten Themenfelder fällt in den persönlichen, emotionalen Bereich. Digitalisierung hin oder her, es wird immer ein Mensch dahinter sein müssen, sonst habe ich ja keine Private Banking mehr.“ Bräckle rät Banken die Expertise in Schlüsselfeldern wie Immobilien oder Erben auszubauen, den Generationswechsel aktiv zu gestalten, die Kundenansprache zu individualisieren und die Zahlungsbereitschaft des Kunden zu ermitteln und zu nutzen.
Genossenschaft als Erfolgsfaktor
Als Erfolgsfaktor im Premiumkundengeschäft von Raiffeisen Salzburg nennt Manfred Quehenberger das genossenschaftliche Modell: „Unser ganz großes Asset ist die Kundennähe und die Qualität in der Beratung, vor allem wenn es ein schwieriges Umfeld gibt. Genau dann merkt man das Vertrauen der Kunden in unsere Bank, unsere Organisation und zu den Beratern.“ Ein Dienstleistungsunternehmen sei nur so erfolgreich wie die Mitarbeiter. „Wir können und wollen uns nicht über den Preis differenzieren.“ Klar ist für den RVS-Geschäftsleiter auch, dass jede noch so gute Qualität in der Beratung auch eine ordentliche Vertriebsorganisation braucht: „Heute ist die Komplexität so unglaublich groß, dass es ohne Spezialisierung und Segmentierung nicht geht.“
Großes Potenzial ortet Quehenberger noch in der Terminfrequenz: „Es ist jetzt wichtig, aktiv auf die Kunden zuzugehen, um sie vor Kaufkraftverlusten zu schützen.“ Mit den 47.000 definierten Premiumkunden hat man sich in Salzburg vorgenommen, zwei Mal im Jahr Gespräche zu führen. Tatsächlich waren es im Vorjahr nur 24.000 Kundengespräche. Weiter ausbauen will man auch die Finanzplanung, also weg vom reinen Wertpapier-Berater hin zu Private Banking. Auch die Chancen der Digitalisierung werden mit der Integration in das bundesweite Raiffeisen-IT-System in den kommenden Jahren noch größer werden.
Vertrauen in der Praxis
Im Geschäftskundenbereich will man bei Raiffeisen Salzburg ebenfalls neue Impulse setzen und dabei die Zusammenarbeit mit dem Private Banking intensivieren. Bei den Top-30-Unternehmenskunden sollen etwa proaktiv neue Blickwinkel in die Beratung eingebracht werden. „Da ist uns in Salzburg schon viel gelungen. Wir begleiten Lebenswerke“, berichtet Peter Illmer, Leiter Private Banking Raiffeisen Salzburg.
Vertrauen entsteht nicht von heute auf morgen, da sind sich alle Private-Banking-Verantwortlichen einig. „Wenn man Herausforderungen mit den Kunden löst und eine raue See gemeinsam gut übersteht, dann wächst das Vertrauen“, so Illmer. Man müsse zudem proaktiv auf die Kunden zugehen und alle Themenfelder des Kunden abdecken, auch das stärke das Vertrauen.
Das sieht auch Michael Sulzbacher, Leiter des Private Banking Attersee, so: „Wir müssen nahe bei den Kunden sein und mit ihnen reden.“ Das sei in digitalen Zeiten nicht immer einfach, denn früher waren die Schaltermitarbeiter automatisch auch Vertrauensperson. „Für die Zukunft des Private Banking müssen wir uns der Vergangenheit besinnen“, appelliert Sulzbacher. Persönliche Gespräche mit den Kunden sind auch zentral, wenn es um das Thema Nachfolge geht. Alle Informationen über die Kunden – wo die Kinder studieren oder der Geburtstag des Kunden – sollten dabei genau dokumentiert sein. Peter Illmer nennt noch eine weitere Grundregel für hohes Vertrauen: „Nicht versprechen, was nicht gehalten werden kann und darüber hinaus Unerwartetes leisten.“ Eine weitere Herausforderung im Private Banking – wie in nahezu allen Branchen – ist es, Mitarbeiter zu finden, auszubilden und zu halten. „Private Banking ist kein 9-to-5-Job, sondern eine Lebenseinstellung“, betont Michael Sulzbacher.
Parallelen zum Thema Nachwuchsarbeit und Vertrauen skizzierte schließlich Manfred Pamminger, Geschäftsführer FC Liefering und der Red Bull Fußball Akademie: „Vertrauen spielt auch im Nachwuchsfußball eine große Rolle und hat einen starken Einfluss auf die Entwicklung der jungen Spieler.“ Man müsse nicht nur das Vertrauen zum Kunden stärken, sondern auch innerhalb der Bank fördern, so sein Appell.