Grün boomt

Die Raiffeisen Centrobank kooperiert mit Raiffeisen Research beim ESG-Scoring von Einzelaktien. Damit wird das nachhaltige Anlageuniversum deutlich größer.

Nachhaltige Geldanlage boomt.
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Veranlagung mit Verantwortung“ – diesem Motto folgend erweitert die Raiffeisen Centrobank (RCB) ihre auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Produktpalette massiv. „Für die RCB ist Nachhaltigkeit kein kurzfristiger Trend. Das Thema genießt schon seit mehr als 15 Jahren einen hohen Stellenwert“, betont RCB-Vorstandsmitglied Heike Arbter. Auf auf dem Markt habe sich die nachhaltige Geldanlage mittlerweile zu einem Megatrend entwickelt. „Alleine in den vergangenen drei Jahren hat sich das in nachhaltige Zertifikate investierte Volumen bei der RCB mehr als verdreifacht und beträgt mittlerweile über 17 Prozent des gesamten ausstehenden Zertifikate-Volumens“, berichtet die Expertin. Ziel ist es, diesen Anteil bis 2022 auf 20 Prozent zu heben. Bereits seit 2014 emittiert die RCB laufend nachhaltige Zertifikate mit Kapitalschutz und macht auf diese Weise eine Veranlagung mit Blick auf ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) einem breiten Publikum zugänglich. Rund 98 Prozent aller nachhaltigen Zertifikate der RCB fallen auf diese Produktkategorie. 

Der fundamentale Trend an den Aktienmärkten sei nach wie vor intakt, betont Arbter. Das Zertifikate-Volumen der RCB sei heuer um 12 Prozent im Jahresvergleich gestiegen. Dazu hätten auch die höheren Bewertungen beitragen. Mit der Entwicklung sei man insgesamt zufrieden und gehe nun „mit sehr, sehr hohen Erwartungen“ in den Herbst hin-ein. „Von der Produktpalette gesehen sind wir traditionell auf der konservativen Seite“, so Arbter. Dies könnte gerade jetzt auf größeres Interesse bei Einzelaktieninvestoren stoßen, die sich angesichts der relativ hohen Bewertungen neuerliche Investments in Einzeltitel gut überlegen dürften.

Gerade bei Investoren mit Fokus auf nachhaltige Geldanlage will sich die RCB mittels neuer Initiativen noch attraktiver positionieren. So ist die RBI-Tochter heuer dem globalen Pakt der Vereinten Nationen beigetreten und hat sich damit verpflichtet, soziale, ökologische und ökonomische Prinzipien wie Menschenrechte, Umweltschutz, Korruptionsbekämpfung und Arbeitsnormen einzuhalten. Dazu kommen Nachhaltigkeitsstandards in Form von basiswertbezogenen Ausschlüssen, die sich die RCB selbst auferlegt hat. Dabei werden bestimmte Basiswerte für Zertifikate ausgeschlossen, etwa wenn über 25 Prozent des Umsatzes mit Kohle oder 5 Prozent mit Tabak erwirtschaftet werden. 

Neues ESG-Scoring

Darüber hinaus setzt die RCB auf das neu entwickelte ESG-Scoring für Einzeltitel von Raiffeisen Research. Aus einem Universum von 8.000 gelisteten oder nicht-börsenotierten Unternehmen werden Aktien hinsichtlich Environmental-, Social- und Governmental-Faktoren bewertet und in weiterer Folge mit einem ESG-Score zwischen 1 und 100 versehen. Im Wesentlichen erfolgt das Scoring in zwei Schritten. Ein Basisscore wird aus dem Datenpool von ESG-Ratingagenturen errechnet und hausintern, je nachdem in welchem Land das Unternehmen sitzt, adjustiert. Berücksichtigt werde auch die CO2-Thematik sowie branchenspezifische Merkmale. In einem zweiten Schritt erfolgt dann noch eine feinere Bewertung aufgrund eines hauseigenen Fragenkatalogs. „Die besten Unternehmen haben derzeit eine Einschätzung von 70 bis 75 Punkten im neuen Score. Das ist bewusst niedriger angesetzt worden, um Platz für Verbesserung zu lassen“, sagt Christian Hinterwallner, Leiter der Aktienanalyse bei Raiff-eisen Research. Auch sein Analysehaus will das ESG-Scoring in die eigenen Analysen integrieren.

„ESG ist ein strukturelles Thema, das uns über die nächsten Jahrzehnte begleiten wird“, so Hochwallner. Denn nicht nur der Kundenbedarf sei groß, auch politische und regulatorische Weichenstellungen zeigten in diese Richtung. So werde etwa mit der EU-Taxonomie-Verordnung „eine Sprache auf Unternehmensebene“ entwickelt, um für mehr Transparenz bei grünen Investments zu sorgen. Und auch aus der Industrie heraus entwickeln sich eigene Nachhaltigkeitsstandards. All das seien selbstverstärkende Trends. Im Vorjahr habe die nachhaltige Veranlagung einen deutlichen Schub erhalten und auch für heuer werde ein neuerliches Rekordjahr erwartet, so Hinterwallner. 

Er beziffert den ESG-Veranlagungskuchen auf insgesamt 1,9 Billionen Euro. Das entspreche ungefähr der fünffachen österreichischen Wirtschaftsleistung. Europa habe mit einem Anteil von über 80 Prozent aller ESG-Assets eine Vorreiterrolle in diesem Bereich. 

Attraktive Rendite möglich

Dass grüne Investments auch eine attraktive Rendite abwerfen, verdeutlicht Hinterwallner so: „Hätte man vor fünf Jahren 100 Euro in den Index MSCI World SRI investiert, dann hätte man heute inklusive einer reinvestierten Dividende 190 Euro.“ Und auch Arbter sieht die Performance-Chancen von grünen Zertifikaten durchaus positiv, wie eine hauseigene Untersuchung der seit 2010 meistinvestierten Zertifikate-Typen der RCB – Kapitalschutz- und defensive Bonuszertifikate – zeigt. Demnach erzielten die Kapitalschutz-Zertifikate  seit 2010 eine durchschnittliche Bruttorendite von 3,13 Prozent, seit Jahresbeginn 2021 waren es 4,20 Prozent. Sicherheitsorientierte Bonus-Zertifikate brachten in denselben Betrachtungszeiträumen 5,24 Prozent bzw. 7,02 Prozent. „Die Mär, dass man mit Kapitalschutz-Zertifikaten das investierte Kapital zwar erhalte, aber keine Performance erzielen könne, ist offensichtlich nicht richtig“, sagt Arbter. 

Philipp Arnold, Heike Arbter und Christian Hinterwallner beleuchten die ESG-Entwicklung. (c) RBI/Martin Schreiber

Viele Anleger hätten sich in den letzten zwei Jahren in den Aktienmarkt hineingetraut. Der markante Crash an den Börsen im Frühjahr 2020 habe Aktien sehr günstig gemacht. Dazu kam, dass die Anleger sich aufgrund der Lockdowns auch intensiver beschäftigten und die Anbieter Informationen über Wertpapier-Veranlagungen bequemer bereitstellten. Mit Zertifikaten könne man „das Beste aus zwei Welten verbinden, einerseits Aktienrenditen bereitstellen und andererseits Sicherheitsmechanismen berücksichtigen“, so die Zertifikate-Expertin.

Verbreiterung mit Mehrwert

Philipp Arnold, Leiter der strukturierten Produkte bei der RCB, strich die gelungene Kooperation mit Raiffeisen Research hervor. Damit werde das Zertifikate-Universum mit nachhaltigen Basiswerten massiv verbreitert, allein diese Woche kamen rund 2.000 neue grüne Investmentmöglichkeiten dazu. Bisher hatte die RCB 214 ESG-Produkte in ihrem Portfolio. Am 16. September gehen dann auch die ersten beiden Express-Zertifikate auf Einzeltitel mit ESG-Scoring an den Start. Einen weiteren Meilenstein beim Ausbau der Produktpalette stellen die neuen Nachhaltigkeits-Benchmarks dar. „Die gemeinsam mit dem renommierten Index-Anbieter MSCI entwickelten und kürzlich gelaunchten Nachhaltigkeitsindizes entsprechen vollumfänglich den Nachhaltigkeitsstandards der RCB. Mit Kapitalschutz investierbar gemacht sind sie aufgrund ihrer breiten Streuung für fast jeden Anleger geeignet“, so Arnold. Folglich emittierte die RCB die ersten beiden Zertifikate basierend auf einem europäischen und einem globalen Aktienindex (MSCI Europe Top ESG Select 4.5 Prozent Decrement Index beziehungsweise MSCI World Top ESG Select 4.5 Prozent Decrement Index). Beide Anlageprodukte bieten 90 Prozent Kapitalschutz und liegen bis 11. Oktober zur Zeichnung auf.