„Wir schauen über den Tellerrand hinaus“

Warum kurzfristige Rücksetzer beim Aktienkurs den Aufwärtstrend von Technologie-Unternehmen nicht wirklich brechen und was sich Anleger vom nachhaltigen Hightech-Aktienfonds Raiffeisens erwarten können, erklärt Bernd Kiegler, Fondsmanager bei der Raiffeisen KAG.

Nach jahrelangem Boom mussten Technologie-Unternehmen im Vorjahr einen eklatanten Absturz ihrer Aktienkurse hinnehmen. Konnten sich die Tech-Aktien 2023 bereits davon erholen?
Bernd Kiegler: Die Situation hat sich seit dem Tiefpunkt im Herbst bereits deutlich verbessert. Das zeigen sowohl die Kurse auf dem Aktienmarkt als auch die Reports der Unternehmen. Die Technologie-Branche ist der Innovations- und Wachstumsmotor schlechthin. Um zukunftsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen laufend in Innovationen investieren. Daher liegt der Branche trotz kurzfristigen Rücksetzern in den Jahren 2000, 2008 und 2022 ein langfristiger Aufwärtstrend zugrunde.

Naturgemäß reagierte auch der Hightech-Aktienfonds, den Sie managen, sensibel auf die jüngsten Leitzinserhöhungen, stürzte 2022 zwischenzeitlich um mehr als 30 Prozent ab. Wie gehen Sie damit um?
Kiegler: Wir liegen aktuell seit Jahresbeginn 2023 bei plus 17 Prozent Performance bzw. Wertentwicklung, während der Markt bei 13 Prozent liegt. Das liegt vor allem an der Aktienauswahl im Subsegment Halbleiter, hier hat eine Erholung in der Nachfrage stattgefunden. Zudem haben sich die Inflationsängste vom Vorjahr etwas reduziert. Möglicherweise sind wir nicht mehr allzu weit weg von einem Ende der Zinsanhebungen der Notenbanken, was dem Technologie-Sektor natürlich guttut.

Was können sich unsere Leser konkret unter Hightech-Aktien vorstellen?
Kiegler: In Zusammenhang mit unserem Aktienfonds schauen wir gerne über den Tellerrand hinaus. Das heißt, wir investieren auch in Titel, die über den Informationstechnologie-Sektor hinausgehen, wie beispielsweise in Satellitentechnik oder auch in Material Science. Also auch in hoch technologisierte Unternehmen, die zum Beispiel Materialien für leistungsfähigere Batterien entwickeln.

Wie performen hoch technologisierte Unternehmen am Aktienmarkt Ihrer Erfahrung nach?
Kiegler: Der Hightech-Markt ist in den vergangenen 20 bis 30 Jahren derart stark gewachsen, dass Unternehmen mit einem jährlichen Kursanstieg im niedrigen einstelligen Prozentbereich bereits kritisch zu hinterfragen sind.

Der Raiffeisen-HighTech-ESG-Aktien (vormals Raiffeisen-Technologie-Aktien) wurde vor einem Jahr um den Aspekt der Nachhaltigkeit erweitert. Welches Ziel wird damit verfolgt?
Kiegler: Der Fonds ist entsprechend der Nachhaltigkeitskriterien im Technologiesektor ausgerichtet und gut diversifiziert. Themenbereiche wie Artificial Intelligence, Cybersecurity sowie Material- und Weltraumtechnik sind dabei wesentliche Strategiebestandteile. Die Erweiterung um nachhaltige Investmentkriterien hat sich jedenfalls bereits positiv auf die Unternehmensqualität im Aktienfonds ausgewirkt.

Raiffeisen-HighTech-ESG-Aktien Wertentwicklung 5 Jahre 31. 01. 2018 – 31. 01. 2023 01/2022: Umstellung auf Verwaltung ohne Referenzwertbezug und Aufnahme Nachhaltigkeitsschwerpunkt (Änderung der Umstände der Wertentwicklung)
Raiffeisen-HighTech-ESG-Aktien Wertentwicklung 5 Jahre (31. 01. 2018 – 31. 01. 2023)
01/2022: Umstellung auf Verwaltung ohne Referenzwertbezug und Aufnahme Nachhaltigkeitsschwerpunkt (Änderung der Umstände der Wertentwicklung)

Microsoft hat einen größeren Anteil am Fondsvermögen des Raiffeisen-HighTech-ESG-Aktien, wie nachhaltig ist dieses Unternehmen?
Kiegler: Microsoft, als eines der größten Technologieunternehmen weltweit, hat ein hohes Gewicht innerhalb der Branche. In unserem Fonds sind Mega-Caps aber nur bis jeweils maximal 10 Prozent repräsentiert. Im Gegenzug nutzen wir daher die Chancen von mittleren bis großen, strukturell wachsenden Unternehmen mit hohem Marktpotenzial.

Unter welchen Umständen würden Sie Microsoft aus dem Fondsvermögen streichen?
Kiegler: Wir durchleuchten unsere Positionen im Fonds laufend kritisch. Wenn sich bei einem Konzern wie Microsoft grobe Verstöße auf ökonomischer, ökologischer oder sozialer Ebene abzeichnen, würden wir uns selbstverständlich auch von einem solchen wesentlichen Unternehmen verabschieden. Das sehe ich momentan aber nicht.

Was hebt den Raiffeisen-HighTech-ESG-Aktien von anderen nachhaltigen Technologie-Fonds ab?
Kiegler: Wir verfolgen das Ziel, ein breites Spektrum an Wachstums- und Nischenthemen in unserem Fonds abzudecken und damit bei der Aktienauswahl flexibel zu bleiben.

Welche jährliche Durchschnittsrendite können sich Anleger nach der empfohlenen Haltedauer von 10 Jahren erwarten?
Kiegler: In den letzten 20 Jahren haben wir einen jährlichen Kursanstieg von 10 Prozent gesehen, und das beispielsweise trotz einer Finanzkrise in diesem Zeitraum. Und dieser Trend der starken Performance hat sich durch die Hinzunahme der nachhaltigen Komponente nicht verändert. Im Gegenteil, wir stellen fest, dass sich die Unternehmensqualität innerhalb des Raiffeisen-HighTech-ESG-Aktien dadurch sogar verbessert hat.

Mehr als zwei Drittel dieses Fondsvermögens sind in den USA verortet, drängen andere Domizile nach?
Kiegler: Der Großteil der Innovationen findet wohl weiterhin in Nordamerika statt. In China wird zwar sehr viel in Halbleiter-Technologie sowie in Netzwerk- und Telekommunikation investiert, aber der Zugang zum Markt und zu Information ist dort nicht so einfach, auch das regulatorische Umfeld ist eher unsicher. Daher wird der Technologie-Hotspot wohl noch einige Jahre die USA bleiben.

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