In Wien und Niederösterreich wird derzeit die erste Banking-App für Kinder und Jugendliche eines traditionellen Finanzinstituts ausgerollt. Was sind die Hintergründe für „Raiffeisen Junior“?
Petra Postl: Gemeinsam mit Lehrlingen der RLB NÖ-Wien haben wir im November 2022 überlegt, welche Services es für den nachwachsenden Markt geben könnte. Die Idee einer Banking-App für Kinder wurde stark von unseren jungen Kollegen konzipiert und von einem sehr motivierten Entwicklungsteam bestehend aus Kollegen der Abteilung „Digital Banking Experience und Daily Banking“ gemeinsam mit den Kolleg:innen der Raiffeisen Software umgesetzt. Mit September des Vorjahres haben wir mit der Entwicklung begonnen und nach einer kurzen Entwicklungszeit haben wir bereits im April die Friends & Family-Phase gestartet.
Auf welchen Erkenntnissen baut diese App auf und welche Bedürfnisse will man abdecken?
Postl: Unser Ziel ist, dem nachwachsenden Markt, also der Altersgruppe der 7- bis 14-Jährigen, den richtigen Umgang mit Geld näherzubringen und die Eltern bei dieser Wissensvermittlung zu unterstützen. Ein Drittel der Kinder bekommt das Taschengeld jetzt schon in digitaler Form. Wir haben also ein bestehendes Bedürfnis aufgegriffen und in einer App-Solution für Eltern und Kindern zusammengeführt. Im Sinne der Gamification haben wir auch Elemente und Visualisierungen eingebaut. Wir haben zusätzlich eine Möglichkeit geschaffen, dass Kinder und Jugendliche für erledigte Aufgaben eine Honorierung erhalten können. Über die App kann das Kind aber auch Geldanfragen an die Eltern stellen.
Ein Drittel der Kinder bekommt das Taschengeld digital. Wie wird bezahlt?
Postl: Kinder erhalten eine eigene Debitkarte, mit der sie sicher bezahlen können. Zukünftig werden wir bei der Raiffeisen-Junior-App eine Auswahl an Wearables, beispielsweise ein Armband mit Chip, anbieten. Damit können die Kinder schnell und einfach mobil bezahlen.
Nutzen Eltern die gleiche Junior-App?
Postl: Die Eltern nutzen ebenfalls die Junior-App und sehen die Transaktionen auch in ihrer eigenen Elba-App. Damit ist sichergestellt, dass die Eltern die volle Transparenz über die finanziellen Aktivitäten der Kinder behalten. Überweisungen können über die Freigabe der Eltern mittels Push-TAN schnell und sicher durchgeführt werden.
Ab wie vielen Nutzern wird die Junior-App als Erfolg gewertet?
Postl: Die Ziele liegen sehr stark im qualitativen Bereich, also im positiven Feedback der User. Es gibt natürlich wirtschaftliche Betrachtungen, aber gerade der nachwachsende Markt ist als Investment für die Zukunft zu betrachten. Es geht darum, frühzeitig diesen nachwachsenden Markt mit der Marke Raiffeisen in Verbindung zu bringen.
Welche allgemeinen Trends verfolgt Raiffeisen NÖ-Wien im digitalen Banking?
Postl: Wesentlich für den zukünftigen Erfolg bei digitalen Services wird die User-Experience sein. Die Kundenorientierung steht deshalb an oberster Stelle. Wir sprechen von Co-Creation und binden Kunden in den kompletten Produktentwicklungsprozess ein – von der Ideenfindung bis hin zum Market-Launch und danach. Digitalisierung ist ja ein stetiger Prozess. Der Impuls kommt also ganz stark von den Bedürfnissen unserer Kunden. Es ist wichtig, dass es eine enge Verbindung zwischen Technik und Markt gibt, um Wow-Effekte zu erzielen. Der User soll positiv überrascht werden und im Best-Case sogar eine Lösung bekommen, bevor sich ein Problem stellt. So schaffen wir es, unsere Kunden zu begeistern. Online-Banking-Anwendungen intuitiv zu gestalten, klingt einfach, ist es aber nicht.
Die RLB ist im Vorjahr eine Kooperation mit Bitpanda eingegangen. Wie wichtig ist der Austausch mit innovativen Mitbewerbern?
Postl: Bitpanda ist ein gutes Beispiel dafür, dass durch eine Kooperation ein Mehrwert geschaffen wird, also eine Win-win-Situation für unsere Kunden, unsere Partner und uns als Bank. Das Angebot wird sehr gut angenommen – nicht nur von der jungen Generation.
Wie stehen die Chancen, dass dieses Angebot in ganz Österreich zugänglich und österreichweit vereinheitlicht wird?
Postl: Es gibt die Möglichkeit, die Kooperation mit Bitpanda auf weitere Bundesländer auszuweiten, aber jede Landesbank entscheidet selbst. Es liegt in der DNA von Raiffeisen, die regionalen Stärken zu nutzen. Auch in der Digitalisierung haben wir die Möglichkeit, auf regionale Bedürfnisse der Kunden Rücksicht zu nehmen. Im Sinne der Effizienz, Optimierung und Harmonisierung wäre eine gemeinsame Entwicklung eines Services natürlich von Vorteil. Die Entwicklung der „Raiffeisen Junior“-App hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, auf die Bedürfnisse der Nutzer einzugehen und gleichzeitig, wie in einem starken Team innovative Ideen umgesetzt werden können.