Regionale Resilienz 

Regionalität spielt bei neuen Wertschöpfungsmodellen von Regionalbanken, beim Recruiting, aber auch in der Werbung eine Zukunftsrolle.

Saalfoto vom Managment-Forum

Um eine Raiffeisenbank erfolgreich zu managen, gilt es, Entwicklungen zu beobachten, Trends zu erkennen, Schlüsse zu ziehen und passgenaue Umsetzungsschritte zu initiieren. Welche Herausforderungen und Chancen sich im aktuell herausfordernden Umfeld dabei auftun, wurde am diesjährigen Management-Forum für Geschäftsleiter des Raiffeisen Campus unter dem Motto „Zusammen Zukunft gestalten“ diskutiert. 

Einen Überblick über die großen Themen im Bankenmanagement gab es von Unternehmensberaterin Corinna Pommerening, laut der vor allem die Regionalität in neuen Wertschöpfungsmodellen von Regionalbanken eine bedeutende Rolle spiele, aber: „Es gibt keine Schablone. Man muss den regionalen USP ermitteln und herausfinden wie die Kunden in der jeweiligen Region ticken. Region ist nicht gleich Region.“

Sie ging auf soziokulturelle Trends, die den demografischen Wandel sowie individuelle Verhaltenstendenzen (Green Costumer, Data Awareness, Client Empowerment), den Fachkräftemangel und den geänderten Lebensmittelpunkt betreffen, ein. „Was machen diese Trends mit den Kunden? Grundsätzlich sieht man, dass sie sich aktiv informieren. Sie sind empowert, autonom und möchten selbst mitgestalten. Diesen Aspekt muss man in Zukunft berücksichtigen.“ 

„Es ist wichtig, regional neue Geschäftsansätze zu gestalten, um unabhängiger zu werden.“

Corinna Pommerening

Zu den wichtigsten ökonomischen Trends zählt Pommerening den steigenden Wettbewerbsdruck durch Bigtechs und Fintechs, Plattform-Ökonomie und disruptive Finanzformen wie Embedded Finance oder Krypto-Assets: „Die Customer Experience muss so positiv und bequem wie möglich sein. So werden neue Plattformen zum Alltag.“ Laut der Unternehmensberaterin sei es in einem sehr unsicheren Umfeld – Lieferengpässe, Nahrungsmittelknappheit und Energieabhängigkeit – höchste Zeit, die regionale Resilienz zu stärken: „Es ist wichtig, regional neue Geschäftsansätze zu gestalten, um unabhängiger zu werden.“ 

Außerdem sehe sie ein abruptes Ende der Globalisierung und einen stärkeren Fokus auf Regionalisierung. Die „neue Wir-Kultur und Handlungsmoral, die De-Globalisierung sowie das Comeback der Zwischenmenschlichkeit“ würden das Geschäftsmodell einer Bank enorm verändern. Pommerening empfiehlt darauf zu achten, relevant zu bleiben, außerhalb des Kerngeschäfts tätig zu werden, einen Nutzen für die Allgemeinheit zu schaffen und das Thema Nachhaltigkeit noch stärker zu integrieren. Auf ökonomischer Ebene müsse man weg von Abschottung und isoliertem Gewinndenken. Geht es ums Thema Mitarbeiter, weiß Pommerening, dass Status und Macht nicht mehr in das neue Wertebild passen. Vielmehr kommt es auf Wertschätzung und echte Teamkultur an.

Beyond Banking

Laut Robert Preinfalk, Geschäftsführer der Raiffeisen OÖ Ventures, eignet sich Raiffeisen mit den dezentralen Strukturen und regionalen Beziehungen am besten dafür, neben dem klassischen Bankgeschäft neue Dienstleistungen anzubieten, „die für die Menschen und Unternehmen vor Ort einen Mehrwert bringen“. Dafür brauche es neue Geschäftsfelder und Geschäftsmodelle: „Beyond Banking ist für die Absicherung der Kundenschnittstelle und neue Erlösströme zukunftsweisend“, so Preinfalk. Damit sind künftig sowohl analoge und digitale Beziehungen als auch zentrale und dezentrale Lösungen möglich. So wird ein neuer transparenter Lebens- und Wirtschaftsraum, ein Ökosystem, eröffnet, mit Raiffeisen als Interaktionsmanager zwischen Angebot und Nachfrage. 

„Nur auf diese Weise kann gelebte Kreislaufwirtschaft und Wertschöpfung in der Region und für die Region gelingen“, betont Preinfalk, der auf drei aktuelle Lösungen bei Raiffeisen eingeht: Raiffeisen Infinity, finde-R (Finde Regionales) und findea (finde Antworten). finde-R ist als regionaler Online-Marktplatz seit kurzem in der Markteinführung in Oberösterreich und vernetzt das beste Angebot mit der Nachfrage in der Region. Für den Wissens- und Erfahrungstausch gibt es die Vernetzungsplattform findea. 

Recruiting neu denken

ORF-Journalist Hanno Settele berichtete über den Arbeitsmarkt im Umbruch. Mittlerweile gelten 98 Berufsgruppen bundesweit als Mangelberufe. Laut Settele gibt es drei Gründe für die fehlenden Arbeitskräfte: Einerseits nahm die Anzahl der Lebendgeburten nach dem letzten Baby-Boomer-Jahr in 1964 stark ab, andererseits sind viele Arbeitskräfte nach der Pandemie nicht mehr nach Österreich zurückgekehrt oder haben das Berufsfeld gewechselt. „Hinzu kommt, dass die Generation Z – also die zwischen 1997 und 2012 Geborenen – weniger arbeiten will und daher nicht verfügbar ist“, erklärt Settele und betont, dass viele Frauen nicht mehr aus dem Teilzeitjob zurückkommen, da sie entweder mehr Wert auf Freizeit legen oder ein entsprechendes Kinderbetreuungsangebot fehlt. „Jetzt ist die Zeit der Arbeitnehmer angebrochen. Es braucht definitiv flexible Arbeitszeitmodelle, um sie anzusprechen.“ 

Diesem Punkt stimmt auch Markus Winkelmeier, Personalchef im Raiffeisenverband Salzburg, zu: „Wir machen die Erfahrung, dass man heutzutage sehr flexibel auf die Wünsche der Mitarbeiter eingehen muss, sonst tut es ein anderer Arbeitgeber.“ Im letzten Jahr startete man daher als Pilotprojekt mit der Vier-Tage-Woche

Bettina Kastner vom Österreichischen Raiffeisenverband (ÖRV) berichtete über die Personalarbeit der letzten Jahre: „Es wird immer wichtiger, flexible, individuelle und sinnhafte Arbeitsplätze anzubieten.“ In Niederösterreich ist die Anzahl an Bewerbungen im ersten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 22 Prozent gestiegen. Dies liegt laut Meletios Kujumtzoglu, Geschäftsleiter der RB Wr. Neustadt-Schneebergland, zum Teil an dem Employer Branding-Projekt „Gemeinsam gibeln wir mehr“. Damit will man Raiffeisen als sicheren Arbeitgeber mit großem Rückhalt positionieren. Dennoch musste das etwas verstaubte Image aufpoliert werden, um als Arbeitgeber für die junge Generation attraktiver zu werden.

Petra Walter, Geschäftsführerin der Zentralen Raiffeisenwerbung: „Die Marke, die wir haben, ist unser stärkster gemeinsamer Nenner. Es war dringend notwendig den Werbe- und Markenauftritt zu erneuern. Das wichtigste Ziel ist es, von den Österreichern wieder als Marktführer wahrgenommen zu werden.“ Christa Strobl, Leiterin Personalmanagement bei der RLB Vorarlberg, fügte abschließend hinzu: „Recruiting ist ein intensives Thema, das uns alle betrifft. Wir müssen gemeinsam nach außen transportieren, dass Raiffeisen ein attraktiver Arbeitgeber ist.“