Die Idee klingt bestechend einfach. Eine Arena mit einer Kapazität von 3.000 Zuschauern, die sich Vereine der großen Hallensportarten Basketball, Handball und Volleyball aufteilen und in der auch kleinere Sportarten ihre Trainings und Wettkämpfe bestreiten können. Doch bis 2018 gab es das in ganz Österreich nicht. Dann wurde der Raiffeisen Sportpark Graz eröffnet – und erwies sich als Blaupause zur Befriedigung dringender Bedürfnisse. Markus Pichler, Geschäftsführer der Sportunion Steiermark und als solcher Mastermind hinter der Idee, erklärt, wie es dazu kam und warum Österreich noch mehr solcher multifunktionalen Hallen benötigt.
2017 gab es den Spatenstich, ein Jahr später wurde der Raiffeisen Sportpark Graz eröffnet. Welche Idee steckte dahinter?
Markus Pichler: Es gab bis zu diesem Zeitpunkt in ganz Österreich keine international taugliche Ballspielhalle für Handball, Volleyball und Basketball. Ich bin auch Vizepräsident des Österreichischen Handballbundes und kenne daher die Problematik genau, dass für ein Länderspiel immer eine Messe- oder Eishalle umgebaut werden musste, mit riesigem Aufwand. Außerdem gibt es in urbanen Räumen viel zu wenige Trainingsflächen, insbesondere für Jugendliche. Da hat der Sportpark eine Entlastung gebracht. Wir schicken aber immer noch viele Tausend Kinder nach Hause, einfach weil es keinen Platz für Training gibt. Das ist ein Wahnsinn!
Markus Pichler
Eine solche Halle würden wir auch in Linz oder im Westen Österreichs benötigen. Der Bedarf ist absolut gegeben.
In Wien soll in diesem Sommer auf der Fläche des ehemaligen Dusika-Stadions eine neue Halle eröffnet werden.
Pichler: Ja, und zwar nach dem Vorbild unseres Sportparks. Das war das größte Kompliment, das wir bekommen haben, als die Verbände klar gesagt haben: Bitte baut die Halle in Wien nach dem Vorbild von Graz. Wir haben dort gerne unsere Expertise eingebracht. Im internationalen Vergleich hinkt Österreich weit hinterher. Und eins ist klar: Eine solche Halle würden wir auch in Linz oder im Westen Österreichs benötigen. Der Bedarf ist absolut gegeben.
Bei den nutznießenden Vereinen in Graz – HSG (Handball), UVC (Volleyball) oder UBSC (Basketball) – mussten Sie also nicht lange Überzeugungsarbeit leisten.
Pichler: Bei den Vereinen nicht, bei den Verbänden auch nicht. Mittlerweile beherbergt der Sportpark ja nicht nur die genannten Sportarten, sondern insgesamt mehr als 30. Das macht den Erfolg des Sportparks aus. Wir veranstalten im Jahr mehr als 100 Bundesligaspiele der höchsten Kategorie, dazu 15 bis 20 Großveranstaltungen wie Welt- und Europameisterschaften. Judo-Europacup, Badminton-Weltranglisten-Turnier oder wie vor Kurzem das Final 4 im Basketball der Frauen und Männer. Die Vielfältigkeit ist ein Asset, wir haben immer Leben in der Halle.
Auf welche Besonderheiten sind Sie besonders stolz?
Pichler: Wir haben im Vorfeld ganz viele Gespräche geführt, mit Sportlern, aber auch mit dem Hallenwart oder dem Reinigungspersonal. Die Einmaligkeit liegt darin, dass wir im Trainingsfall bis zu vier verschiedene Vereine gleichzeitig auf einer Fläche haben. Und dann innerhalb von eineinhalb Stunden in der Lage sind, mithilfe von nur zwei Personen von 500 Zuschauerplätzen, die fix installiert sind, auf die Maximal-Kapazität von 3.000 Personen umbauen zu können. Diese kurzen Rüstzeiten sind schon stark.
Bei der Menge an absolvierten Events und Spielen – ragt da ein Highlight heraus?
Pichler: Das eine Highlight kann ich nicht benennen. Aber das erste Handball-Länderspiel 2018 gegen Schweden war schon besonders. Die Halle war voll, und wir haben gemerkt, dass unser Konzept aufgeht, alles funktioniert. Eine riesige Erleichterung, als alle zufrieden nach Hause gegangen sind. Aber wissen Sie, was mich am meisten fasziniert?
Sagen Sie es.
Pichler: Die Verschiedenheit von so vielen Events. Wir hatten vergangenen Sommer die Dodgeball-WM bei uns, bei der 2.000 Menschen aus 45 Nationen ein total freundliches, positives Fest gefeiert haben. Oder das Legenden-Fußball-Turnier, das in Graz eine riesige Tradition hat und immer ausverkauft ist. Auf der einen Seite diese Top-Veranstaltungen im Leistungssport, auf der anderen Seite aber auch Eltern-Kind-Turnen, Yoga oder Schwangerschaftsgymnastik – das ist schon toll.
Im kommenden Mai findet bereits zum dritten Mal nacheinander das Final 4 in der Europa League im Frauen-Handball im Raiffeisen Sportpark Graz statt.
Pichler: Das ist auch so eine Auszeichnung. Das ist immerhin der zweithöchste Bewerb in Europa, dass man damit zum dritten Mal zu uns kommt, zeigt, dass es passen muss.
Wenn sich mehrere Bundesliga-Vereine eine Halle teilen – kommt es da nicht auch manchmal zu Streitigkeiten um Trainings- oder Spielzeiten?
Pichler: Nein! Das ist ein friedliches Miteinander, das logischerweise von der Bereitschaft zu Kompromissen getragen ist. Es kann nicht jeder Verein sein Heimspiel zur besten Zeit am Samstag um 18 Uhr austragen. Wir haben sechs Vereine, die in ihren jeweiligen Bundesligen spielen. Die setzen sich zum Saisonstart zusammen und erarbeiten einen Plan. Das Schöne ist, dass mittlerweile sogar eine Community entstanden ist. Die Handball-Herren schauen bei den Volleyball-Damen zu, die Basketballerinnen gehen zum Handball.
Raiffeisen war von der ersten Stunde als Sponsor und Namensgeber mit an Bord. Wie wichtig ist diese Partnerschaft?
Pichler: Mit der Sportunion als Muttergesellschaft verbindet Raiffeisen bereits eine jahrzehntelange Partnerschaft, die durch den Sportpark nochmal vertieft worden ist. Was einmalig ist: Das Sponsoring von Raiffeisen geht nicht in die Abdeckung der Betriebskosten oder sonstiger Baukosten, sondern fließt eins zu eins in den Sport. Das ist eine 100-prozentige Förderung des Sports, das war Raiffeisen wichtig. Ein solches Modell ist meines Wissens nach einzigartig.
Blicken wir zum Schluss in die Zukunft: Auf welches Event freuen Sie sich 2025 besonders?
Pichler: Das ist jetzt eine etwas emotionale Geschichte. Aber am 11. Mai bestreitet Österreich sein letztes Quali-Spiel für die Handball-Europameisterschaft gegen die Schweiz bei uns. Das ist gleichzeitig das letzte Spiel für Teamchef Aleš Pajovič, der danach in die deutsche Liga zu Flensburg-Handewitt wechselt. Nachdem Aleš vorher in Graz Trainer war, schließt sich irgendwie ein Kreis. Das wird sicherlich ein ganz besonderes Highlight.