„Die Zeiten sind anspruchsvoll – politisch und wirtschaftlich. Die politischen Unsicherheiten wirken sich wirtschaftlich aus und betreffen unsere Privat- und Firmenkunden ebenso“, fasst Martin Schaller, Generaldirektor der Raiffeisen-Landesbank Steiermark, die Rahmenbedingungen kurz zusammen. Umso erfreulicher sei es, dass Raiffeisen im Vorjahr die Marktführung in der Steiermark stärken und neue Höchststände erreichen konnte. Genauer gesagt haben die 45 Raiffeisenbanken und die RLB Steiermark das Vertrauen von 23.500 Neukunden gewinnen können. Die Anzahl der Firmenkunden liegt nunmehr bei gerundet 72.400 und die der Privatkunden bei 766.100. „Raiffeisen ist die Bank der Steirer“, betont Schaller stolz.
Der Erfolg liegt für Schaller im Konzept der Digitalen Regionalbank, das man fortsetzen werde. Im Standardgeschäft gehe der Trend weiter zur Digitalisierung: Die Zahl der Elba-Kunden ist 2023 um 4,5 Prozent gestiegen und manuelle Überweisungen seien verschwindend gering. Gleichzeitig erhöhte sich im Vorjahr die Anzahl der Beratungstermine um rund 10 Prozent auf den neuen Rekordwert von knapp 500.000 Gesprächen, das entspricht rund 2.000 Beratungsgesprächen an jedem Arbeitstag. Schaller betont: „Das Bankgeschäft ist ein Vertrauensgeschäft und die Beziehungen zu den Kunden bauen auf Verlässlichkeit auf. Wir sind mit unserer Durchdringung an Beratungen sehr zufrieden.“ Die Mitarbeiterzahl hat sich im Vorjahr um 77 auf 3.342 Mitarbeiter erhöht. „Wir werden auch in Zukunft ein sehr verlässlicher Arbeitgeber sein. Diese Mär von der Halbierung der Bankmitarbeiter tritt nicht ein“, stellt Schaller klar.
Die Raiffeisenbankengruppe Steiermark hat 194 Bankstellen und 62 Selbstbedienungs-Bankstellen. „Wir sind damit nach wie vor – und werden es auch immer bleiben – die Bank mit dem dichtesten Netz in der Steiermark. Jede zweite Bankstelle ist mit einem Giebelkreuz versehen“, berichtet der Generaldirektor, dem die Wahlfreiheit für Kunden bei den täglichen Geldgeschäften wichtig ist. „So ist Bargeld trotz aller digitaler Entwicklungen bei unseren Kunden noch immer sehr stark im Gebrauch.“ Die Bargeld-Behebungen sind im Vorjahr um 5 Prozent auf ein Volumen von 2,8 Mrd. Euro gestiegen. Aber auch das bargeldlose Bezahlen hat im Vorjahr um 10 Prozent auf 2,3 Mrd. Euro zugenommen.
Hohe Ansparbereitschaft
Die gemanagten Kundengelder bei Raiffeisen Steiermark sind im Vorjahr um 2,4 Prozent auf 52,8 Mrd. Euro gestiegen – ein neuer Höchststand. Die Ansparbereitschaft sei nach wie vor sehr hoch. Beim Kundenvermögen verzeichnete man ein Plus von 3,8 Prozent auf 28,1 Mrd. Euro. Steigerungen gab es durch das Comeback der Zinsen sowohl bei den Spar- und Giroeinlagen (+0,8 Prozent) als auch bei den Bauspareinlagen (+3,3 Prozent). Am stärksten zulegen konnte aber das Kundendepotvolumen mit 17,7 Prozent auf 5,6 Mrd. Euro. „Der Trend in Richtung Nachhaltigkeitsfonds ist ungebrochen. Es gibt aber überall positive Tendenzen und es macht Sinn, mehrschichtig zu veranlagen. Dazu sind die Beratungsgespräche unumgänglich“, erklärt Schaller.
Robuste Unternehmen
Das Kreditwachstum hat sich im Vorjahr aufgrund des hohen Zinsniveaus und der gedämpften Konjunktur abgeschwächt auf plus 0,9 Prozent. Auf Privatkundenseite macht sich die KIM-Verordnung für Wohnimmobilienkredite deutlich bemerkbar: Das Minus bei der Neukreditvergabe bei Privatkunden durch die KIM-Verordnung beträgt 70 Prozent.
Die gute Qualität der Kredite aufgrund umfassender Betreuung und Monitoring streicht Florian Stryeck, Risikovorstand der RLB Steiermark, hervor: „97 Prozent der Kreditvolumina von Firmenkunden und 98 Prozent der von Privatkunden haben sehr gute, gute oder ausreichende Bonität. Der Anstieg der Insolvenzen liegt bei unseren Firmenkunden nur bei 1,4 Prozent, das ist deutlich unter dem österreichweiten Niveau von 5,7 Prozent.“ Trotzdem werde man in den Geschäftszahlen 2023 einen Anstieg bei den Risikovorsorgen sehen – aufgrund der konjunkturellen Lage und von Nachzieheffekten nach den Coronahilfen. „Das wird sich aber in einem Ausmaß bewegen, das unser Ergebnis nicht wesentlich beeinflussen wird“, so Schaller. Die konkreten Ertragszahlen werden zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht, nur so viel: „Die Eigenkapitalquoten werden 2023 wieder einen deutlichen Anstieg verzeichnen.“
Ausblick auf 2024
Nach der Rezession im Jahr 2023 rechnet Stryeck heuer in Österreich wieder mit einem sanften Wirtschaftswachstum: „2024 wird es sich wieder aufklaren und die Wolken werden sich verziehen. Österreich ist auf dem Weg der Besserung, bleibt aber unter dem EU-Schnitt.“ Grund dafür sei die hartnäckige Teuerung vor allem bei Energie, Wasser und Wohnkosten. „Die Strompreisbremse war zu wenig“, analysiert Stryeck. Der Handel sei unter Druck, der mit den steigenden Realeinkommen 2024 allerdings zurückgehen werde. Die Bauwirtschaft bleibe hingegen unter Druck. Lichtblicke gebe es momentan aus dem Tourismus. „Wir gehen auch von einem Inflationsrückgang aus und glauben an ein graduelles Rückführen der Zinsen“, so Stryeck. Gegen Mitte des Jahres rechnet Schaller mit einer ersten Zinssenkung der EZB und dem Beginn eines Zinssenkungszyklus, der bis 2025 andauern dürfte.
Die Situation am Immobilienmarkt bleibt angespannt, auch in der Steiermark. „Der Immobilienmarkt bricht nicht zusammen, sondern wir sehen es als notwendige Preiskorrektur“, so Stryeck. Trotzdem bleibt es für immer mehr Menschen der Traum vom Eigenheim. Da derzeit keine Chance bestehe, die KIM-Verordnung wieder abzuschaffen, startet Raiffeisen Steiermark einen Jungfamilienbonus bei Hausstandsgründungen. Dabei wird den Kunden bis zu einem bestimmten Betrag die Grundbucheintragungsgebühr bei Kreditabschluss abgenommen.
Von europäischer Ebene kommen heuer auch einige Neuerungen auf die Banken zu. So wird die EU-Kommission eine Richtlinie herausgeben, wodurch Überweisungen in Echtzeit zum Standard werden sollen. „Das ist für Raiffeisen nichts Neues, sondern seit 2017 möglich. Wir sind also bestens vorbereitet“, so Schaller. Weniger gelassen sieht er dem EZB-Vorhaben zur Einführung des Digitalen Euro entgegen: „Wir fürchten uns nicht vor dem digitalen Euro, aber wir sehen den Nutzen nicht, allerdings die Kosten.“ Der Bedarf für einen Digitalen Euro sollte mit einer Befragung der Bevölkerung ermittelt werden, schlägt Schaller vor.