Wertpapiergeschäft: Vorbildliche Entwicklung

Bei der diesjährigen Raiffeisen-Vermögensberatertagung drehte sich alles um Vorbilder und inspirierende Persönlichkeiten. Das Wertpapiergeschäft lief im Vorjahr ebenfalls vorbildlich: Bei Zertifikaten gab es ein Allzeithoch.

„Je geringer der Abstand zwischen dem, was uns wichtig ist und dem, was wir tatsächlich tun, desto glücklicher sind wir.“ Mit diesen Worten eröffnete Dirigent Azis Sadikovic die diesjährige Vermögensberatertagung von Raiffeisen in Salzburg. Die zweitägige Veranstaltung von Raiffeisen Bank International (RBI), Raiffeisen KAG und Raiffeisen Zertifikate stand unter dem Motto: Von Vorbildern lernen und Vorbild sein. „Als Dirigent stehe ich jede Woche vor einem neuen Orchester. Es sind Menschen, die ich nicht kenne und die von der ersten Sekunde an etwas von mir erwarten“, sagte Sadikovic. 

Wichtig sei deshalb Authentizität. „Die Welt braucht keine Kopien von immer denselben Menschen. Die Welt braucht Menschen, die mit sich selbst im Reinen sind und sich ohne Maske zeigen.“ Das erfordere Mut zur Verletzlichkeit und den Mut, verändern zu wollen. „Das kalte Wasser wird immer kalt bleiben“, so Sadikovic. „Vorbilder entscheiden sich bewusst, aus der Masse hervorzutreten. Vorbilder setzen sich ehrlich für etwas ein. Verlassen Sie Ihre Komfortzone und wecken Sie das Vorbild in sich“, sagte der Dirigent den rund 200 Vermögensberatern im Saal.

Dirigent Azis Sadikovic weiß, wie man ein ganzes Orchester begeistert.
Dirigent Azis Sadikovic weiß, wie man ein ganzes Orchester begeistert. © Klaus Bauer Photography

Zertifikate-Geschäft lief „top“ 

Vorbildlich entwickelte sich auch das Veranlagungsgeschäft 2023 bei Raiffeisen. Die Entwicklung sei im Vorjahr positiv gewesen, berichtete Georg Wildner, Vorsitzender des Wertpapier-Beirats in der RBI. Vor allem das Zertifikate-Geschäft lief „top“, wie Wildner betonte. Das Gesamtvolumen von Raiffeisen Zertifikate legte in Österreich im Vorjahr um 25,7 Prozent auf den Rekordwert von 2,9 Mrd. Euro zu. „Das ist ein echtes Highlight“, so Wildner. Der Grund: „Es sind kurzfristigere Produkte, die vor allem als Beimischung im Portfolio boomen.“ 

Bei den Anleihen gab es ebenfalls einen Anstieg von 47,7 Prozent auf 7,4 Mrd. Euro. Davon sind fast 60 Prozent Eigenemissionen der Landesbanken. „Im ersten Halbjahr laufen 300 Millionen Euro ab, das birgt riesiges Potenzial für die Wiederveranlagung“, so Wildner. 

 „Im Fondsgeschäft habe es 2023 eine Delle gegeben. Lagen die Nettoabsätze bei der Raiffeisen KAG im Jahr 2022 noch bei über 600 Mio. Euro, seien es im vergangenen Jahr knapp 100 Mio. Euro gewesen. Gründe dafür sind die gestiegenen Zinsen und die hohe Inflation. Die Anzahl der Fondssparpläne sank um 5,2 Prozent auf 505.000, auch die durchschnittliche Ansparrate sei zurückgegangen. „Hier müssen wir gegensteuern, denn insbesondere bei volatilen Märkten ist und bleibt es eines der besten Retailprodukte“, sagte Wildner. 

Die Depot-Durchdringung stieg bei Raiffeisen Österreich von 14,4 Prozent auf 14,7 Prozent. „Der Trend geht in die richtige Richtung, allerdings haben wir noch viel Potenzial“, so Wildner. Das betonte auch Philipp Arnold, Vertriebsleiter bei Raiffeisen Zertifikate: „Das Ziel ist es, bestehende Kunden langfristig zu binden. Wir müssen unsere Veranlagungsquote erhöhen.“ Kunden bleiben mit einem Veranlagungsprodukt um die 80 Prozent länger bei einer Bank als ohne ein entsprechendes Produkt.

Georg Wildner
Georg Wildner © Klaus Bauer Photography

Selbstberatungstool „Finanzcoach“ 

Ein Weg, die Durchdringung bei Wertpapieren zu erhöhen, sei eine noch umfassendere Beratung. Das Selbstberatungstool „Finanzcoach“ in „Mein Elba“ soll Kunden bei der Auswahl passender Anlageprodukte helfen. Seit Mitte März ist es sowohl in der Mobil- als auch in der Desktop-Version verfügbar. Der Kunde definiert zunächst seine Motive und Bedürfnisse und gibt dann Anlagehorizont und Risikobereitschaft ein. Das Selbstberatungstool ist nahtlos im Raiffeisen-Ökosystem verankert. 

Mittlerweile gibt es mehr als 100.000 User. Der größte Teil der Kunden wählt den Zugang über die App. Die beliebtesten Themen sind: „Erspartes vor Inflation schützen“ und „Für finanzielle Notfälle sparen“. Die Kunden sind hauptsächlich zwischen 30 und 39 Jahren alt. Mehr als ein Drittel der User sind Frauen. Der Vorteil: Kunden senden mit jeder Berechnung proaktiv Vertriebsimpulse. „Kunden teilen uns sogar explizit mit, mit welchen finanziellen Fragen sie sich derzeit beschäftigen“, sagte Wildner. Das sei für Berater die Chance, nachzuhaken. 

Privatkonsum ist Konjunkturtreiber in Österreich

Und wie entwickeln sich die Zinsen in den kommenden Jahren? Helge Rechberger, Senior Aktienanalyst bei Raiffeisen Research, gab einen Überblick über die aktuelle Kapitalmarktentwicklung: „2023 war in Summe ein versöhnliches Jahr, die Aktienmärkte haben von den Zinssenkungsspekulationen profitiert“, sagte Rechberger. Konjunkturell seien keine großen Sprünge zu erwarten: „Wir leben in einer Welt des mäßigen Wachstums.“ Allerdings drehen die Konjunktur-Vorlaufindikatoren nach oben. „In der Eurozone kommt langsam das Wachstum zurück.“ 

Zentraler Konjunkturtreiber wird in Österreich heuer der Privatkonsum sein, der von Reallohnzuwächsen profitiert. Rechberger rechnet dieses Jahr bei der Europäischen Zentralbank mit Zinssenkungen im Juni, die US-Notenbank Fed ziehe dann voraussichtlich im September nach. „2025 gehen dann dies- und jenseits des Atlantiks die Zinsen zurück“, so Rechberger. Die realistische Zinspreisung sei wichtig für solide Anleihemarktbedingungen. „Es kann auch am Anleihenmarkt zur Performance kommen. Das ist wichtig hinsichtlich der Depot-Stabilisierung.“ 

Hannes Cizek
Hannes Cizek © Klaus Bauer Photography

„Es kommt auf Wertschätzung an“

In mehreren Round-Tables bekamen die Vermögensberater Input zu aktuellen Themen und Produkthighlights. Und immer wieder kam die Veranstaltung zurück auf das übergreifende Thema Vorbilder. Was macht ein Vorbild aus? Heike Arbter, Leiterin Raiff­eisen Zertifikate, sagte: „Es gibt eine Vielzahl an Persönlichkeiten, die inspirieren. Es sind auch oft Erfahrungen, die mich weiterbringen, wenn beispielsweise Situationen sehr gut gelöst werden.“ 

Als Führungskraft ist man Vorbild: „Ich möchte Disziplin und Ehrgeiz vorleben, dabei kommt es zentral auf Wertschätzung an“, so Arbter. Jemand, der für Mitarbeiter verantwortlich sei, sollte in der Lage sein, sich selbst zu hinterfragen. Das betonte auch Hannes Cizek, Vorsitzender der Geschäftsführung von Raiffeisen KAG: „Viel Arbeit bedeutet auch viel Kraft und Fleiß. Und gibt es keinen ordentlichen Umgang, überträgt sich das auf das Team.“ 

Anna Doblhofer-Bachleitner, Mitglied der Geschäftsleitung des Raiffeisenverbands Salzburg, nannte die für sie wichtigen Führungsgrundsätze Aufrichtigkeit, Eigenverantwortung und Ergebnisorientierung. „Das müssen wir vorleben, auch wenn es manchmal wehtut. Das heißt, wir müssen auch schwierige Gespräche führen, aber auf Augenhöhe und lösungsorientiert.“ Raiffeisen Salzburg wirke auch nach außen und nehme in der Region eine wichtige Rolle wahr. Doblhofer-Bachleitner fand ihr größtes Vorbild im familiären Umfeld. „Meine Uroma wurde 1913 geboren. Sie war eine junge Mutter von drei Kindern, die ihre Familie lange allein durchgebracht und das Unternehmen weiterbetrieben hat“, so Doblhofer-Bachleitner. Trotz allem habe diese immer Zeit gehabt, Bekannten zu helfen und sei offen und politisch interessiert gewesen. 

Vom Unfallopfer zum Olympiasieger

Was mit geistiger Stärke und Selbstvertrauen möglich ist, zeigte auf eindrucksvolle Weise der Sportler Thomas Geierspichler. Der Salzburger wurde 1994, kurz vor seinem 18. Geburtstag, Opfer eines schweren Autounfalls. „Ich wurde querschnittsgelähmt. Aber ich war jung, wollte Fußball spielen und in Discotheken tanzen. All das war nicht mehr möglich“, berichtete Geierspichler. Danach folgten schwere Zeiten, geprägt von Alkohol- und Drogenkonsum. 

Zum Umdenken brachte ihn Skirennsportlegende Hermann Maier. Dieser stürzte 1998 bei den Olympischen Winterspielen in Nagano bei der Abfahrt schwer. Aber nur wenige Tage später wurde Maier Doppel-Olympiasieger. „Als damals die Bundeshymne gespielt wurde, dachte ich mir: Das möchte ich auch erleben“, sagte Geierspichler. Sein sportlicher Ehrgeiz war geweckt. Mit dem Sport fand er wieder zu sich selbst. 

Thomas Geierspichler erzählte, wie er nach seinem schweren Autounfall den Weg zum Olympiasieger, Weltmeister und Weltrekordhalter meisterte.
Thomas Geierspichler erzählte, wie er nach seinem schweren Autounfall den Weg zum Olympiasieger, Weltmeister und Weltrekordhalter meisterte. © Klaus Bauer Photography

Bei den Paralympischen Spielen in Sydney im Jahr 2000 gewann er die Bronzemedaille. „Das war nicht genug, ich wollte mehr“, so Geierspichler. Der Glaube an Gott und an sich selbst trieben ihn immer wieder an. Es folgten viele Weltrekorde. Und dann schließlich die paralympischen Goldmedaillen in Athen 2004 und in Peking 2008. Ein Riesenerfolg. Heute noch trainiert Geierspichler viele Stunden am Tag. Sein persönliches Credo: „Das, was man tut, muss nicht immer Spaß machen. Aber es muss etwas bedeuten. Man sollte sich auf das konzentrieren, was einem etwas bedeutet.“

AusgabeRZ20-24

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