Norbert Unterköfler traute seinen Augen und Ohren nicht. Als er im August letzten Jahres offiziell bekanntgab, mit seinem Rad-Club (RC) Feld am See unter der UCI-Lizenz des Weltverbandes auch bei internationalen Rennen dabei zu sein, quillte plötzlich seine Mailbox über. „Ich hatte auf einmal an die 50 Bewerbungen von Fahrern vorliegen, die bei uns dabei sein wollten. Damit hätte ich niemals gerechnet“, sagt der Obmann und Teamchef. Erst recht nicht, weil das Lockmittel nicht darin bestand, den Athleten zu finanziellem Reichtum zu verhelfen. „Ich habe immer im zweiten Satz gesagt, dass wir kein Fixum bezahlen, keine Wohnung stellen und auch keine Flüge finanzieren“, erzählt er. Darauf hieß es am anderen Ende der Leistung fast immer: „No problem!“
Das hat natürlich Gründe, schließlich haben Radfahrer sehr wohl auch eigene Interessen. Denn zum einen weiß man, dass das Kärntner Team von den Bedingungen her absolut seriös arbeitet. Der Rennbetrieb ist für die ganze Saison gesichert, der Kalender an beschickten Rundfahrten und Etappen-Rennen attraktiv, es gibt Kleidung, Verpflegung und Betreuung auf Top-Niveau. „Zum anderen sind wir für die Fahrer das ideale Sprungbrett“, führt Unterköfler aus. „Bei uns können sie Top-Leistungen bringen und sich dadurch für andere Teams empfehlen, die in der Lage sind, ihnen eine gute Gage zu bezahlen.“
Keine Solo-Stars
So wie bei Rasmus Lindbjerg. Der Däne gilt als Fahrer mit großem Potenzial, dem zugetraut wird, bei einem Rennen der österreichischen Rad-Bundesliga auch mal um einen Stockerl-Platz mitzufahren. Oder bei der Tour of Austria, der Österreich-Rundfahrt, bei der der RC Feld am See als Team heuer erstmals an den Start geht, einen Platz unter den Top 20 zu ergattern. „Mir ist aber wichtig zu betonen, dass es bei uns keine einzelnen Stars gibt“, sagt Unterköfler. „Bei uns soll das Team der Star sein.“ Und zu diesem gehören neben einem Ukrainer, einem Deutschen, einem Australier und einem Slowenen auch zehn Österreicher, die vorwiegend aus Kärnten kommen.
Denn das ist nach wie vor der große Ansatz, den man beim RC Feld am See verfolgt: den heimischen Fahrern eine Plattform zu bieten. „Jeder Kärntner, der das Niveau hat und zu uns passt, bekommt bei uns die Möglichkeit, sich zwei Jahre zu beweisen“, stellt Unterköfler klar. Bei der Zusammensetzung des sogenannten „Continental-Teams“, also der 15-köpfigen Elite-Auswahl des Klubs, hat er darauf geachtet, einen guten Mix aus Routiniers und hungrigen Youngstern zusammenzubauen. „Wobei wir aufgrund unserer finanziellen Einschränkungen gar nicht in der Lage sind, bei der Zusammenstellung zu strategisch zu denken. Wir haben für das Team ein Budget von 200.000 Euro und sind damit wohl das kleinste UCI-Team der Welt.“ Nur zum Vergleich: Das ebenfalls unter UCI-Lizenz antretende UAE Team Emirates XRG geht mit einem Gesamtbudget von 45 Millionen Euro in die Saison.
Feste Partnerschaft
Dass der RC Feld am See überhaupt einmal in diesen Sphären unterwegs sein könnte, hätte sich bei der Vereinsgründung 1998 definitiv niemand gedacht. Damals trafen sich sechs Rad-Enthusiasten in der Küche von Norbert Unterköfler und beschlossen, einen Verein zu gründen. „Eigentlich aus Selbstzweck, damit wir unserem großen Hobby auf einem gewissen Niveau nachgehen konnten“, erinnert sich der 55-jährige Einzelhandelskaufmann, der von Tag eins an die Obmannschaft innehatte. Und schon früh die lokale Raiffeisenbank als Sponsor gewann, mit der man heute noch fest und eng verpartnert ist, was am Giebelkreuz auf den Dressen auch nach außen hin sichtbar ist. „Eine großartige Geschichte, von der beide Seiten profitieren.“
Der Klub wuchs und gedieh, es wurden Mannschaften verschiedener Altersklassen gebildet, erste Erfolge stellten sich schnell ein. Als 2008 die Ausrichtung des Kärntner Rad-Marathons in Bad Kleinkirchheim dazu kam, wurden auch die finanziellen Rahmenbedingungen besser, man konnte aufgrund der lukrierten Einnahmen in größeren Dimensionen denken. 2021 stellte man erstmals auch ein Team in der heimischen Rad-Bundesliga. Und das aus einem eher kuriosen Grund: „Wir hatten drei Fahrer, die über eine ARBÖ-Auswahl (Anm.: Auto-, Motor- und Radfahrerbund Österreichs) an der Bundesliga teilnahmen. Als dieses Team aber aufgelöst wurde, haben sie mich bekniet, dass wir eine Mannschaft stellen.“ Ein Wunsch, dem das ehrgeizige Team gerne nachkam.
Hineinschnuppern und aufzeigen
Der nächste große Meilenstein kam dann im vorigen Jahr mit der Aufstellung einer UCI-Mannschaft – als eines von nur fünf Teams in Österreich. Doch Unterköfler bleibt trotz dieser starken Erfolgsgeschichte seines „Babys“, wie er den RC Feld am See auch nennt, demütig. Große Ankündigungen sind seine Sache nicht. „Wir wollen international hineinschnuppern, legen den Fokus aber auf die Bundesliga und die erstmalige Teilnahme bei der Tour of Austria. Wenn wir da aufzeigen und die größeren und finanziell stärkeren Teams etwas ärgern können, wären wir mit der Saison zufrieden.“
Schritt für Schritt soll es gehen, ohne sich dabei zu übernehmen. Was nicht heißt, dass nicht auch die eine oder andere Vision im Kopf herumspukt. „Natürlich erhoffen wir uns durch den Schritt ins Continental-Lager mehr Aufmerksamkeit, einen höheren Werbewert, vielleicht größere Sponsoren. Dann könnten wir unseren Fahrern ein Fixum bezahlen und dadurch höhere Qualität bekommen“, sinniert er. „Das wäre für die Zukunft eine Möglichkeit, aber kein Muss.“
Und dann gäbe es bestimmt noch die eine oder andere Überraschung mehr im Obmann-Leben von Norbert Unterköfler, der mittlerweile 200 Mitglieder in seinem Verein zählt – das jüngste vier, das älteste 85 Jahre alt. Denn eines steht für ihn über allem: „Wir machen das Ganze nur, um den Spaß an der Bewegung und am Radfahren zu vermitteln. Das ist das Motto, um das es uns am Ende geht.“