Zur Förderung der jüngeren Tiroler Künstlergeneration hat die Raiffeisen-Landesbank Tirol im Jahr 2004 den RLB Kunstpreis gegründet. Der Preis für bildende Kunst wird alle zwei Jahre vergeben und richtet sich an alle im Bundesland Tirol geborenen oder lebenden Künstler bis zum vierzigsten Lebensjahr. „Es ist uns ein großes Anliegen, junge Tiroler Kunst zu unterstützen. Wichtig ist dabei freilich auch, das Verständnis für die Vielfalt künstlerischer Ausdrucksformen nicht nur zu fördern, sondern auch zu vertiefen“, erklärt Thomas Wass, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der RLB Tirol. Von den 47 Teilnehmern beim diesjährigen Durchgang überzeugte Anna-Maria Bogner die Jury und sicherte sich 10.000 Euro Preisgeld. Zusätzlich widmen die Tiroler Landesmuseen mit Unterstützung der RLB Tirol der Hauptpreisträgerin im Jahr 2023 eine Einzelausstellung.
Die 1984 in Schwaz geborene Künstlerin lebt heute in Düsseldorf. „Anna-Maria Bogner setzt sich in ihrer Arbeit seit Jahren konsequent mit den Bedingungen unserer Raumwahrnehmung und den Parametern der Raumkonstituierung auseinander. Mit minimalen Mitteln entwirft sie Raumsituationen und Raumsuggestionen, die uns irritieren, sensibilisieren und ein Nachdenken über unser Verhältnis zum jeweiligen Ort initiieren“, so das Urteil der Jury.
Ihre primären Medien sind die Zeichnung, die Installation, die Fotografie und das Objekt. „Sie alle sind unterschiedliche Mittel, um verschiedene Situationen zu erzeugen. Situationen, die immer in Relation zum Betrachter stehen. Weil jeder von uns bringt seine eigene Geschichte und Perspektive mit, die dann das Werk wieder zu etwas Neuem macht, es verändert“, erklärt die Gewinnerin. Ihre Werke seien ein Angebot, Raum zu hinterfragen, ihn vielleicht anders als gewohnt wahrzunehmen und sich seiner Grenzen bewusst zu machen. „Bogners Werk zeichnet sich durch einen hohen Grad an Präzision aus und hat sowohl durch seine inhaltliche Komplexität wie auch durch seine sinnliche Qualität überzeugt. Das Nachdenken der Künstlerin über das Wesen des Raums, über die Konstruktion von natürlichen, sozialen und digitalen Räumen und die Interaktion des Menschen mit ihnen macht ihr Werk zugleich hochaktuell und zeitlos“, so die Jurybegründung.
Hintergründige Fotografien
Zusätzlich zum Hauptpreis erhielten heuer Helena Lea Manhartsberger und Maria Walcher Förderpreise in Höhe von je 4.000 Euro. Helena Lea Manhartsberger wurde 1987 in Innsbruck geboren und lebt in Wien, wo sie journalistisch und künstlerisch tätig ist, „wobei für mich diese beiden Bereiche ineinander übergehen“, erklärt Manhartsberger. Ihr Medium ist vor allem die Fotografie, die immer auch politisch ist. „Jedes Bild hat immer einen Hintergrund, eine Idee und einen Kontext, das macht das Medium aus.“ So war die Fotografin 2019 im Sudan unterwegs, um sich mit der Rolle der Frauen in der Revolution zu beschäftigen. Nachdem sie mit verschiedenen Personen lange Gespräche und Interviews geführt hat, wurden basierend auf diesen Erinnerungen gemeinsam Bilder gebaut und Situationen nachgestellt, um so ihre Geschichten zu zeigen. Zuletzt hat sie sich mit dem Thema Sexarbeit in Zeiten von Corona beschäftigt und war dafür in ganz Österreich unterwegs, um Sexarbeitende, Kunden, Bordellbetreiber und Sozialarbeiter zu interviewen und fotografieren. Aus diesem Langzeitprojekt ist auch ein Buch entstanden. Für ihre neuen Arbeiten dokumentiert sie den Alltag und Einzelschicksale von Menschen in der Ukraine abseits der Frontlinie.
Die Jury überzeugt Helena Lea Manhartsbergers gekonntes Unterlaufen stereotyper Darstellungen, „indem sie die vermeintliche Objektivität der Fotografie und ihre eigene Rolle als Fotografin bei der Bildproduktion kritisch hinterfragt. So bezieht sie die von ihr fotografierten Menschen durch kollaborative Strategien – etwa in Form von Talks oder Videokommentaren – mit ein und gibt damit differenzierten Perspektiven und vielfältigen Stimmen Platz.“
Menschen involvieren
Die in Innsbruck lebende und 1984 in Brixen geborene Maria Walcher bekam den Förderpreis für ihre meist dreidimensionalen, multimedial-räumlichen Arbeiten. Dabei greife sie aktuelle gesellschaftspolitische wie auch tabuisierte und sensible Themen auf und binde diese in kommunikative, oft partizipativ angelegte Prozesse ein, so die Jurybeschreibung. Dabei gelinge es ihr, mit den Mitteln der Kunst Auseinandersetzungen anzustoßen. „Die Performativität, die sowohl den installativen wie auch den dezidiert handlungsbasierten Arbeiten eingeschrieben ist, verbindet die Künstlerin immer wieder mit historischem Wissen, das sie aktiv einsetzt und zugleich hinterfragt.“ Aus diesem Spannungsfeld speise sich eine spezifische Qualität ihrer Arbeiten, die über alle unterschiedlichen Medien hinweg konstant bleibt und sich als eine Ethik des inklusiven künstlerischen Handelns beschreiben ließe.
Der Künstlerin selbst geht es darum, „ein Setting zu schaffen, in das ich Menschen involviere“. Die Themen würden aus persönlicher Betroffenheit heraus entstehen, sich dann aber in gesellschaftlich-politische Themen erweitern. Die Betrachter sollen sich dann auf dieses Thema einlassen oder sich mit einer Frage auseinanderzusetzen. Bewegung und Transformation tauchen in Walchers Arbeiten seit mittlerweile mehr als einem Jahrzehnt immer wieder als Thema auf.