Die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien hat seit Ende April 2023 eine Zusammenarbeit mit der Investment-Plattform Bitpanda geprüft – mit Erfolg, denn „wir haben mittlerweile einen Kooperationsvertrag unterschrieben“, berichtet Michael Höllerer, Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, in der WU Wien bei einer Diskussionsveranstaltung des Austrian Blockchain Center (ABC). Momentan befinde man sich in einer intensiven Testphase, noch vor Weihnachten werden „Family & Friends“ die neue Lösung testen können und ab kommendem Jahr soll das Angebot schließlich allen Kunden über Elba zur Verfügung stehen. „Wir sind stolz, dass wir die erste traditionelle Bank im deutschsprachigen Raum sind, die ein derartiges Angebot hat. Wir brauchen im Bankgeschäft innovative Lösungen, um uns gegenüber anderen Playern und alternativen Anbietern behaupten zu können“, erklärt Höllerer.
Man habe sehr viel „Hirnschmalz investiert“, um ein System zu finden, wo man in einem geschlossenen Kreislauf agieren kann und somit die Sicherheit – als höchstes Gut einer Bank – zu garantieren. Die neuen Funktionen bilden ein Angebot im niederschwelligen Veranlagungsbereich und ermöglichen den Handel nicht nur von Kryptoassets, sondern von sämtlichen Assetklassen. Jederzeit können Kunden in einem möglichst einfachen Prozess binnen 40 bis 45 Sekunden zum Vertragsabschluss oder einer Order kommen, verspricht der Generaldirektor.
Die Intention ist, mit innovativen Produkten nicht nur eine optimale Kundenreise zu garantieren, sondern damit auch Neukunden zu gewinnen und zusätzliche Erträge zu generieren. Eine schnelle Markteinführung sowie niedrige Entwicklungskosten sprechen ebenfalls für Kooperationen mit Fintechs und Start-ups, so Höllerer: „Die Entwicklung der Bitpanda-Lösung hat in etwa ein Zehntel der herkömmlichen Entwicklungskosten betragen, das ist ein Riesenvorteil.“
Generell sieht der Generaldirektor in der Zusammenarbeit mit Fintechs großes Potenzial: „Wenn man aus beiden Welten das Beste zusammenzieht, dann bringt uns das und natürlich den Kunden die meisten Vorteile.“ Im Gegenzug profitieren die Start-ups von den Vorteilen traditioneller Banken – wie großem Kundenstock, Kapital oder IT-Infrastruktur. „Ein Volltreffer für beide Seiten“, so beschreibt Höllerer die Kooperation mit Bitpanda.
Wachsendes Interesse
Dass immer mehr Anleger an Kryptoassets interessiert sind, zeigen aktuelle Umfragen und Studien. In Europa sind etwa 12 Prozent der Retailkunden in Kryptoassets veranlagt, in Österreich sind es sogar 14 Prozent. Die Millennials, Jahrgänge 1980 bis 1994, sind am stärksten investiert, gefolgt von der Generation Z, weiß Jan-Michael Steiner von Capco, einem weltweit tätigen Beratungsunternehmen für die Finanzdienstleistungsbranche: „Es geht immer mehr von diesem anfänglichen Disrupting hin zu handfesten Geschäftsmodellen, die jetzt in die Umsetzung kommen.“ Das Potenzial ist hierzulande gemessen an den Krypto-Hotspots dieser Welt noch riesig. In der Türkei besitzt etwa die Hälfte der Bevölkerung Kryptoassets. In Brasilien sind sogar mehr Menschen in Kryptoassets als in Aktien investiert.
Trotz einiger Skandale und Betrugsfälle werde die Assetklasse bestehen bleiben, sind sich die Experten sicher. Es brauche aber einen Regulierungsrahmen, der in der EU mit der Verordnung über Märkte für Kryptowerte, kurz MiCA, auch sinnvoll und pragmatisch gelungen sei. Der Ruf nach Regulierung ist dabei auch aus der Krypto-Szene selbst gekommen, wie Veranstalter und Moderator Walter Mösenbacher betont. MiCA bietet Rechtssicherheit für Kryptowerte, auch zum Schutz für Konsumenten und Investoren. „Regulierung ist wichtig und notwendig. Man kann Risiken reduzieren, aber ganz verhindern wird man Betrugsfälle damit auch nicht“, betonte Alexander Eisl von ABC Research bei der Diskussionsrunde.
Volatile Faszination
Welche Anziehungskraft Krypto-Assets auf junge Investoren haben, erklärt WU-Student Alexander Sailer: „Krypto ist eine der volatilsten Assetklassen, das fasziniert mich.“ Noch ist der Student mit kleinen Beträgen dabei, „bis ich die Zusammenhänge und Mechanismen wirklich verstanden habe“. Dass es traditionelle Banken jedenfalls weiterhin brauchen werde, ist Sailer schon klar. Spätestens, wenn es um große Themen wie Wohnbaukredite oder Altersvorsorge geht, wollen Kunden einen persönlichen Berater sprechen, betont Höllerer und ergänzt: „Das ist auch eines unserer Assets, aber genauso wichtig ist es, dass wir mit der Zeit mitgehen.“