Wie steht es um die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen, wenn es um das Thema Landwirtschaft geht? Das wollte der Verein „Wirtschaften am Land“ wissen und führte daher pünktlich vor Schulbeginn einen Schulbuch-Check durch. Die Ergebnisse sind alles andere als zufriedenstellend.
„Es gibt Handlungsbedarf“, unterstreicht Robert Pichler, Vereinsobmann und ÖRV-Abteilungsleiter für Wirtschaft-, Agrar- und Europafragen. Er hat das Projekt initiiert, in dessen Fokus die Überprüfung der Themen Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion stand.
Falsche Wissensvermittlung
Nur zwei Prozent der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft. Das Wissen rund um die Thematik nimmt daher ab, der Bezug zur Landwirtschaft und das Verständnis für die Lebensmittelherstellung geht immer mehr verloren. Aus diesem Grund nimmt die Schulbildung eine entscheidende Rolle ein, wenn es um die Vermittlung solcher Inhalte geht. Es sei deshalb umso wichtiger, dass Schulbücher auf dem letzten Wissensstand sind und richtige Inhalte vermitteln, wie Pichler betonte. Der Schulbuch-Check fällt hingegen alarmierend schlecht aus. Dabei wurden 97 Unterrichtsbücher von der ersten bis zur achten Schulstufe unter die Lupe genommen – vom Sachunterrichtsbuch in der Volksschule bis zum Biologiebuch in der AHS.
In vier von zehn Schulbüchern fehlen landwirtschaftliche Inhalte komplett, in den restlichen Lehrbüchern sind oft kurz gehaltene, lückenhafte Informationen zu finden, die deutliche inhaltliche Mängel aufweisen. So werden Bauernhöfe etwa als Industriebetriebe bezeichnet, Landwirtschaft wird mit Massentierhaltung gleichgesetzt oder Käfighaltung von Hühnern abgebildet, die in Österreich längst verboten ist. Die konventionelle wird gegen die biologische Landwirtschaft ausgespielt und pauschalisierende Aussagen getroffen, die schlicht falsch sind, urteilt Pichler.
Zudem findet man den Schulbüchern idyllische Zeichnungen statt realistischer Bilder und wirft die globale Lebensmittelproduktion mit jener in Österreich in einen Topf. Dass die Nutztierhaltung nicht der viel zitierte „Klimakiller“ sei, sondern mit ihren Grünflächen auch sehr viel CO₂ binde und die überwiegend kleinstrukturierten Betriebe eine entscheidende Rolle für die Erhaltung unserer Kulturlandschaft bilden, gehe dabei völlig verloren. Auch Forstwirtschaft und Jagd werden wenig bis gar nicht erwähnt. „Hier wird das Lehrbuch zum Leerbuch“, bemängelt Pichler.
Ruf nach Unterrichtsfach
Die Resultate verdeutlichen, dass hier nachgebessert werden muss. „Wir wehren uns dagegen, dass Kinder so ein verzerrtes Bild von der Landwirtschaft bekommen“, zeigt sich Georg Strasser besorgt. Der Obmann des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft im Österreichischen Parlament wehrt sich dagegen, dass landwirtschaftliche Familienbetriebe mit der Industrie gleichgesetzt werden. Er fordert die Installierung von Experten in der Schulbuchkommission und plädiert für ein verpflichtendes Unterrichtsfach für Lebensmittelproduktion und Ernährung.
Dass es jetzt schon viele Unterrichtsmaterialien gibt, die den Pädagogen kostenlos zur Verfügung stehen, unterstreicht Österreichs Bundesbäuerin Irene Neumann-Hartberger. Unter www.landwissen.at findet man 800 Informations- und Unterrichtsmaterialien, die alle auf dem letzten Wissensstand sind. Zusätzlich bringen Seminarbäuerinnen, die regelmäßig in den Schulen unterwegs sind, den Kindern die Thematik auf authentische Art und Weise näher.
Gemeinsam fordern Strasser, Neumann-Hartberger und Pichler mehr Aufklärungsarbeit rund um die heimische Landwirtschaft, denn: „Es sind unsere Kinder, die in den nächsten Jahren mit ihrer Kaufentscheidung im Lebensmittelgeschäft bestimmen, ob wir weiterhin heimisch kaufen können – oder Lebensmittel nur mehr aus dem Ausland importiert werden, ohne dass genauer hingeschaut wird.“