Sicher am Berg

Im Corona-Jahr 2020 zog es viele in die Berge. Mehr Menschen bedeuten auch mehr Unfälle. Beachtet man die Tipps der Profis, steht einem alpinen Erlebnis aber nichts mehr im Wege.

Die Bergrettung im Einsatz
(c) Georg Krewenka

Die letzte Saison war Pandemie-bedingt eine besondere“, weiß Peter Paal, Präsident des österreichischen Kuratoriums für alpine Sicherheit (ÖKAS). Aufgrund der Reisebeschränkungen und Lockdowns entdeckten 2020 viele Österreicher die heimische Natur neu für sich. Sei es als Urlaubsalternative oder um einfach den eigenen vier Wänden entfliehen zu können. Vor allem Österreichs Berge sorgten für Begeisterung. Dieser regelrechte „Berg-Boom“ führte allerdings auch zu zahlreichen Unfällen und Verletzungen.

Wie aus der Alpinunfallstatistik des ÖKAS und der Alpinpolizei hervorgeht, kamen im Jahr 2020 zwischen 1. Januar und 31. Dezember 261 Menschen in Österreichs Bergen ums Leben. Das Zehnjahresmittel liegt bei 290 Toten pro Jahr. 7.466 Verletzte sind in der Alpinunfalldatenbank zu verzeichnen, das sind etwa 500 Verletzte mehr als im Jahr 2019. Eine Entwicklung, die Bergrettungs- und Präventionsorganisationen aufhorchen lässt. So appellieren der österreichische Bergrettungsdienst (ÖBRD), das ÖKAS, die Alpinpolizei und das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV), Risiken am Berg ernst zu nehmen.

„Im besten Fall passieren Unfälle erst gar nicht. Die richtige Selbsteinschätzung, vor allem wenn man mit Kindern unterwegs ist, ist besonders wichtig“, so Paal. Prinzipiell sollte vor jeder Bergtour die körperliche Verfassung und Bergerfahrung aller Teilnehmer realistisch eingeschätzt und darauf basierend der Schwierigkeitsgrad der Route und die Länge der Tour bestimmt werden. Eine Erhebung des KFV während der letzten Wandersaison zeigt allerdings, dass das nicht immer der Fall ist: Jeder siebte befragte Wanderer (15 Prozent) konnte nicht angeben, welchen Schwierigkeitsgrad der Weg aufweist, auf dem er gerade unterwegs ist. „Um Fehleinschätzungen, Überforderung oder Übermüdung vorzubeugen, ist eine sorgfältige Routenplanung das Um und Auf“, unterstreicht auch KFV-Sprecherin und Präventionsexpertin Johanna Trauner-Karner.

Von Mai bis Oktober 2020 mussten die Beamten der Alpinpolizei zu rund 4.000 Unfällen ausrücken. „Der Dienst in den Bergen stellt eine besondere Herausforderung dar. Das Aufgabengebiet ist umfangreich und erstreckt sich von der Unfallerhebung bei typischen Bergunfällen bis hin zu Flug- und Forstunfällen. Unser Hauptaugenmerk richtet sich auf die Frage, ob bei Unfällen Fremdverschulden vorliegt oder nicht. Die Berge sind kein rechtsfreier Raum“, sagt Oberst Hans Ebner von der Alpinpolizei.

Weiters werden jedes Jahr zwischen 300 und 400 Abgängigkeiten im alpinen Gelände angezeigt und Suchaktionen gestartet, für die die Polizei gesetzlich zuständig ist. „Das Schwierigste ist herauszufinden, wo ein Abgängiger unterwegs war. Bestenfalls gibt man vorher jemandem bekannt, wo man hingehen möchte – welche Route man nimmt, wann man in etwa plant wieder zurückzukommen“, so Ebner. Allen Bergsportlern wird zudem eine neue Ortungstechnologie ans Herz gelegt, die die Personensuche im Falle eines Unfalles oder einer Notlage deutlich vereinfachen kann. „Ein Rettungsreflektor, nur wenige Zentimeter lang mit einem Gewicht von 4 Gramm kann an Rucksäcken, Helmen oder Jacken simpel angebracht und im Ernstfall zum Lebensretter werden.“ Am Polizeihubschrauber kann im Bedarfsfall ein Detektor montiert werden, mit dem man relativ rasch große Flächen absuchen kann.

Bevor man sich überhaupt in Richtung Gebirge aufmacht, sollte die Tour sorgfältig geplant werden. Dabei müssen unbedingt Kräfte und Können aller Teilnehmer ehrlich eingeschätzt werden. „Das verringert das Risiko von unliebsamen Überraschungen. Häufige Unfallursachen sind Übermüdung, Erschöpfung und Überforderung“, weiß ÖBRD-Geschäftsführer Martin Gurdet. Besser auch eine Alternative einplanen, falls sich die Bedingungen vor Ort so verändern, dass eine Durchführung der Tour zu gefährlich wäre.

Deshalb ist es auch notwendig, schon bei der Planung Informationen von Wetter- und/oder Lawinenwarndiensten einzuholen und die Wetterlage auch während der Tour ständig zu beobachten. Zudem gilt es, die Ausrüstung an die Witterung sowie an die Dauer, Art und Schwierigkeit der Tour anzupassen. Orientierungsmittel und Notfallausrüstung wie Karten, Topos, Rucksackapotheke, Biwaksack, Handy mit vollem Akku, akustische wie optische Signalmittel sowie Regenschutz und eine Lampe sollte man immer dabei haben, empfehlen die Profis. 

Im Notfall wählt man den alpinen Notruf 140 (Nur in Vorarlberg gilt der allgemeine Rettungsnotruf 144). Auch über die europäische Notrufnummer 112 funktioniert die Alarmierung.