Mit geballten Fäusten

Die Sportunion Raiffeisen Arnreit ist Rekordmeister beim Frauen-Faustball und hat sogar schon viermal den Weltcup gewonnen. In der nun beginnenden Hallen-Saison treten die Oberösterreicherinnen wieder mit einer jungen Mannschaft an, denn trotz aller Erfolge genießt die Nachwuchsarbeit höchste Priorität.

Die ehemalige Starspielerin und heutige Trainerin Magdalena Lindorfer konnte im vergangenen Jahr noch einmal ihr Können unter Beweis stellen.
Die ehemalige Starspielerin und heutige Trainerin Magdalena Lindorfer konnte im vergangenen Jahr noch einmal ihr Können unter Beweis stellen. © Manfred Lindorfer

Im Sommer 2014 wurden auf der Anlage der Sportunion Raiffeisen Arnreit die Fäuste geballt – und das im doppelten Sinn des Wortes. Denn der Klub aus dem 1.200-Seelenort im Bezirk Rohrbach feierte nichts Geringeres als den Sieg im Faustball-Weltcup, so etwas wie eine Klub-Weltmeisterschaft. In zwei Spielen wurde das brasilianische Team von Duque de Caxias geschlagen und die Damen aus Arnreit konnten sich fortan als bestes Team der Welt bezeichnen. Und das auf heimischem Boden. „Das war der bisher größte Meilenstein in unserer Vereinsgeschichte, ein unvergessliches Erlebnis“, sagt Tanja Gahleitner. Die heutige Sektionsleiterin und Kapitänin war damals schon als junge Spielerin mit an Bord und kann sich noch gut an die Euphorie erinnern. „Es gab damals zwei Spiele, die wir beide für uns entscheiden konnten. Der Jubel war danach grenzenlos.“

Es war ohnehin die Zeit, in der die Arnreiter Faustball-Damen das Maß aller Dinge waren. Zwischen 1999 und 2015 kam es nur viermal vor, dass es einen anderen österreichischen Meister gab, und das, obwohl zwei Titel pro Jahr ausgespielt werden – einer im Feld und einer in der Halle. Zudem wurden zehn Siege im Europacup und vier im Weltcup eingefahren, unter anderem in Namibia und Brasilien. „Wir hatten damals ein sensationell starkes Team, eine goldene Generation rund um Spielerinnen wie Magdalena Lindorfer oder Karin Azesberger, die heute als Trainerinnen bei uns dabei sind“, sagt Gahleitner, die selbst 2009 zum Team dazu stieß. Im blutjungen Alter von 14 Jahren wurde sie langsam an die erste Mannschaft herangeführt, ehe sie immer mehr in die Rolle einer Führungsspielerin hineinwuchs.

Zukunftsarbeit hat Priorität

Das ist typisch für den Verein, der trotz aller Erfolge immer das Motto verfolgte: Nichts ist wichtiger als der Nachwuchs. Zwischen der U18 und der U10 gibt es insgesamt elf Mannschaften, wobei es fast ausschließlich Mädchen sind, die den Ball über die in 1,90 Meter Höhe befestigte Leine wuchten. „Es gibt ein paar Jungs, die bei uns anfangen und in den Mixed-Mannschaften der U12 und U10 mitspielen. Es bleibt aber kaum jemand bei der Stange. Vermutlich weil bei uns die männlichen Role Models fehlen“, vermutet Gahleitner, die 2020 die Sektionsleitung von ihrem Bruder übernahm. Sicher ist sie sich dagegen, dass fast jedes Mädchen in Arnreit im Alter von fünf Jahren schon einmal mit Faustball konfrontiert wurde, sei es in der Schule oder im Verein, so groß ist der Stellenwert des Sports in der Gemeinde.

Was allerdings auch nicht verwundert, wenn man sich näher mit dem rasanten Sport, der entfernt an Volleyball erinnert, beschäftigt. Auf einem 25 x 20 Meter großen Feld (in der Halle um fünf Meter kürzer) wird der circa 330 Gramm schwere Ball hin und her geschlagen, im Unterschied zum Volleyball darf er dabei allerdings zwischen den Zuspielen auch einmal den Boden berühren. Was Gahleitner dabei so fasziniert, ist die Vielseitigkeit, die eine gute Spielerin mitbringen muss. „Man braucht Koordination, Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer, dazu kommen Spielverständnis, Antizipation und Teamfähigkeit. Nur wer all das mitbringt, kann es wirklich bis ganz nach oben schaffen.“

Anika Hartl gilt als Jugendass der U18 Mannschaft.
Anika Hartl gilt als Jugendass der U18 Mannschaft. © Manfred Lindorfer

Faustdicke Überraschungen

Vor Kurzem wurde die aktuelle Feld-Saison planmäßig unterbrochen, am kommenden Wochenende beginnt die Titeljagd in der Halle. Seit dem letzten Meistertitel 2015, nach dem einige verdiente Akteurinnen ihre Karrieren beendet haben, backt man in Arnreit etwas kleinere Brötchen und gibt als Saisonziel den Klassenerhalt aus. „Der ist uns in den letzten Jahren auch immer ganz souverän gelungen“, sagt Gahleitner, vermutet aber, dass es in den kommenden Monaten zu ein paar faustdicken Überraschungen kommen kann. „Viele Mannschaften sind im Umbruch, einige haben personelle Sorgen. Das gilt auch für die Union Nußbach, die zuletzt die meisten Titel geholt hat und aktuell das erfolgreichste Team im Damen-Faustball ist. Es kann also eine irrsinnig spannende Serie werden.“

Neun Mannschaften treten dabei in Hin- und Rückspielen gegeneinander an, die drei besten qualifizieren sich für das „Final 3“, das im Februar in Enns über die Bühne geht. Mit Arnreit am Start? Das wäre für Gahleitner zu viel des Drucks auf ihre Spielerinnen. „Auch wir werden wieder viele junge Mädels bei uns einbauen, einige werden ihr Debüt in der Bundesliga geben. Da wäre es nicht gut, wenn man zu viel von ihnen erwarten würde. Außerdem setzen wir ausschließlich auf Spielerinnen, die aus unserer Region kommen. Irgendwelche Faustballerinnen von einem anderen Klub wegzukaufen, käme uns nicht in den Sinn.“

Zurück zu großen Siegen

Langfristig hat man dagegen sehr wohl vor, eines Tages wieder an die großen Erfolge anzuknüpfen, die man in den Nuller- und Zehnerjahren eingeheimst hat. Die Zuversicht, dass das auch gelingen kann, speist sich aus den bemerkenswerten Erfolgen, die zuletzt von den Nachwuchs-Teams erreicht wurden. „Als eine Oberösterreich-Auswahl im Sommer den Jugend-Europacup in Dänemark gewonnen hat, waren vier Spielerinnen von uns dabei. Und das bei einem so herausragend besetzten Turnier. Auch beim österreichischen U21-Europameistertitel im August hatten wir drei Mädchen am Start. Das macht schon Hoffnung, dass wir auch im Damen-Bereich mal wieder ganz vorne landen können.“

Ein Unterfangen, für das man auch bei der Raiffeisenbank Region Rohrbach die Daumen drückt. Seit Vereinsgründung 1973 wird der Verein, der auch Sektionen im Fußball, Stocksport, Volleyball und Damenturnen hat, als Sponsor unterstützt, seit 1991 sogar als Namensgeber. „Das war das Jahr, in dem wir mit unserer ersten Mannschaft in die höchste Spielklasse aufgestiegen sind“, erzählt Gahleitner. „Dementsprechend verwurzelt ist diese Partnerschaft bei uns im Verein.“ 

Die Hoffnung, bald wieder gemeinsam große Erfolge feiern zu können, scheint jedenfalls berechtigt. Es muss ja nicht gleich wieder der Weltcup sein.