Kennelbach: Im Konzert der Großen

Der UTTC Raiffeisen Kennelbach geht in seine dritte Saison in der Tischtennis-Bundesliga. Mittlerweile hat sich der Verein aus dem 1.900-Seelen-Dorf als einer der acht besten Klubs Österreichs etabliert. „Unser Traum ist das Final Four“, sagt Präsident Arno Schuchter, der mit dem Klub seit über 50 Jahren verbunden ist.

Nervenstärke gehört ohnehin zu den Eigenschaften, die man beim Tischtennis braucht. Aber was sich am Ende der vergangenen Bundesliga-Saison abspielte, hatte Züge eines Hitchcock-Thrillers. In der allerletzten Runde lag zwischen Platz vier und Platz sieben ein einziges Pünktchen. Hätte man das letzte Match des Grunddurchgangs gewonnen, wäre das Team des UTTC Kennelbach erstmals in seiner Geschichte in das Final-Four-Turnier eingezogen, in dem der österreichische Meistertitel ausgespielt wird. 

„Im allerletzten Spiel ging es in den Tiebreak (Anm.: bis sechs Punkte), es stand 5:5. Hätten wir diesen einen Ballwechsel gewonnen, wären wir Vierter gewesen“, erinnert sich Arno Schuchter, Langzeit-Funktionär und aktueller Präsident des Klubs. Doch der Punkt ging verloren, das Match endete 3:3. Unentschieden, was am Ende Platz sieben in der Endabrechnung bedeutete. Immer noch ein großer Erfolg für den Verein aus der 1.900-Seelen-Gemeinde Kennelbach, der mit Abstand kleinste Ort im Konzert der ganz großen Klubs.

Nachhaltige Strategie

Eine Episode, die zwar kein echtes Happy End hat, die aber zeigt: Der 1952 gegründete Verein hat sich mittlerweile in der höchsten Spielklasse des Landes etabliert. Und das mit einer nachhaltigen Strategie, die nicht auf kurzfristige Erfolge setzt, sondern darauf, auf einem stabilen Fundament etwas aufzubauen. „Wir sind 2012 in die 2. Bundesliga aufgestiegen und haben viele Jahre darum gekämpft, den Sprung nach ganz oben zu schaffen“, erzählt Schuchter. Und das mit Spielern, die dem Verein schon lange die Treue hielten und zum Teil auch aus der Region stammten.

Oft ist man an dem Unterfangen knapp gescheitert, 2021 war es dann aber soweit: Kennelbach schaffte nach 2006, als man sich nach einem Jahr wieder aus der höchsten Liga verabschiedete, den Sprung nach ganz oben. Genauer gesagt ins sogenannte „Obere Play-off“ der Bundesliga, in dem die besten acht Teams des Landes im Modus „jeder gegen jeden“ um den Einzug ins Final-Four-Turnier und die Plätze in den europäischen Bewerben ausspielen. Man war also nicht nur in Vorarlberg, wo man mit 16 Landestiteln ohnehin Rekordmeister ist, an der Spitze angekommen, sondern in ganz Österreich.

Gut verstärkt

Dort gilt es jetzt, sich zu etablieren. Mit dem Abstieg, also Platz acht, will man nichts zu tun haben, und mit einem halben Auge schielt man auf den vierten Rang, den man in der vergangenen Saison so hauchdünn verpasste. „Wir haben uns im Sommer noch einmal verstärkt, das haben unsere Konkurrenten allerdings auch. Daher ist die Ausgangslage schwer einzuschätzen. Realistisch sehe ich uns zwischen den Plätzen vier und sieben“, sagt Schuchter, der mit der Verpflichtung des slowakischen Top-Spielers Samuel Novota ein Ass aus dem Ärmel gezogen hat. Der 31-Jährige ist die Nummer zwei seines Landes und wurde mit dem SK Vydrany zuletzt siebenmal in Folge slowakischer Meister. Er soll die ungarische Klub-Legende Istvan Toth ersetzen, die nach mehr als 20 Jahren im Verein kürzertreten möchte, aber noch als Ersatzspieler zur Verfügung steht. „Mit Novota haben wir uns sehr gut verstärkt und ein Zeichen gesetzt, dass wir weiter angreifen wollen“, so Schuchter, der dem Verein 1971 im Alter von elf Jahren beitrat und bis heute treu geblieben und sogar amtierender Vereinsmeister im Doppel (zusammen mit Obmann Marvin Rist) ist.

Novota ist die neue Nummer zwei des Klubs, an Position eins spielt seit gut zwei Jahren Simon Pfeffer, der in den Top 10 Österreichs fix etabliert ist und Tischtennis nur noch auf halb-professioneller Ebene betreibt. „Er hat sein Studium abgeschlossen und arbeitet in Wien, kommt zu den Spielen aber zu uns nach Kennelbach. Eine für alle Beteiligten sehr gute Lösung“, so Schuchter, der erklärt: „Etwa 75 Prozent der in Österreich engagierten Spieler sind Legionäre. Das verstellt einerseits österreichischen Spielern den Platz, hebt aber andererseits das Niveau der Liga. Nicht umsonst gehört Österreich zu den fünf stärksten Ligen Europas.“ Was dadurch belegt wird, dass auch bei internationalen Bewerben immer wieder starke Resultate erzielt werden.

Auch beim UTTC Raiffeisen Kennelbach denkt man international. Die beiden großen Bewerbe – Champions und Europa League, ähnlich wie im Fußball – sind wohl noch etwas entfernt, für die ETTU-Trophy hat man sich heuer allerdings angemeldet. Dort war man schon vergangene Saison am Start und wurde beim Vorrundenturnier im serbischen Novi Sad Zweiter von fünf Teams, womit der Aufstieg nur ganz knapp verpasst wurde. „Spitzensportler sind ehrgeizig, wir wollen ihnen die Chance, sich auch international zu messen, nicht vorenthalten“, erklärt Schuchter. „Außerdem ist es auch für unsere Fans und Sponsoren ein Goodie, auf das sich alle freuen.“

Bundesliga im Fokus

Zu Letzteren gehört die Raiffeisenbank am Hofsteig seit bereits mehr als 20 Jahren, eine auf vielen Ebenen gelebte Partnerschaft, von der beide Seiten profitieren. „Ein verlässlicher und wichtiger Partner, mit dem wir erst vor Kurzem wieder in die Verlängerung gegangen sind“, sagt Schuchter, dem vor allem eines am Herzen liegt: „Zwar ist unsere Bundesliga-Mannschaft das Aushängeschild des Vereins. Wir sind aber viel mehr als das, betreiben insgesamt sechs Mannschaften in allen Altersklassen und haben mehr als 70 aktive Mitglieder. Uns geht es darum, den Spitzensport und die dadurch entstehende Bekanntheit dafür zu nutzen, um auch beim Breitensport beste Bedingungen bieten zu können.“ Und auch die Aspekte des Vereinslebens wie Geselligkeit und gemeinsame Aktivitäten sollen dabei nicht zu kurz kommen.

Trotzdem steht natürlich in diesen Tagen die Bundesliga im Fokus. Am vergangenen Wochenende stand das Auftaktspiel gegen Stockerau auf dem Programm, am 18. September geht es mit dem Auswärtsspiel in Salzburg weiter. Was die langfristige Zielsetzung angeht, hat Schuchter, im zivilen Leben Chief Sales and Marketing Officer bei der Generali Versicherung, zwei Wünsche: „Zum einen, dass wir uns im Mittelfeld der höchsten Spielklasse halten können. Und zum anderen, dass wir bald wieder einen Top-Spieler aus Vorarlberg in unseren Reihen haben.“

AusgabeRZ36-2023

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