Dem Klima gerecht werden

Als energieintensiver Veredler agrarischer Rohstoffe ist die Agrana bisher Teil des Problems beim Klimawandel. Nun bricht der Konzern den Weg in Richtung Klimaneutralität auf, um Teil der Lösung zu werden.

Mit dem Pariser Klimaschutzabkommen steht die Obergrenze für den Klimaschutz völkerrechtlich verbindlich fest: Die Erderwärmung soll auf deutlich unter zwei Grad, wenn möglich auf 1,5 Grad, begrenzt werden. Der Sektor Energie und Industrie ist der größte Emittent an Treibhausgasen in Österreich. Grund genug für den Agrana-Konzern, um Verantwortung zu übernehmen und zur Erreichung der Klimaziele einen Beitrag zu leisten. In den vergangenen zwei Jahren wurde ein Plan mit konkreten Projekten entwickelt, um bis 2040 CO2-Neutralität in der Produktion zu erreichen. Bis 2050 sollen auch die in der vorgelagerten Wertschöpfungskette entstehenden Emissionen netto-null und die Produkte damit klimaneutral sein.

„Agrana bekennt sich zur Dekarbonisierung bis 2050“, betont Johann Marihart bei seinem letzten Pressegespräch in der Funktion als Vorstandsvorsitzender der Agrana Beteiligungs AG. Als einer der längstdienenden Konzernlenker in Österreich geht er nach 29 Jahren als CEO des Frucht-, Stärke- und Zuckerkonzerns im Alter von 70 in Pension. Davor begleitete er unter anderem noch die Planung der stufenweisen Umsetzung der Agrana-Klimastrategie.

„Unsere Produkte, wie Bioethanol, Thermoplastische Stärken und Eiweißfuttermittel leisten durch den Ersatz fossiler Produkte und Erzeugung in einer Kreislaufwirtschaft bereits heute einen bedeutenden Klimaschutzbeitrag“, so Marihart. Weitere Energieeffizienzmaßnahmen in der Produktion würden auf Basis heute verfügbarer Technologien nur einen begrenzten Beitrag zur Dekarbonisierung leisten können. „Nur durch einen Umstieg auf erneuerbare Energieträger kann bilanzielle CO2-Neutralität erreicht werden.“

Technikvorstand Norbert Harringer konkretisiert, dass die Agrana bis 2040 die Treibhausgasemissionen der eigenen Produktionsanlagen auf Netto-Null reduzieren wolle. Hier geht es um sogenannte Scope 1-Emissionen wie direkte Emissionen aus dem Einsatz von Primärenergieträgern im Agrana-Produktionsprozess (vor allem Erdgas und Kohle) und Scope 2-Emissionen wie indirekte Emissionen durch den Einsatz von zugekauften Sekundärenergieträgern (v. a. Strom und Dampf). „Diese große Herausforderung soll in vier Teilschritten zu jeweils fünf Jahren bewältigt werden“, so Harringer.

Vollkommen klimaneutral

2050 schließlich sollen auch die sogenannten Scope 3-Emissionen Geschichte sein. Emissionen aus der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette wie dem Rohstoffanbau, Transport, Mitarbeitermobilität, Geschäftsreisen werden dann klimaneutral sein. Dafür soll spätestens ab 2030 ein strukturiertes Emissionsmanagement und Reduktionsmaßnahmen für die Lieferkette eingeführt werden – nach entsprechenden internen und externen Vorbereitungen. Die Agrana hat dahingehend schon ein Projekt zur strukturierten Erfassung auch der vorgelagerten Scope 3-Emissionen gestartet. Bis 2030 sollen gemeinsam mit Lieferanten und Partnern Reduktionsmaßnahmen entwickelt werden, um letztlich über die gesamte Kette CO2-neutrale Produkte anbieten zu können.

Minus 25 Prozent bis 2025

Als Erstes steht aber einmal das Zwischenziel der 25-Prozent-Reduktion bis zum Ende des Geschäftsjahres 2025/26 an. „Wesentliche Maßnahmen für die Erreichung dieses Zwischenziels werden neben laufenden Energieeffizienzmaßnahmen, der Ausstieg aus Kohle in den letzten beiden mit diesem Primärenergieträger betriebenen Werken sowie ein umfassendes Grünstrompaket sein“, so Harringer. Zwei Agrana-Zuckerfabriken – eine in der Slowakei und eine in Tschechien – werden derzeit noch mit Kohle betrieben. Der Kohleausstieg erfolgt in der Slowakei noch heuer, in Tschechien im Geschäftsjahr 2025/26.

„Ab 2025 wird Biomassenutzung statt Erdgas dann verstärkt in den Fokus unserer weiteren Dekarbonisierungsüberlegungen rücken“, so der Technikvorstand. „Rohstoffbestandteile mit niedrigem Proteingehalt, die bisher zu Futtermitteln verarbeitet wurden, könnten zukünftig energetisch genutzt werden – bestimmte wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen wie etwa einen entsprechenden CO2-Preis vorausgesetzt.“ Generell steht und fällt die geplante „Amortisationszeit“ der Klimaprojekte mit dieser Bepreisung. 63 Prozent der von Agrana geplanten Projekte zur Energieeinsparung haben einen Return on Investment bzw. eine Anlagenrentabilität von bis zu fünf Jahren, einen Zertifikatspreis von 50 Euro/EUA vorausgesetzt. Mit jeder Preiserhöhung der European Union Allowance (Emissionsberichtigungen in Form von handelbaren Zertifikaten) verbessert sich die Rentabilität der Projekte, wodurch wirtschaftliche Dekarbonisierungsmöglichkeiten beschleunigt werden.

Die meisten Emissionen verursacht die Agrana selbst in ihrem Stärkesegment mit 424.000 Tonnen CO2 im vergangenen Geschäftsjahr. Dahinter folgte die Zuckerproduktion mit 349.000 Tonnen und mit deutlichem Abstand der Fruchtbereich (mit Juice) mit 156.000 Tonnen. Bis 2025 sollen im Stärkebereich 23.700 Tonnen CO2 eingespart werden, im Zuckersegment 72.100 Tonnen und im Fruchtbereich 3.850 Tonnen.

Win-win-win

Alle Agrana-Zuckerfabriken und die österreichischen Stärkefabriken unterliegen dem EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS). CO2-Emissionen kosten derzeit mehr als 50 Euro je Tonne. Energieeinsparungsprojekte an EU-ETS-Standorten bringen also quasi eine Win-win-win-Situation – sie reduzieren nicht nur den Treibhausgasausstoß an sich, sondern auch die Energiekosten und ebenso die Zertifikatskosten. Auch werden Zertifikate frei für Übertragungen auf andere ETS-Standorte.

Ein internationaler CO2-Preis im Rahmen eines umfassenden weltweiten Emissionshandelssystems würde von der Agrana begrüßt werden, bekräftigen die beiden Vorstände Marihart und Harringer. Dieser würde Unternehmen Investitionsentscheidungen erleichtern und Konsumenten – über den höheren Preis von emissionsintensiven Produkten – helfen, die richtige Wahl im Sinne des Klimaschutzes zu treffen, so die Konzernverantwortlichen.

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