Liquidität auf dem Prüfstand

Das wirtschaftliche Umfeld hat sich stark verändert und damit auch die Verhältnisse bei Finanzierungen. Hubert Schenk, Firmenkunden-Leiter bei der RLB Tirol, spricht über aktuelle Herausforderungen im Liquiditätsmanagement.

Welche Entwicklungen bereiten Ihnen aktuell Sorgen?
Hubert Schenk: Die „goldene Finanzierungsregel“ besagt ja: „Langfristig gebundenes Vermögen soll langfristig finanziert werden, während kurzfristiges Vermögen, das sogenannte Umlaufvermögen, kurzfristig finanziert werden kann.“ In den letzten Jahren ist diese Regel der Fristenkongruenz in den Hintergrund getreten zugunsten von kostengünstigeren, kurzfristigeren Finanzierungen. Das belastet jedoch die Stabilität der Finanzierungsstruktur. Ein weiteres Phänomen, das diese Thematik verschärft hat, sind die reduzierten Ertragsergebnisse aufgrund der konjunkturellen Entwicklung der letzten beiden Jahre. Bei fehlender Liquidität aus den Gewinnen steigt dann wiederum der Bedarf an Überbrückungsfinanzierungen.

Sind viele Unternehmen davon betroffen?
Schenk: Dieses Phänomen betrifft eher mittlere bis größere Unternehmen, weil dort die „Ausoptimierung“ der Zinslandschaft sehr stark im Vordergrund gestanden ist. Das heißt, man hat für kurzfristige Finanzierungen eben niedrigere Zinsen zahlen müssen und damit Kosten gespart. Allerdings verbunden mit der Tücke der kurzen Laufzeit und der relativ rasch herannahenden Refinanzierung zu noch unbekannten Bedingungen.

Was kann das für Folgen haben?
Schenk: Das Worst-Case-Szenario ist, dass mein Unternehmen nicht mehr liquide ist, alle Rahmen ausgeschöpft sind und ich die kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen kann. Dazu kommt, dass ich durch das ungünstige wirtschaftliche Umfeld eventuell selber in eine schlechtere Bonitätsstufe falle, was es wiederum erschwert, neue Finanzierungen zu erhalten bzw. die Konditionen dafür deutlich erhöht. Das alles hat schon weitreichende Auswirkungen, etwa auch beim Förderwesen, weil man nur mit einer fristenkongruenten Finanzierungsstruktur entsprechende Förderungen abrufen kann. 

Sind sich Unternehmen dieser Herausforderungen bewusst?
Schenk: Es ist die Sensibilität teilweise gegeben, häufig herrscht leider ein sehr kurzfristiger Zugang. 

Was empfehlen Sie den Unternehmen?
Schenk: Wir empfehlen den Unternehmen insbesondere dann, wenn neue Geschäftszahlen vorliegen, sich mit ihren Firmenkundenbetreuern in Verbindung zu setzen, um ihre Finanzierungsstruktur einer Analyse zu unterziehen und daraus abgeleitet dann entsprechende Anpassungen vorzunehmen. Das Ziel sollte sein, stabilere Verhältnisse herzustellen und längerfristige Vereinbarungen zu treffen, vor allem, wenn es um die Finanzierung des Anlagevermögens geht. Damit schafft man sich Spielraum für unvorhergesehene Situationen, sodass man nicht schon für kleinste Beträge Überbrückungsfinanzierungen in Anspruch nehmen muss. 

Welche Instrumente gibt es dafür?
Schenk: Die Lösung liegt wirklich in der individuellen Analyse, es gibt kein Patentprodukt. Das Entscheidende ist, dass man die Liquidität auf alle Fälle absichern und managen muss. Dafür empfiehlt es sich, eine rollierende kurz- und mittelfristige Liquiditätsplanung zu implementieren, um allfällige Zahlungsengpässe frühzeitig zu erkennen bzw. aussteuern zu können. Ein wesentlicher Weg dorthin ist eine stabile Finanzierungsstruktur bis in das langfristige Investitionsgut hinein. Man kann sich beispielsweise auch Spielräume durch Sale-and-Lease-back gemeinsam mit Raiffeisen-Leasing schaffen. Oder man verkauft Forderungen an die Raiffeisen Factor Bank, womit man sofort liquide Mittel lukriert, ohne die Zahlungsfristen der Kunden abwarten zu müssen. Für exportierende Unternehmen empfiehlt sich etwa auch das Vorratsinvest der Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB) als Absicherungsinstrument. Vor allem in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten ist eine Absicherung über Garantien und Kreditversicherung unbedingt empfehlenswert.

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