Raiffeisen ist zwar ein traditionelles Unternehmen, habe aber den Vorteil, den heute oft gesuchten Purpose, den Sinn und Zweck des Geschäftsmodells, schon längst gefunden zu haben, betont Michael Höllerer, Generaldirektor von Raiffeisen NÖ-Wien, bei der Eröffnung des dritten Jugendsymposiums im Wiener Raiffeisenhaus.
Dieser Raiffeisen-Purpose fußt auf der genossenschaftlichen Organisation: „Wir wollen, dass die Menschen in unserer Region vorankommen, dass wir gesellschaftspolitisch eine Rolle spielen. Wir wollen aber auch die Zukunft aktiv und innovativ gestalten“, umreißt Höllerer die Verantwortung gegenüber Region und Gesellschaft.
Um auch künftig Lösungen für die Herausforderungen der Zeit bieten zu können, „müssen und wollen wir uns öffnen, um neue Ideen ins Unternehmen hereinzubringen“. Dafür gebe es keinen besseren Weg, als direkt mit den jüngeren Generationen in Kontakt zu treten, sich auszutauschen, zuzuhören und gemeinsam diese neuen Ideen weiterzuentwickeln. Gerade deshalb seien Veranstaltungen wie das Jugendsymposium ein besonderes Anliegen für Raiffeisen, unterstreicht Höllerer.
Nachhaltige Veränderung
Welche Bedürfnisse und Wünsche die nachrückenden Generationen haben und zu welchem Kultur- und Wertewandel diese in der Gesellschaft und Wirtschaft führen, weiß Steffi Burkhart, Autorin und Expertin der Generationen Y und Z. Die Generationen Y (Millenials, 1980–1995), Z (1995–2010) und Alpha (ab 2010) sind heute in der Gesellschaft quantitativ in der Minderheit, qualitativ aber von großer Bedeutung, sagt Burkhart: „Denn es werden ihre Ideen sein, um weltweit relevante Probleme anzupacken und Lösungen dafür zu entwickeln.“
Die Mind- und Skillsets der nachrückenden Generationen werden zudem die Art und Weise, wie Menschen zukünftig arbeiten und leben, nachhaltig verändern, ist Burkhart überzeugt. Deshalb wollen auch immer mehr Unternehmen verstehen, wie junge Menschen „ticken“. Nur so könne man sich als attraktiver Arbeitgeber positionieren und die jungen Generationen auch längerfristig im Unternehmen halten. „Weil wir heute wissen, die Wechselbereitschaft der Jungen ist groß. Deren Möglichkeiten sich zu verwirklichen sind enorm.“
Den Teilnehmern am Jugendsymposium rät die Expertin: „Fordert die Unternehmen auch tatsächlich heraus!“ Viele Unternehmen würden heute noch „im Modus der Erfahrung“ agieren. „Mit Erfahrung alleine kann man aber keine Zukunft gestalten. Es braucht eure frischen Ideen, eure Fähigkeiten und Denkweisen in den Unternehmen.“ Damit neues Denken und Innovationen wachsen können, reiche ein Umfeld mit mittelmäßigen Führungskräften nicht mehr aus, mahnt Burkhart: „Es braucht Menschen, die andere inspirieren, fordern und fördern können und gleichzeitig ein Umfeld schaffen, in dem man sein Talent und Potenzial einbringen kann und neue Ideen entstehen können.“
Von innen heraus
„Warum machen wir, was wir tun? Was ist der Beitrag, den ich leiste? Was will ich in meiner Lebens- und Arbeitszeit eigentlich umsetzen?“ – Die nach-rückenden Generationen reflektieren mehr, hinterfragen und sind kritischer auch sich selbst gegenüber. Immer auf der Suche nach dem Purpose, dem Sinn und Zweck des eigenen Handelns.
Viel wichtiger als externe Antreiber wie Status und Nutzen ist für die nachrückenden Generationen also die intrinsische Motivation, der Antrieb von innen heraus. Hier spielt vor allem die Frage nach dem eigenen Beitrag eine große Rolle: „Was leiste ich oder mein Unternehmen Positives?“ Gleichzeitig steigt in einer immer stärker individualisierten Gesellschaft der Wunsch nach Zugehörigkeit und Gemeinschaft. „Das heißt, die Erfüllung erleben wir in der Zuwendung zu anderen“, erläutert Steffi Burkhart und fügt hinzu: „Eigentlich etwas, das sich in einer genossenschaftlichen Struktur großartig abbilden lässt.“ Ein ebenso wichtiger innerer Treiber sei die Leidenschaft, das Wissen um das eigene Talent, das zu machen, was einem Energie gibt und nicht nimmt. Die Unternehmen haben nun die Aufgabe, ein Umfeld zu schaffen, das auf diese Purpose-Dimensionen einzahle.
„Die Welt steckt in einem Umbruch. Wir befinden uns in einer Transformationsphase in ein neues Zeitalter. Dafür brauchen wir neue Lösungen. Wir können nicht mehr aus der Vergangenheit heraus die Zukunft gestalten. Also seid CEO Eures eigenen Lebens“, motiviert Burkhart die Teilnehmer am Jugendsymposium.
Offen bleiben
„Innovation ist kein Selbstzweck und sie kommt auch nicht von alleine. Wir müssen etwas dafür tun. Die 20er- und 30er-Jahre werden die heftigsten Jahrzehnte der Menschheitsgeschichte. Und wir müssen daran mitarbeiten“, sagt Futurist und Innovationsexperte Nick Sohnemann. Ob smarte Brillen, Kleidung aus dem 3D-Drucker, selbstfahrende Autos, Roboterkoffer, Flugtaxis oder intelligente Mülleimer – innovative Ideen sorgen für Inspiration: vom Laufschuh zum Mieten über virtuelle Mode bis hin zum Metaverse und zur Künstlichen Intelligenz.
Ein Zukunftsbild, das für Begeisterung sorgen soll, von älteren Generationen aber meistens nur kopfschüttelnd abgewunken wird. „Eure Eltern sind nicht mehr davon überzeugt, dass sich die Welt noch ändert“, verdeutlicht Sohnemann den Teilnehmern am Jugendsymposium und appelliert: „Werdet nicht solche Haudegen, sondern bleibt offen für Neues, neugierig und positiv.“
Auch Steffi Burkhart bekräftigt abschließend: „Es gab noch nie eine Zeit, in der junge Menschen so viele Möglichkeiten und Chancen hatten. Lasst Euch nicht entmutigen. Folgt Eurer inneren Stimme, traut Euch, seid experimentierfreudig. Und lasst Euch von anderen Menschen nicht abhalten, hinterfragt sehr kritisch, von wem ihr in Eurem Leben Ratschläge annehmt und von wem nicht.“
Wenn man den Mut hat, neue Wege zu gehen, wird man wohl oder übel auch einmal stolpern und hinfallen. „Aber das gehört dazu, aus Fehlern lernt man“, sagt Michael Höllerer und rät zur Zuversicht: „Es geht immer weiter, es gibt immer einen Weg voran. Irgendwo öffnet sich immer eine Tür. Habt Mut und Zuversicht. Entsprechend dem heutigen Motto ‚Think Big‘: Denke groß, traue Dir etwas zu, mache etwas Außergewöhnliches!“