Attnang Athletics: Entwicklung vor Pokale

Die Attnang Athletics haben Anlauf genommen, um sich mit voller Kraft wieder unter den besten Baseballvereinen in Österreich zu etablieren. Dabei wurde der Nachwuchs gestärkt und ein neues Trainerteam installiert.

Manchmal muss man einen Schritt zurückgehen, um dann mit frischen Kräften zwei nach vorne machen zu können. Genau diese Überlegung wälzte man bei den Athletics, dem seit 1991 bestehenden Baseballverein aus Attnang-Puchheim, am Ende der Saison 2022. Und kam dabei zu einem – für viele – überraschenden Entschluss. „Wir haben uns entschieden, uns aus der Baseball Bundesliga zurückzuziehen und in der 2. Liga anzutreten“, sagt Obmann Sebastian Libiseller. „Abgänge, Spieler, die aufgehört haben – wir wären ganz oben nicht mehr konkurrenzfähig gewesen. Wir haben zwar einen großen Pool an starken Nachwuchstalenten, wollten die aber nicht verheizen. Das hätte uns langfristig vor Probleme gestellt.“

Eine mutige Entscheidung, die sich aber auch im Nachhinein als die richtige herausstellte. Denn das junge Team kam mit dem Niveau in der zweithöchsten Leistungsstufe wunderbar zurecht und gewann dort prompt die Meisterschaft. Und auch die Organisation dahinter konnte sich resetten und daran arbeiten, sich neu aufzustellen, um für die Herausforderungen der Zukunft gewappnet zu sein. Schließlich lebt der Klub vom Engagement weniger Freiwilliger, die ihre Freizeit dafür investieren, ein funktionierendes Vereinsleben auf die Beine zu stellen. Der gesamte Prozess der Umstrukturierung wird wohl auch noch etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen, sodass die Athletics auch die kommende Saison, die Mitte April beginnt, in der 2. Bundesliga verbringen. 

Leitbild-Update

„Wir haben uns ein Leitbild gegeben: Entwicklung geht vor Pokale“, erklärt Libiseller. Bedeutet: Wenn man heute entscheiden muss, ob man einen Euro lieber in die Ausbildung von Nachwuchs und Verbesserung der Infrastruktur steckt oder in die Akquise neuer Spieler, die die Wahrscheinlichkeit auf kurzfristigen Erfolg erhöhen, wählt man immer und mit voller Überzeugung den ersten Weg. „Wir halten es für besser, jungen Athleten Spielzeit zu geben und sie behutsam heranzuführen, als nach kurzfristigen Erfolgen zu lechzen. Wenn das funktioniert, ergeben sich langfristig die Erfolge von alleine.“

Mit Erfolgen kennen sie sich in Attnang-Puchheim aus. Bereits viermal gewann man den Staatsmeistertitel und durfte sich bester Verein Österreichs nennen. Deswegen weiß man dort auch, wie schwierig es ist, Triumphe am Reißbrett zu planen. „Baseball ist so komplex. Wenn da von der Zusammensetzung des Teams, über die Chemie innerhalb der Organisation, bis hin zum nötigen Flow nicht alles passt, hat man keine Chance“, sagt Libiseller. 

Was am Ende der Saison passieren würde, wenn man erneut den Titel in der 2. Bundesliga holt, vermag der 39-jährige Vater von drei Kindern nicht mit letzter Gewissheit zu sagen. Die Wahrscheinlichkeit, erneut auf den Aufstieg zu verzichten, ist aber hoch. „Wir würden es auch 2025 nicht schaffen, oben mitzuhalten, wenn wir uns auf einzelnen Positionen nicht mit externen Kräften verstärken würden. Das würde aber nicht unserer Philosophie entsprechen.“

Damen-Team als Vorbild

Damit diese Philosophie genau überwacht und eingehalten wird, wurde auch ein neues dreiköpfiges Trainerteam eingesetzt. Und zwar eines, das den Verein bereits lange von innen kennt und genau weiß, worauf man sich bei der Aufgabe einlässt. Athletics-Team-Manager ist David Burns, Headcoach Jimmy Jensen, Assistantcoach Andre Gruber – Namen, die in der heimischen Baseball-Szene bekannt sind und die ihrerseits dafür stehen, dass sie selbst den Weg gegangen sind, den sie jetzt von ihren Spielern verlangen. „Sie mussten selbst erst einmal einen Reifeprozess durchlaufen und wollen in ihrer Trainerkarriere jetzt den nächsten Schritt gehen. Zum Glück für uns haben sie sich entschieden, das gemeinsam bei uns zu tun“, sagt Libiseller erfreut. „Das passt perfekt zusammen.“

Das interne Ziel lautet, die größten Talente aus dem Jugendbereich weiter zu fördern und sukzessive in die Kampfmannschaft einzubauen. Ein Ansatz, den man beim eigenen Damen-Team bereits erfolgreich vorexerziert hat. Denn bei den Athletics Ladies gibt es bereits vier, fünf Spielerinnen im Alter zwischen 14 und 16 Jahren, die reif für höhere Aufgaben sind. Auch die Damen spielen aktuell in der zweithöchsten Leistungsstufe und wurden vergangene Saison am Ende Dritter, obwohl sie den Grunddurchgang noch auf Platz eins abgeschlossen hatten. Libiseller: „Am Ende war es die Geschichte, dass es uns nicht gelungen ist, genau am Stichtag unser volles Potenzial abzurufen. Das muss man bei einem jungen Team aber in Kauf nehmen.“ Fakt ist jedenfalls, dass die Damen ein oder zwei Jahre Vorsprung gegenüber den Herren haben und den Sprung in die Bundesliga vielleicht sogar früher in Angriff nehmen könnten.

Um dieses Ziel auch für die Herren zu realisieren, ist das sportliche Abschneiden übrigens nicht die alles entscheidende Komponente. Denn da die Bundesliga mit derzeit fünf Teams „unterbesetzt“ ist und eigentlich lieber mit sieben oder acht Mannschaften spielen würde, wäre man einem Ansinnen aus Attnang-Puchheim, wieder mitzuspielen, wohl nicht abgeneigt. Was natürlich auf der sportlichen Seite etwas Druck rausnimmt und Zeit einräumt, sich an allen Fronten wie gewünscht aufzustellen.

Treue Partnerschaft

Den sportlichen Ambitionen für die kommende Saison tut das allerdings keinen Abbruch, wiewohl der Weg zur Titelverteidigung ein durchaus langer ist. „Wenn wir am Ende der Saison die Meisterschaft knapp verpassen und Zweiter oder Dritter werden, stürzen wir nicht ins Tal der Tränen“, sagt Libiseller, der seit Ende der 90er-Jahre Mitglied beim Verein ist. „Als ich dazukam, war Raiffeisen als einer der wichtigsten Sponsoren schon mit an Bord. Da kann man wirklich von einer langen und treuen Partnerschaft sprechen.“ Aktuell ist die 2. Bundesliga in eine Ost- und eine West-Division aufgeteilt, insgesamt 20 Spiele sind im Grunddurchgang zu absolvieren. Nur wenn man in seiner Division einen der ersten beiden Plätze einnimmt, qualifiziert man sich für die Play-offs, in denen der Titel ausgespielt wird.

Ein durchaus mühsames und intensives Unterfangen – dass die Athletics vor so etwas nicht zurückschrecken, haben sie mit ihrer mutigen Entscheidung ja bereits bewiesen.

AusgabeRZ11-2024

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