Wer bestellt, bezahlt auch

Mieter müssen ab dem nächsten Jahr keine Maklergebühren mehr bezahlen. Dafür sorgt in Zukunft das sogenannte Bestellerprinzip. Vermieter und Makler erwartet damit ein umstrittener Paradigmenwechsel.

Altbau mit offener Tuer
„Wenn ein Vermieter als erster Auftraggeber einen Immobilienmakler mit der Vermittlung eines Wohnungsmietvertrags beauftragt hat, kann der Makler nur mit ihm eine Provision vereinbaren", steht im Gesetzesentwurf. (c) Adobe Stock

Wer ab 2023 eine Wohnung mietet, muss nicht die Maklerprovision zahlen. Die Bundesregierung führt, wie im Koalitionsabkommen vereinbart, das „Bestellerprinzip“ ein. Derjenige, der den Wohnungsmakler beauftragt, soll diesen künftig auch bezahlen, sagt Justizministerin Alma Zadic (Grüne). Es geht um 50 Mio. Euro jährlich, die nun Vermieter und nicht mehr Mieter zahlen sollen. In der Regel beträgt die Provision zwei Monatsmieten. Vor allem für einkommensschwache Familien und Studierende sei die Provision eine enorme finanzielle Herausforderung, betont Zadic. Da jede dritte Mietwohnung nach Ende der Befristung neuvermietet werde, fallen für viele Menschen immer wieder Maklergebühren an, so die Ministerin. „Es ist eine große Ungerechtigkeit, für eine Dienstleistung zu bezahlen, die man nicht selbst beauftragt hat.“

Der ausgehandelte Gesetzesentwurf befindet sich derzeit mit einer sechswöchigen Frist in Begutachtung. Ab Ende dieses Jahres bzw. Anfang 2023 soll das neue Prinzip „voll“ gelten, so die Ressortchefin. Für Vermieter wird es nach Inkrafttreten der Novelle noch eine Übergangsfrist von sechs Monaten geben, denn man habe aus den Fehlern, die in Deutschland passiert seien, gelernt. Dort existiert das Prinzip bereits seit 2015 – und konnte nach Angaben Berlins „größtenteils“ durchgesetzt werden. ÖVP-Bautensprecher Johann Singer begründete die Übergangsfrist mit einem Paradigmenwechsel, auf den sich die Immobilienbranche einstellen müsse.

Immobilienwirtschaft warnt

Das Bestellerprinzip war eine jahrelange Forderung von Mieterschutzorganisationen. Auch Arbeiterkammer und SPÖ drängten mehrfach darauf. Widerstand kommt aus der Immobilienwirtschaft, dessen Verband (ÖVI) erklärt, mit dem Bestellerprinzip würden Arbeitsplätze ruiniert und die Wohnungssuche erschwert, den Maklern die Geschäftsgrundlage entzogen. Auch die Wirtschaftskammer geht davon aus, dass tausende Arbeitsplätze wegfallen werden, weil Vermieter künftig ihre Wohnungen selbst vermieten werden, anstatt kostenpflichtig einen Makler zu beauftragen. In Österreich sind rund 5.500 Immobilienmakler mit etwa 10.000 Mitarbeitern aktiv. „Bei näherer Betrachtung gibt es mit dem Bestellerprinzip nur Verlierer“, sagt WKO-Branchensprecher Georg Edlauer. Zu befürchten seien Leerstände und illegale Ablösen.

Raiffeisen-Makler sind vorbereitet

Peter Weinberger Nikolaus Lallitsch
Peter Weinberger und Nikolaus Lallitsch sehen das Leistungsspektrum der Raiffeisen-Makler von der Neuerung ungefährdet. (c) APA/Hörmandinger

Das Bestellerprinzip führt jedenfalls zur Abkehr von der bisher üblichen Doppelmakler-Tätigkeit. Mit dieser Änderung ist der Immobilienmakler zukünftig von Gesetzes wegen für den Vermieter, als Besteller der Dienstleistung, tätig. „Als Markt- und Kompetenzführer werden wir unsere Kunden weiterhin bestmöglich beraten und sie durch den immer dichteren Paragrafen-Dschungel im Bereich Mietrecht, Wohnbauförderung usw. lotsen“, betonen die Sprecher von Raiffeisen Immobilien Österreich, Peter Weinberger und Nikolaus Lallitsch. „Die Maklerdienstleistung, wie wir sie verstehen, besteht ja nicht (nur) in der Bekanntgabe einer Adresse und im Wohnungstüre aufsperren, sondern umfasst Beratung in Fragen der richtigen Mietzinsbildung, der Marktbeobachtung, der rechtmäßigen Befristung, des Kautionserlages, der Gestaltung von Instandhaltungsregeln, der Bonitätsprüfung und vieles mehr.“ Für diese Dienstleistungen besteht natürlich weiterhin eine Entlohnung in Form einer Provision, die zukünftig aber eben der Auftraggeber bezahlen muss.

Falls sich viele Makler aufgrund des Bestellerprinzips aus dem Mietenmarkt zurückziehen, könnte das zu Lasten privater Vermieter gehen, die oft auf die Beratung des Maklers, etwa in Rechtsfragen oder Bonitätsprüfungen angewiesen sind, warnen Weinberger und Lallitsch. Zu Lasten des Mieters gehen vermutlich der Entfall von Beratungsleistungen, wie zum Beispiel Aufklärungspflichten durch den Immobilienmakler, die bisher bestanden haben.

Sorgen bereite die Neuerung jedoch nicht: Die Raiffeisen Immobilienmakler haben ihr Leistungs-Spektrum bereits um digitale Services erweitert, beispielsweise in Form von digitalen 360-Grad-Rundgängen. „Wir sind daher auf die Veränderungen durch das Bestellerprinzip gut vorbereitet und werden unsere Dienstleistung weiterhin effizient und in gewohnter Qualität zum Wohl aller Kunden anbieten können“, so die beiden Experten. Bei Raiffeisen Immobilien liegt der Fokus ohnehin auf dem Verkauf. Provisionen aus Vermietungsgeschäften machen österreichweit unter zehn Prozent des Gesamtumsatzes aus. Daher rechnen die Raiffeisen-Makler nicht mit personellen und finanziellen Auswirkungen aufgrund des Bestellerprinzips.