Sinnlich und geheimnisvoll, mit einem gehörigen Touch von Exotik, blickt die ehemalige Filmikone ihrem Publikum von der Leinwand herab entgegen. Die 1914 in Wien geborene Schauspielerin Hedy Lamarr wollte jedoch stets mehr sein als ein glamouröses Sternchen am Hollywoodhimmel. Ein bekanntes Zitat spricht Bände: „Jedes junge Mädchen kann glamourös sein, es muss nur stillstehen und dumm gucken“, lautete eine ihrer im Laufe ihres Lebens getätigten scharfsinnigen Aussagen.
Die exotische Fremde
Trotz ihres durchbrechenden Intellekts und ihres teilweisen Hangs zur gnadenlosen Selbstreflexion war es der Leinwandschönheit nicht vergönnt, aus dem für sie geschneiderten Korsett auszubrechen. Bis auf wenige Ausnahmen blieb sie – entgegen ihren eigenen (für die damalige Zeit revolutionären) Versuchen, sich als Filmproduzentin mit Charakterrollen durchzusetzen – auf den Typus der exotischen Fremden beschränkt.
Mit ihrer Verkörperung einer der bekanntesten Femme fatale der Religionsgeschichte – der Geliebten Samsons, Delilah, in der Verfilmung des bekannten Bibelstoffes – erreichte sie letztendlich den Höhe- und zugleich Endpunkt ihrer Karriere. Wenige Jahre später zog sie sich in ihren 40ern (ein Alter, das in Hollywood für Frauen oft als das Ende der Karriere betrachtet wird) endgültig aus dem Filmgeschäft zurück.
Zu jenem Zeitpunkt hatte die Filmdiva bereits mit einer Drogenabhängigkeit zu kämpfen. Um den Vorstellungen des Studios entsprechend effektiver und schneller arbeiten zu können, war sie auf sogenannte „Vitaminspritzen“, in Wahrheit ein Cocktail mit Hauptbestandteil Amphetamin, angewiesen. „Erased by the same world that made her a star“ (ausgelöscht von der Welt, die sie zum Star machte) – 22 Jahre nach ihrem Tod griffen jene Zeilen in Johnny Depps „This is A Song für Miss Hedy Lamarr“ das Thema der ausbeuterischen Studios erneut auf.
Das mitunter tragische Leben der Schönheit – die als Vorbild für Walt Disneys Schneewittchen gegolten haben soll – dient offenkundig nach wie vor als Quelle der Inspiration. Anders ausgedrückt: Gute Geschichten haben keine Verfallsdaten. Davon kann man sich auch in „Hedy Lamarr. Hausfrau, Künstlerin und Wildfang“ im Möbelmuseum überzeugen. Die Palette an Anekdoten, mit denen man im Rahmen der Sonderausstellung auffährt, reicht vom ersten von ihr dargestellten Orgasmus der Filmgeschichte in „Ekstase“ über ihre als Dienstmädchen verkleidete abenteuerliche Flucht aus der Ehe mit Waffenproduzent Fritz Mandl aus Wien bis hin zum von ihr begangenen Ladendiebstahl Mitte der 1960er-Jahre.
Wunsch nach Neubeginn
Obwohl die Ausstellung kaum Unbekanntes zu bieten hat (mittlerweile sind zahlreiche Biografien zu Hedy Lamarr erschienen), wartet sie dennoch mit einigen interessanten Stücken aus dem Archiv des Sohnes, Anthony Loder, auf. Ein Originaldirndl etwa, mehrere in ihren späten Lebensjahren von ihr selbst gefertigte Zeichnungen, Briefe und zahlreiche Bilder, die Hedwig Kiesler, wie Lamarrs Geburtsname lautete, im privaten Umfeld zeigen.
Täuschen lassen sollte man sich von der idyllischen Stimmung jedoch nicht. Bei vielen der Bilder handelt es sich um sogenannte Homestorys, die für die Vermarktung in der Öffentlichkeit bestimmt waren. In einem in Form eines Hauses gestalteten Displays sind unter anderem Aufnahmen zu sehen, die Hedy Lamarr und Ehemann Nummer drei (John Loder) von insgesamt sechs in vermeintlicher häuslicher Eintracht zeigen.
Ihrem Dasein als Hausfrau und dem Leben im glücklichen Familienverband machten allerdings immer wieder ihre Scheidungen einen Strich durch die Rechnung. Sich verändernde Lebensverhältnisse und der Wunsch nach Neubeginn führten zu Umzügen, deren recht stattliche Anzahl an der Außenseite der Installation dokumentiert wurde.
Zuletzt bezog sie ein Apartment in Florida, in dem sie von der Außenwelt abgeschirmt und durch zahlreiche Schönheitsoperationen mit stark verändertem Äußerlichem am 19. Jänner 2000 starb. Auch wenn es ihr nicht vergönnt war, sich in der Traumfabrik als Charakterdarstellerin durchzusetzen, so erlebte sie dennoch gegen Ende ihres Lebens einen erneuten Hype um ihre Person.
Erfinderin „Lady Bluetooth“
Aus „der schönsten Frau der Welt“ wurde wenige Jahre vor ihrem Tod „Lady Bluetooth“, wie Lamarr in der gleichnamigen Ausstellung im Jüdischen Museum 2020 bezeichnet wurde. Gemeinsam mit dem experimentellen Musiker und Komponisten George Antheil hatte sie während des Zweiten Weltkriegs, mit dem Ziel, Torpedos abhörsicher zu ihrem Ziel zu geleiten, die Technologie des Frequenzspringverfahrens entwickelt – und damit die Grundlagen der modernen Wi-Fi- und Bluetooth-Verbindungen geschaffen.
Inwieweit Hedy Lamarr mit ihrem als „Secret Communication System“ eingereichten Patent tatsächlich den Weg für jene Erfindung geebnet hat, ist bis heute allerdings stark umstritten, was wiederum nicht in das Bild von Hedy Lamarr als brillante Erfinderin passt, wie es seit den 1990er Jahren gerne vermittelt wird. Unbestritten ist – auch wenn sich hier die Geister über die Beweggründe scheiden –, dass ihre Erfindung als „Code Red“ eingestuft wurde. Ebenfalls belegt ist, dass Hedy Lamarr bereits seit ihrer Kindheit den Dingen auf den Grund gehen wollte und ein von ihrem Vater gefördertes Interesse und Verständnis für Technik besaß.
Inwieweit das Leben von Hedy Lamarr als intelligente und humorvolle Person, die sie gewesen sein dürfte, selbst in unserer heutigen nach wie vor von Schönheit und Jugendwahn beseelten Zeit anders verlaufen wäre, liegt wie so vieles im Bereich der Spekulationen. Trotz allem lässt sich an ihrem Leben viel über das Frauenbild in den 30er- und 40er-Jahren des vorigen Jahrhunderts ablesen. Ihre Geschichte bleibt ein faszinierendes Zeugnis für den unermüdlichen Drang, sich selbst zu verwirklichen und die gesellschaftlichen Grenzen, an die man dabei stößt. Vieles in Hedy Lamarrs Leben ist allerdings nach wie vor von Mythen umrankt, die freizulegen die Ausstellung nur bedingt die Anstrengung unternimmt.