„Wir sehen es als Chance“

2022 wurde in Österreich weniger Wachstumskapital zur Verfügung gestellt. Bei Elevator Ventures, der Venture Capital-Gesellschaft der Raiffeisen Bank International, will man die allgemeine Zurückhaltung nutzen, wie Geschäftsführer Maximilian Schausberger erklärt.

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Das Start-up-Barometer von EY sieht 2022 und 2023 eine Eintrübung. Die Venture-Capital-Investitionen in Start-ups sind in Österreich gesunken. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?
Maximilian Schausberger: Diese Eintrübung am Markt muss man in Relation zu 2021 sehen. Das Jahr 2021 war ein Ausreißer nach oben, sowohl was die Anzahl als auch die Höhe der Investments betrifft und auch die Höhe der Bewertungen. Die Anzahl an Unicorns und Mega-Rounds war 2021 außergewöhnlich. 2022 liegt ungefähr auf dem Level von 2020. Es ist also eine Rückkehr zur Normalität. Das allgemeine Wachstum hält aber an. Seit 2017 hat sich das Venture-Capital-Volumen in Zentral- und Osteuropa versiebenfacht. Diese Region ist im Venture-Capital-Bereich in ganz Europa am stärksten gewachsen. Einen ähnlichen Trend kann man sicher auch für Österreich voraussetzen. 

Sie sehen also weitere Wachstumsmöglichkeiten?
Schausberger: Wir sehen immer noch großes Potenzial. In Österreich und Zentral- und Osteuropa ist immer noch zu wenig Wachstumskapital vorhanden, im Vergleich zu Westeuropa und noch viel frappierender im Vergleich zu den USA. 

Hat sich bei der Investitionsbereitschaft von Elevator Ventures in den vergangenen Monaten etwas geändert?
Schausberger: Man muss zwei Dinge unterscheiden. Wir haben einerseits unser bestehendes Portfolio, da sind wir sehr gut unterwegs. Wir unterstützen unsere Beteiligungen natürlich in dieser Phase, wo eben nicht mehr so viel Geld am Markt ist. In den Gesprächen mit den Gründern geht es jetzt immer mehr darum, wie profitabel ist das Geschäftsmodell und was kann man tun, um rascher in die Profitabilität zu kommen. Gewisse Kosten und Investitionen ins Wachstum werden hinterfragt. Wir haben aber schon immer die Profitabilität im Fokus gehabt, insofern hat sich da für uns nicht viel geändert. Der klare Weg zur Profitabilität ist für uns eine Grundvoraussetzung für ein Investment.

Wie sieht es mit neuen Investitionen aus?
Schausberger: Mit Elevator Ventures und der RBI und der Raiffeisengruppe im Hintergrund können wir gerade in der Wachstumsphase den Start-ups extrem helfen, nicht nur mit Geld, sondern auch mit dem Know-how, wie man Produkte international skaliert. Wir sehen immer noch viele gute Investmentmöglichkeiten und wollen die auch zukünftig verfolgen, auch 2023. Bei neuen Investments muss der Weg Richtung Profitabilität ebenfalls klar sein. Gerade bei den Technologietrends sehen wir neue attraktive Möglichkeiten, etwa im Bereich Artificial Intelligence, kombiniert mit Themen wie Green Finance. Immer öfter finden auch Start-ups aus anderen Branchen Interesse an uns als Investor. Das Thema Embedded Finance, also wie kann man Finanzlösungen smart in ein Produkt einbauen, ist ein ganz heißes Thema. So haben wir im Vorjahr bereits Investments gemacht in Mobility, Logistik und landwirtschaftlichen Bereich. Wir sehen immer mehr Möglichkeiten, über den reinen Fintech-Bereich hinaus, in anderen Bereichen zu investieren.

Porträt von Maximilian Schausberger

Der klare Weg zur Profitabilität ist für uns eine Grundvoraussetzung.

Maximilian Schausberger

Begonnen hat Elevator Ventures 2018 mit ersten Investments. Wo steht man heute?
Schausberger: Wir haben knapp 25 Mio. Euro direkt in aktuell elf Start-ups investiert – drei Beteiligungen haben wir bereits erfolgreich verkauft. Und wir haben knapp 20 Mio. in andere Fonds – etwa bei Speedinvest – investiert. 

Elevator Ventures ist Teil der Innovationsstrategie der RBI. Was hat dieses Vehikel bereits gebracht? 
Schausberger: Wir haben einerseits das Ziel, mit unseren Investments Rendite zu erzielen. Das hat bisher gut funktioniert. Wir sind ja erst im vierten Jahr und eigentlich läuft ein Venture-Capital-Fonds über fünf bis zehn Jahre. Das zweite ist natürlich die Innovationsagenda, wo man als Bank frühzeitig und nahe an diesen innovativen Gründern, an den Technologien und Geschäftsmodellen dran sein will. Wir haben bereits zahlreiche Möglichkeiten gefunden, wo Start-ups mit der Bank und dem Raiffeisen-Netzwerk zusammenarbeiten können oder die Lösungen unseren Bankkunden anbieten können. 

Wenn die anderen Investoren zurückhaltender geworden sind, ist das für Elevator Venture positiv?
Schausberger: Ja, wir sehen es als Chance. Es gibt momentan gute Investmentmöglichkeiten, weil die Bewertungen wieder auf ein gesundes Level zurückgegangen sind und es viele Start-ups mit guten Ideen gibt. Historisch betrachtet ermöglichen Zeiten, in denen ein Abschwung am Markt war, den Aufbau von Venture Capital-Portfolios mit überdurschnittlicher Performance. In den nächsten Monaten sehen wir diese Opportunity.

Im Vorjahr ist Elevator Ventures sechs neue Beteiligungen eingegangen. Wie viele werden aktuell geprüft?
Schausberger: Wir haben eine sehr dynamische Pipeline. Wir schauen uns wöchentlich mehrere neue Investmentmöglichkeiten im Detail an und sind zuversichtlich, dass wir in den nächsten Monaten wieder neue Investments machen werden.

Wann wird das Start-up-Barometer wieder steigen? Mit welcher weiteren Entwicklung rechnen Sie?
Schausberger: Wir haben gesehen, dass diese Verlangsamung am Markt, die jetzt passiert, sehr stark mit den Zinserhöhungen in den USA, aber auch in Europa zusammenhängt. Wenn es wieder zu einer Stabilisierung der Inflation, der Zinsen, der gesamten makroökonomischen Lage in unserer Region kommt, dann wird es wieder bergauf gehen.