Finanzbildung in Schulen gefordert

Den Gender-Gap beim Finanzwissen diskutierte eine Expertinnenrunde an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Weibliche Hände an einem Tisch mit Taschenrechner, Zettel und Stift als Symbolbild für Finanzbildung
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Um bei den finanziellen Aspekten des Lebens auf sicheren Beinen zu stehen, ist Finanzwissen und -bildung unumgänglich. Der Bedarf danach ist in Österreich nach wie vor groß. Vor allem Frauen sind bei diesem Thema in der Regel unsicherer als Männer, zeigen Finanzwissenstests weltweit und auch in Österreich. Die Hintergründe des „Gender-Gaps in der Finanzbildung“ wurden in einer Expertinnenrunde aus Forschung und Praxis auf der Wirtschaftsuniversität Wien diskutiert.

Maria Silgoner, Ökonomin der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), strich hervor, dass besseres Finanzwissen das Risiko reduziere, sich zu verschulden. Für Bettina Fuhrmann, Universitätsprofessorin für Wirtschaftspädagogik an der WU Wien, stehe im Vordergrund, wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen, was ermögliche, selbstständige und reflektierte ökonomische Entscheidungen zu treffen. Doris Zingl, Leiterin des Bereichs Recht beim Bankenverband und Gründerin der „Gender Diversity Initiative“ desselben, strich hervor, dass lediglich 44 Prozent der Frauen sich für Geld- und Finanzthemen interessierten, während es bei Männern 69 Prozent seien. Dieses geringere Interesse bei Frauen schockiert sie: „Das bedeutet, dass Frauen weniger die Chance haben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Finanzbildung ist der Schlüssel, um richtige und passende Entscheidungen zu treffen“, kommentierte Zingl. Sie setze sich dafür ein, das Thema Finanzbildung und -wissen auf der Prioritätenliste von Frauen nach oben zu schieben. 

Mangelndes Wissen und Risikoscheu

Ähnlich sah es Wirtschaftspädagogin Fuhrmann: „Es ist gerade für eine Forscherin erschütternd festzustellen, dass in de facto allen Ländern der Welt, wenn man das Finanzwissen von Männern und Frauen vergleicht, die Frauen signifikant schlechter abschneiden.“ Die gute Nachricht dabei sei aber, dass der Unterschied nicht so groß sei, dass man von vornherein annehmen könne, Frauen würden sich bei Finanzthemen nicht auskennen. Lange habe man nach einer Subgruppe von Frauen gesucht, wo der Gap zu den Männern verschwinde. „Es waren weder die besonders gebildeten Frauen, wo der Gap verschwunden wäre, noch die jungen, sondern jene Frauen, die im Leben auf sich selbst gestellt sind“, berichtete die Wissenschafterin. Das bedeute, „wenn eine Frau es muss, sie es auch kann“.

Hinter dem Gap stecke aber nicht nur mangelndes Wissen, sondern auch eine gewisse Risikoscheu. „Frauen haben oft gar nicht wenig Wissen, aber sie seien sich unsicher darüber und sagen dann im Zweifelsfall, dass sie es nicht wüssten. Das Raten oder die Einstellung ,wird schon stimmen’ ist bei Frauen geringer ausgeprägt als bei Männern“, berichtete die Wirtschaftspädagogin. Fuhrmann vermutet aber, dass der tatsächliche „Knowledge-Gap“ von Frauen gar nicht vollständig erfasst sei. Denn: „In der Regel wird eher einfaches Grundlagenwissen abgefragt. Wenn es in speziellere Bereiche geht wie Finanzierung, Kapitalanlage oder auch Zusammenhänge zwischen Zinsniveau und Anleihekursen, sagen Frauen in Interviews, dass sie sich besonders unsicher fühlen.“ 

Beachtliches Ergebnis

Interessant ist, dass Österreich im internationalen Vergleich über das Finanzwissen laut einer länderübergreifenden OECD-Untersuchung aus dem Vorjahr relativ gut abschneidet und mit 72 von 100 möglichen Punkten den zweitbesten Platz unter 40 Staaten einnimmt, berichtet Silgoner. Nur Deutschland hat mit 76 Punkten besser abgeschnitten, der OECD-Schnitt lag bei 53 Punkten. Auch dabei habe sich einmal mehr herausgestellt, dass der Gender-Gap in Österreich mit 7 Differenzpunkten beim Finanzwissen am größten war. Allerdings würden Frauen bei Einstellungsthemen zur finanziellen Verhaltensweise besser abschneiden als Männer. In Haushalten seien sie tendenziell eher dafür zuständig, dass Rechnungen bezahlt werden oder die laufende Geldversorgung funktioniere – etwa für die Kinder. Dagegen schneiden sie schlechter ab als Männer, wenn es um längerfristige Ziele geht.

Alle drei Expertinnen fordern, die Finanzbildung systematisch auszurollen, am besten mit einem eigenen Schulfach. Wenn Finanzbildung nicht systematisch verankert sei, werde die Weitergabe vererbt, kritisierte Zingl den aktuellen Zustand. Es gäbe derzeit zu viele Einzelinitiativen und nicht die große Bündelung, ergänzte Notenbank-Expertin Silgoner. In der Schule sei die beste Möglichkeit, alle zu erreichen. Es gehe darum, Frauen zu ermutigen, sich mehr zuzutrauen. „Die Main Message ist aber: Ein Mann ist kein Finanzplan!“, betonte Silgoner.