Die hohen Teuerungsraten machen die Menschen in Österreich real gesehen ärmer, obwohl die Nettoeinkommen im Vorjahr nominell um fast 11 Prozent auf 250,3 Mrd. Euro gestiegen sind, zeigen Berechnungen der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Abzüglich der Inflation blieben den Österreichern davon immerhin 3,3 Prozent in der Tasche und somit so viel wie schon lange nicht mehr. Dennoch schmolz das Finanzvermögen hierzulande 2022 laut OeNB um 10 Prozent und im ersten Halbjahr 2023 noch einmal um 7 Prozent. Auch das verfügbare Einkommen der Haushalte sank im Vorjahr um 10,3 Prozent auf 31,6 Mrd. Euro als Folge der geringeren Sparquote, aber auch des rückläufigen Kreditvolumens sowie geringerer Vermögenstransfers. Für heuer erwartet die Nationalbank ein geringeres Wachstum der nominellen Einkommen (7,4 Prozent) und des Konsums (8,2 Prozent). Und auch die Sparquote sollte weiter abnehmen – von 9,2 Prozent im Vorjahr in Richtung 7,9 Prozent.
Der im Vorjahr auf das Rekordniveau von 229 Mrd. Euro gestiegene Konsum (+13.5 Prozent) schränkte das Potenzial für finanzielle Investitionen ein, sodass um rund ein Fünftel weniger veranlagt wurde als 2021. Gekauft wurden vor allem Wertpapiere, während Einlagen in geringerem Maß aufgebaut wurden als zuletzt. Täglich fällige Einlagen wurden verstärkt in gebundene Einlagen umgeschichtet. „Erfolgreiches Sparen und Veranlagen war für private Haushalte selten so herausfordernd wie im aktuellen, von finanziellen Belastungen und geopolitischen Unsicherheiten geprägten Wirtschaftsumfeld“, konstatierte OeNB-Vize-Gouverneur Gottfried Haber bei der Präsentation der OeNB-Ergebnisse zum Finanzvermögen der Österreicher. Hintergründe für das gesunkene reale Finanzvermögen seien neben den negativen realen Renditen auch die hohe Energie- und Lebensmittelpreise sowie das noch aus der Pandemie nachwirkende Konsumbedürfnis.
Nach dem nominellen Rückgang des Finanzvermögens im Vorjahr um 22 Mrd. Euro auf 822 Mrd. Euro wurde heuer im ersten Halbjahr 2023 eine Erholung auf 838 Mrd. Euro verzeichnet. Betrachtet man die Entwicklung allerdings real, also ohne Inflation, dann betrage der Geldvermögensverlust im Vorjahr 10 Prozent und im ersten Halbjahr 2023 weitere 7 Prozent, strich Johannes Turner, OeNB-Direktor der Hauptabteilung Statistik, hervor.
Wertpapiere liegen im Trend
Mit 17,5 Mrd. Euro veranlagten die österreichischen Haushalte im Vorjahr deutlich weniger in Finanzinvestitionen als noch 2021 (22,3 Mrd. Euro) oder 2020 (27,4 Mrd. Euro). Dennoch setzte sich der Trend zu verstärkten Wertpapierkäufen auch 2022 mit einem Plus von 12 Prozent auf 9,8 Mrd. Euro fort. Im ersten Halbjahr 2023 lagen diese bei 7,2 Mrd. Euro. Gefragt waren vor allem verzinsliche Wertpapiere, die in den vergangenen vier Quartalen (bis einschließlich Q2/23) um insgesamt 6,25 Mrd. Euro gekauft wurden, wobei inländische Titel – und hier vor allen Bankenanleihen – dominierten. Ende Juni 2023 besaßen private Haushalte Wertpapiere im Ausmaß von 157 Mrd. Euro. Damit erreichte der Anteil am Gesamtvermögen bereits 19 Prozent.
Im Gegensatz dazu hat sich der Aufbau von Einlagen mit 5,7 Mrd. Euro in etwa halbiert. „Private Haushalte reagierten auf die Zinswende mit einer deutlichen Umschichtung von täglich fälligen Einlagen in Richtung gebundener Veranlagungsformen“, so Haber. Letztere wurden im ersten Halbjahr 2023 im Ausmaß von 10,4 Mrd. Euro aufgebaut, während täglich fällige Einlagen um 9,7 Mrd. Euro reduziert wurden. Im Bestand machen Einlagen mit 37 Prozent zwar nach wie vor den größten Anteil aus, verloren aber in der Geldvermögensbildung in den letzten Jahren an Bedeutung.
Leicht rückläufig zeigen sich derzeit die Verpflichtungen der österreichischen Haushalte, die sich im Juni 2023 auf rund 220 Mrd. Euro beliefen (Ende 2022: 222 Mrd. Euro). Unattraktivere Finanzierungskonditionen ließen vor allem das Interesse an Immobilienkrediten zuletzt spürbar nachlassen, hieß es.