Neues Dellinger-Werk macht fit & proper

Eine systematische Darstellung des Bankenaufsichtsrechts verfasste ÖRV-Syndikus Markus Dellinger. Über seine Beweggründe spricht er im Interview.

Markus Dellinger in seinem Büro
© RZ/Lovrinovic

Vor kurzem ist Ihr neues Werk „Bankenaufsichtsrecht für die Praxis“ erschienen. Was hat Sie dazu bewogen, dieses anspruchsvolle Buchprojekt anzugehen?
Markus Dellinger: Auslöser waren die vermehrten Fit-&-Proper-Tests der Finanzmarktaufsicht. Diese lädt ja in letzter Zeit auch bei Raiffeisenbanken immer öfter die handelnden Personen zu solchen Tests vor. Das betrifft nicht nur Geschäftsleiter, sondern auch Aufsichtsratsvorsitzende. Bei Raiffeisenlandesbanken war das schon früher üblich, aber bei Raiffeisenbanken ist das neu und sicher eine Herausforderung für jemanden, der schon längere Zeit nicht mehr die Schulbank gedrückt hat. Es ist wahrscheinlich ähnlich wie beim Autofahren. In der Praxis kann man es, aber trotzdem würde man nur ungern noch einmal zur theoretischen Prüfung antreten. 

Darf die FMA das überhaupt, Geschäftsleiter ohne besondere Verdachtsmomente einfach so noch einmal zu einer Prüfung vorladen?
Dellinger: Das ist eine gute Frage. Die FMA leitet ihre Berechtigung zu solchen Tests daraus ab, dass die nötige Qualifikation der Geschäftsleiter dauerhaft vorliegen muss. Auch dieser Ansatz hat aber gewisse Grenzen. Es gibt so etwas wie den Grundsatz der Einmaligkeit von Berufsberechtigungsprüfungen. Man muss nur einmal im Leben zur Anwaltsprüfung, zur Wirtschaftsprüferprüfung oder zum Beispiel zur Revisorenprüfung antreten. Danach genügt es, dass man seiner Fortbildungsverpflichtung nachkommt. Das respektiert in der Sache auch die FMA. Wenn man den Fit-&-Proper-Test einmal bestanden hat, wird man nicht ohne gröberen äußeren Anlass nach fünf Jahren erneut vorgeladen. Unser Problem ist, dass sehr viele Geschäftsleiter der Primärstufe noch nicht von der FMA getestet wurden. 

Wenn man vorgeladen wird, wie spielt sich das dann ab?
Dellinger: Ich selbst war da noch nie dabei, aber ich habe sehr viele Geprüfte über ihre Erfahrungen befragt. Und zwei Dinge haben sich dabei immer wieder gezeigt: Zum Ersten haben alle berichtet, dass die Atmosphäre des Prüfungsgesprächs sehr in Ordnung war. Zum Zweiten: Alle Kandidaten haben bisher berichtet, dass sie keine Chance gehabt hätten, die Prüfung ohne zu lernen zu bestehen. Man muss diesen Test wirklich ernst nehmen und sich intensiv darauf vorbereiten.

Und das neue Lehrbuch bietet dafür jetzt eine Grundlage?
Dellinger: Genau, das ist der Anspruch dieses Buches. Das Bankenaufsichtsrecht ist ja eine in alle Richtungen ausufernde Materie. Allein der Umfang der Gesetzes- und Verordnungstexte macht viele tausend Seiten aus. Das Lehrbuch gibt Orientierung in diesem Dschungel und dampft das alles ein auf einen reinen Textumfang von gerade einmal 175 Seiten. Da stehen die Dinge drin, die man wirklich braucht und die in einer Kreditgenossenschaft wichtig sind. 

Wenn man danach lernen will, muss man dann alles lesen?
Dellinger: Die Antwort hängt von der jeweiligen Bank und von der jeweiligen Funktion ab. Wer nicht Teil einer Kreditinstitutsgruppe ist und keinen Konzernabschluss nach IFRS aufstellen muss, kann zum Beispiel das Kapitel 16 über IFRS weglassen. Wer in einer Raiffeisenbank tätig ist, in der die Wertpapierberatung keine große Rolle spielt, wird seitens der FMA in der Regel nicht oder zumindest nicht sehr intensiv in Sachen WAG-Compliance befragt. Wer nicht in der Geschäftsleitung, sondern „nur“ im Aufsichtsrat einer Bank sitzt, braucht sicher nicht alle Risikogewichte für die diversen Risikopositionsklassen des Kreditrisikostandardansatzes herunterbeten können. Bei Banken ab 1 Milliarde Euro Bilanzsumme kommt der Prüfungsausschuss als Thema hinzu und bei Banken von erheblicher Bedeutung (5 Milliarden Euro Bilanzsumme, Anm.) noch die dann einzurichtenden weiteren Ausschüsse. In anderen Bereichen schadet es nicht, wenn man sie gelesen hat, aber man braucht sich nicht alle Details einzuprägen. 

Markus Dellinger (Hrsg.): Bankenaufsichtsrecht für die Praxis. Preis 59 Euro. 175 Seiten. ISBN: 978-3-7007-8832-4. LexisNexis.