Private Markets: „Infrastruktur braucht private Mittel“

Raiffeisen Capital Management sieht bei Private Markets viel Investitionspotenzial und erweitert die Private Markets-Produktpalette um „Private Infrastructure“. CEO Hannes Cizek und Portfoliomanager Lukas Fasching erklären die Ziele.

Warum erweitert Raiffeisen Capital Management die bestehende Produktpalette um Private-Markets-Fonds?
Hannes Cizek: Private Markets sind seit vielen Jahren als Anlageformen etabliert und als Asset-Manager von Raiffeisen wollen wir diese Produkte auch anbieten. Der Haupttreiber ist die gestiegene Kundennachfrage, insbesondere von unseren institutionellen und professionellen Investoren. Dabei gibt es bis dato von österreichischen Anbietern kein derartiges Produkt am Markt.

Raiffeisen Immobilienfonds gibt es schon.
Cizek: Ja, die Raiffeisen Immobilien KAG managt für institutionelle Kunden Immobilien-Spezialfonds. Real Estate und Private Infrastructure sind artverwandte Assetklassen und zählen zu den Private Markets. Und das ist auch der Grund, warum wir das Portfoliomanagement für den „Raiffeisen Capital Private Infrastructure I“, der neuen Assetklasse, in unserer Immobilien-KAG angesiedelt haben. 

Für wen sind Private-Market-Fonds attraktiv?
Cizek: Unser Fokus liegt zunächst bei den institutionellen und semi-institutionellen Kunden, also professionellen Anlegern. Aber wir denken bereits darüber nach, wie wir diese Investitionen mittelfristig auch für Privatkunden öffnen können, weil dort die Nachfrage ebenfalls gegeben ist und stetig steigt.  

Was charakterisiert einen Private-Markets-Fonds allgemein?
Cizek: Generell sind es Fonds und Assetklassen, die nicht an der Börse gehandelt werden. Es gibt eine Vielzahl an verschiedenen Verwendungsarten, die vier wichtigsten in Europa sind Immobilien, Private Equity, Private Debt und eben Private Infrastructure.

Warum widmet man sich nun dem Thema Infrastruktur? 
Lukas Fasching: Zum einen ist die Kundennachfrage hoch, und zum anderen tut sich investitionsseitig viel. Deutschland hat beispielsweise vor kurzem ein Investitionspaket in dreistelliger Milliarden-Höhe für den Infrastrukturbereich angekündigt. Darüber hinaus bieten Megatrends von der Dekarbonisierung bis zur Digitalisierung viel Investitionspotenzial. Der Erhalt und die Erneuerung der bestehenden Infrastruktur – vom Energie- bis zum Schienennetz – verlangen zudem größere Investitionen, denen der öffentliche Sektor oft nicht oder nur in Teilen alleine nachkommen kann. Wir wollen einen Beitrag leisten und unseren Investoren mit dem neuen Fonds die Möglichkeit geben, an interessanten Investitionsmöglichkeiten zu partizipieren.  
Cizek: Der Fonds soll helfen, privates Kapital zu mobilisieren. Gerade in Europa herrscht ein Mangel an privaten Geldern, die in Infrastrukturprojekte fließen. Der Fonds wird deshalb auch ganz klar mit dem Fokus auf Europa investieren.

Nach welchen Kriterien werden die Projekte für den „Raiffeisen Capital Private Infrastructure I“ ausgewählt? 
Fasching: Wir haben einen Multi-Strategie-Ansatz gewählt und wollen ein breit diversifiziertes Portfolio sicherstellen. Dabei werden wir sowohl in Bestandsprojekte als auch in Development investieren. Wir schauen uns natürlich die einzelnen Risiko-Rendite-Profile an und ESG-Kriterien spielen – wie man es von uns erwarten kann – ebenfalls eine wesentliche Rolle, weil es ein nachhaltiges Produkt nach Artikel 8 ist. 

Lukas Fasching erklärt, warum man sich beim ersten Produkt für eine Partnerschaft mit GCM Grosvenor entschieden hat.
Lukas Fasching erklärt, warum man sich beim ersten Produkt für eine Partnerschaft mit GCM Grosvenor entschieden hat. © Alexander Ziegler

Wie kommt man als „Neuling“ an private Infrastrukturprojekte heran?
Fasching: Der Schlüssel zu einem guten Produkt ist, dass es viel Dealflow gibt, also viele Transaktionen über den Tisch laufen, die wir sehen und über die wir entscheiden können. Dazu braucht man allen voran ein großes Netzwerk. Das war auch der Grund, warum wir uns bei unserem ersten Produkt für eine Partnerschaft mit dem weltweit erfolgreich agierenden, etablierten Asset-Manager GCM Grosvenor, die über 80 Milliarden in Private Markets managen, entschieden haben. So stellen wir sicher, dass wir den Zugang bekommen. 
Cizek: In privaten Märkten hängt sehr viel davon ab, im Markt präsent zu sein und ein Netzwerk nicht nur zu haben, sondern auch nutzen zu können. Im Immobilienbereich haben wir dieses Netzwerk, aber bei einem Datencenter in Deutschland beispielsweise fehlt uns das gänzlich, daher diese Partnerschaft. Aber wir wollen dieses Netzwerk Schritt für Schritt ausbauen. Das Portfoliomanagement wird jedenfalls in Wien sitzen.

Ist es das Ziel, später ohne Partner auszukommen?
Cizek: Ja, das ist das Ziel. Wir wollen eine umfangreiche Expertise in den nächsten Jahren aufbauen. 

GCM Grosvenor hat mehr als 20 Jahre Erfahrung auf dem Gebiet. Was sind die Erwartungen in Bezug auf Ertrag und Risiko?
Cizek: Die Renditeziele für unseren Fonds liegen bei 11 Prozent und mehr. Infrastruktur ist tendenziell eine weniger volatile Assetklasse im Private-Markets-Bereich. Die Projekte sind physisch, sie haben eine lange Laufzeit, fixe Abnahmeverpflichtungen und häufig gibt es einen staatlichen Stakeholder, etwa bei einer Autobahn. Das sind sehr vorhersehbare, langfristige Cashflows.  

Wie viele Infrastrukturprojekte stecken in diesem Fonds? 
Fasching: In voller Ausbaustufe können es über 100 Projekte sein, wobei es sich dabei in der Regel um Minderheitsbeteiligungen an einem Projekt handeln wird. 

Der „Raiffeisen Capital Private Infrastructure I“ ist als geschlossener Fonds gerade in der Fundraising-Phase. Wie viel Volumen wollen Sie bis zum Closing einsammeln?
Cizek: Unser Ziel sind mindestens 150 Millionen Euro. Heuer wollen wir ein First Closing mit 75 Millionen schaffen und die zweite Hälfte im Jahr 2026 raisen. 

Hat man das Interesse bei den institutionellen Kunden schon abgefragt?
Cizek: Ja, ab dem Zeitpunkt, als wir die Genehmigung von der luxemburgischen Aufsicht hatten. Schon jetzt haben wir eine Handvoll ernstzunehmender Interessenten.  

Warum ist der Fonds in Luxemburg aufgelegt?
Fasching: Luxemburg hat sich als europäischer Hub für Private Markets-Fonds etabliert. 

Hannes Cizek ist mit dem Prozess, dem Produktdesign und dem Team sehr zufrieden, aber nun kommt die Bewährungsprobe und die heißt Mittelaufbringung.
Hannes Cizek ist mit dem Prozess, dem Produktdesign und dem Team sehr zufrieden, aber nun kommt die Bewährungsprobe und die heißt Mittelaufbringung. © Alexander Ziegler

Wann wird die neue Produktschiene als Erfolg gewertet? 
Cizek: Wenn man sich wie wir als Erster in diesen Markt hineintraut, ist das natürlich spannend, und es sind die Augen auf uns gerichtet. Ich bin mit dem Prozess, dem Produktdesign und dem Team sehr zufrieden. Aber jetzt kommt die Bewährungsprobe und die heißt Mittelaufbringung. Wenn uns die 75 Millionen im heurigen Jahr gelingen, ist das ein erster Erfolg. Ich hoffe natürlich auf viel mehr. Mit Sicherheit ist es aber erst dann ein Erfolg, wenn das Produkt mittel- bis langfristig die Renditeerwartungen unserer Investoren erfüllt. 

Warum hat sich noch keine andere österreichische KAG in das Feld hineingewagt?
Cizek: Einen komplett neuen Produktbereich aufzubauen, ist natürlich aufwendig. Wir haben anderthalb Jahre daran gearbeitet. 

Sind noch weitere Private-Markets-Produkte geplant?
Cizek: Immobilienfonds haben wir schon und Private Infrastructure starten wir jetzt. Nun gilt es, das neue Produkt erfolgreich zu machen und dann schauen wir weiter, welche anderen Assetklassen für uns noch infrage kommen. Was wir für Anfang 2026 in Planung haben, ist ein Produkt im ELTIF-Regime für Privatkunden. ELTIF steht für European Long Term Investment Fund und ist ein Vehikel, um alternative Assetklassen für Privatanleger investierbar zu machen – und das einheitlich reguliert für ganz Europa.  Ein spannendes Konzept, mit dem wir uns gerade intensiv auseinandersetzen.

AusgabeRZ20-2025

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