Im Gespräch: Raiffeisen Continuum

Unternehmensnachfolge erfordert nicht nur fundiertes Wissen, sondern auch Fingerspitzengefühl bei der Umsetzung. Spezialist im Bereich Nachfolge­lösungen für KMUs ist die RBI-Tochter Raiffeisen Continuum. Wir sprachen mit Boris Pelikan über den zuletzt geglückten Signing-Hattrick und das bevorstehende Fundraising.

Porträt von Boris Pelikan, Gründer & Geschäftsführer Raiffeisen Continuum
Boris Pelikan, Gründer & Geschäftsführer Raiffeisen Continuum © Raiffeisen Continuum

Raiffeisen Continuum zählt zu den Key-Playern für Nachfolgelösungen am österreichischen Markt. Gibt es aktuelle Projekte, die Sie besonders hervorheben möchten?
Boris Pelikan: Wir freuen uns besonders, dass wir gerade einen Hattrick mit den drei Unternehmen Doropharm, Splipharm und St. Martin Apotheke geschafft haben. Das Zusammenspiel dieser drei Unternehmen bietet Kunden neben dem stationären Apothekengeschäft auch ein breitangelegtes Produktspektrum im Bereich von nicht rezeptpflichtigen und rezeptpflichtigen Arzneimitteln als Pharma-Großhändler an. Zudem zählt die St. Martin Apotheke mit der Eigenmarke „Servus Apotheke“ zu einer der führenden Online-Apotheken in Österreich.
Damit erweitern wir als Raiffeisen Continuum nicht nur unser Dienstleistungs- und Produktangebot, sondern bauen auch unser umfassendes Know-how und die Erfahrung in der Apothekenbranche weiter aus. Insbesondere das nachhaltig aufgebaute Lieferantennetzwerk der St. Martin Apotheke aus rund 50 Apotheken in Österreich ermöglicht es uns, ein Key-Player im Apothekenbereich werden.
Wir haben dieses strategische Investment getätigt, weil wir durch die Integration eines starken Pharma-Großhändlers alle zukünftigen Apotheken-Beteiligungen an verbesserten Einkaufsbedingungen partizipieren lassen und ein Zusammenwirken der Kräfte im fragmentierten Apotheken-Markt sicherstellen können. Im Sinne der Subsidiarität gewährleisten wir, dass die Apotheken in ihrer Unabhängigkeit erhalten bleiben.

Sie stärken also damit Ihre Position im Pharma-/Healthcare-Bereich?
Pelikan: Absolut! Wir haben frühzeitig erkannt, dass Unternehmensnachfolge im Apothekenbereich sehr präsent ist. Laut aktuellem Stand gibt es in Österreich rund 1.415 Apotheken, von denen rund 8 Prozent jährlich vor der Herausforderung einer ungelösten Übergabe stehen. Ein Hauptgrund hierfür liegt in den strengen regulatorischen Vorgaben im Apothekensektor, wie beispielsweise dem Quinquennium, das die Inhaberschaft der Konzession, die von der Österreichischen Apothekerkammer erteilt wird, vorschreibt. 
Vor diesem Hintergrund haben wir gemeinsam mit Experten aus der Apothekerkammer und dem Apothekerverband ein eigenes Modell zur Umsetzung von Apothekennachfolgen entwickelt, das den hohen Anforderungen des österreichischen Apothekengesetzes entspricht.
Wir halten derzeit bereits mehrere Beteiligungen im Apothekensektor. Dank des herausragenden Feedbacks am Markt konnten wir das Interesse anderer Apothekeneigentümer und Pharmazeuten wecken und zu einem der führenden Akteure im Bereich der Apotheken-Nachfolge aufsteigen.

Wie konkret unterstützt Raiffeisen Continuum die Betriebsübergabe?
Pelikan: Wir sind ein Alternativer Investmentfonds (AIF) und bieten Kapital für Nachfolger, die ein Unternehmen übernehmen möchten. Oftmals ist es für Alteigentümer nicht leicht, einen geeigneten Nachfolger für ihren Betrieb zu finden. Wir unterstützen sie dabei mit unserem Expertenwissen. Unsere Nachfolgeszenarien umfassen zum Beispiel Management-Buy-Outs (MBOs), Management-Buy-Ins (MBIs) und Carve-Outs. Für diese entwickeln wir maßgeschneiderte, auf die individuelle Situation der Verkäufer und Käufer angepasste Lösungen und tragen somit entscheidend zum Erhalt des Unternehmertums in Österreich bei. Durch die enge Zusammenarbeit mit den rund 300 lokalen Raiffeisenbanken können wir regionale Anforderungen erkennen und Best Practices mit den lokalen Partnern austauschen.

Mit welchen Fragestellungen kommen Unternehmer zu Raiffeisen Continuum, wenn es um das Thema Nachfolge geht?
Pelikan: Zentrale Anliegen der Verkäufer sind natürlich die Unternehmensbewertung, die weitere Ausrichtung ihres Unternehmens sowie die Zukunft ihrer Mitarbeiter. Natürlich gibt es auf all diese Fragen keine Universalantworten! Da jedes Unternehmen individuell und daher ganz unterschiedlich ist, erarbeiten wir nach umfassender Analyse des Unternehmens gemeinsam mit Alteigentümer und Nachfolger eine maßgeschneiderte Lösung.

Was sind die größten Herausforderungen der Verkäufer bei der Übergabe des eigenen Unternehmens?
Pelikan: Eine Unternehmensübergabe ist herausfordernd, aber weniger auf der sachlichen und finanziellen, sondern vielmehr auf der emotionalen Ebene. Es ist schwer, sich von seinem Lebenswerk zu trennen und die Entscheidungen der Nachfolger zu akzeptieren. Dieser Prozess muss professionell begleitet werden, um eine nahtlose und reibungsfreie Übergabe an einen anderen Unternehmer zu gewährleisten. Und mit etwas Abstand betrachtet, sind viele „Alteigentümer“ nach einer Übernahme stolz darauf, wie sich ihr Unternehmen weiterentwickelt.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Unternehmensübergabe?
Pelikan: Eine Unternehmensübergabe sollte gut vorbereitet sein. Im Idealfall macht man sich bereits einige Jahre vor einem geplanten Rückzug darüber Gedanken, wer die Firma übernehmen könnte. Wenn es in der Familie niemanden gibt, kann es ein Mitarbeiter sein oder auch jemand aus dem Umfeld, wie etwa Mitarbeiter eines Zulieferbetriebes oder aber auch Kunden, die sich für das Unternehmen interessieren. Unsere Erfahrung lehrt uns, dass die frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema Nachfolge ein großer Vorteil ist. Um die Übergabe auch finanziell darstellen zu können, braucht es dann uns als starken Partner.

Raiffeisen Continuum wurde als Tochter der Raiffeisen Bank International gegründet. Welchen Vorteil hat das?
Pelikan: Wir als Raiffeisen Continuum sind fest mit der Raiffeisen-DNA verwurzelt. Unsere Grundpfeiler sind die Werte von Friedrich Wilhelm Raiffeisen: Solidarität, Subsidiarität und die Förderung der genossenschaftlichen Mitglieder. Wir wurden von der RBI mit dem Ziel gegründet, alle Landesbanken und lokalen Raiffeisenbanken nach dem Prinzip der Solidarität am Erfolg teilhaben zu lassen. Die genossenschaftliche Struktur ermöglicht es den Mitgliedern, aktiv am Entscheidungsprozess teilzunehmen und die Richtung der Portfolio-Unternehmen mitzugestalten. Die Förderung der genossenschaftlichen Mitglieder steht im Zentrum der Aktivitäten von Raiffeisen Continuum. Wir unterstützen Unternehmen nicht nur finanziell, sondern auch durch Beratung und Expertise. Ebenso fördern wir aktiv den Austausch und die Vernetzung unter den Mitgliedern, um von gemeinsamen Erfahrungen zu profitieren.

Welche Ziele haben Sie für Raiffeisen Continuum in fünf Jahren?
Pelikan: Nach der erfolgreichen Verprobung befindet sich Raiffeisen Continuum aktuell im Funding-Prozess, zu dem alle Landesbanken und Raiffeisenbanken eingeladen wurden. Erste Commitments wurden bereits abgegeben. Die Raiffeisenbanken und Raiffeisenlandesbanken profitieren unter anderem von der Gewährung von Übernahmefinanzierungen und der Hebung von Cross-Selling-Potenzialen sowie einer entsprechenden Eigenkapitalverzinsung auf das eingesetzte Eigenkapital. Darüber hinaus freue ich mich sehr, dass die Eigentümer von Raiffeisen Continuum Andreas Fleischmann als erfahrenen und gut vernetzten Raiffeisen-Banker für die Co-Geschäftsführung gewinnen konnten. Mit seiner langjährigen Erfahrung und umfassenden Kenntnis des Bankwesens ist er zweifellos eine wertvolle Bereicherung für uns. Somit sind wir für die Zukunft gut aufgestellt.