„Einzelsponsoring war nie unser Ziel“

ZRW-Geschäftsführerin Petra Walter bilanziert das Sportsponsoring-Jahr 2022 von Raiffeisen. Strategisch dominiert auch hier der „WIR“-Gedanke.

Der Sport-Sponsormarkt in Österreich hat 2022 laut dem Marktforschungsinstitut Focus einen Brutto-Werbewert von rund 1,27 Mrd. Euro erzielt. Das Sportsponsoring-Volumen ist damit gegenüber dem Jahr davor um 3 Prozent gesunken. Erfasst wurden über 1.400 Veranstaltungen. Rund 84 Prozent der Einnahmen kamen aus dem Herrensport, die Damen generierten entsprechend 16 Prozent. Einzig im Biathlon-Weltcup ist das Geschlechterverhältnis in der medialen Berichterstattung mittlerweile ausgeglichen. Werbespitzenreiter war Ex-Skirennläufer Matthias Mayer, der für seine Sponsoren, unter anderem Uniqa, einen Werbewert von 4,5 Mio. Euro generierte.

Porträt von Petra Walter
Petra Walter © ZRW/Roland Rudolph

Die Performance der Marke Raiffeisen am heimischen Sport-Sponsormarkt ordnete ZRW-Geschäftsführerin Petra Walter im Interview ein.

Raiffeisen erzielte 2021 beim Sportsponsoring einen Brutto-Werbewert von 13,8 Mio. Euro. 2022 waren es mit 11,4 Mio. Euro deutlich weniger. Welche Auswirkungen hat dieser Rückgang?
Petra Walter: Diese Zahlen zeigen, welche Sportarten welchen Werbewert generieren. Dieser liegt um ein Vielfaches über dem getätigten Investment bzw. über der Sponsoringsumme, die für Logopräsenz gezahlt wird. Nachdem der Skisport insgesamt im Jahresvergleich stark rückläufig war – bei den Olympischen Spielen in Beijing war überhaupt keine Logopräsenz erlaubt –, geht auch der Werbewert zurück.

Ergibt sich dieser Rückgang zum Teil auch aus der neuen Werbestrategie – weg von Marcel Hirscher, weniger Hermann Maier, hin zu Teamsport, Nachwuchsförderung und Frauen-Spitzensport?
Walter: Maier und Hirscher sind seit vielen Jahren keine aktiven Skifahrer mehr. Demnach hat der Rückgang des Werbewerts im Sportsponsoring wenig damit zu tun, dass wir diese beiden Testimonials nicht mehr in unseren TV-Spots einsetzen. Vielleicht eher damit, dass Österreich im Moment keine Fahrer hat, die so wie Hermann und Marcel zu den besten Skifahrern aller Zeiten zählen und damit medial dauerpräsent waren. Hermann Maier ist weiter als Marken-Testimonial im Einsatz und auch die ÖSV-Ski-Rookies sorgen für schöne Zahlen, vor allem im Bereich Social Media. Und Nina Ortlieb hat nach ihrem Comeback nach vielen schweren Verletzungen mit dem zweiten Platz in der Abfahrt bei der WM in Frankreich das Giebelkreuz stark vertreten.

Wie bilanzieren Sie das Sportsponsoring-Jahr 2022 von Raiffeisen?
Walter: Wenn Raiffeisen unter den Top-5-Sponsoren ist, sind die Sichtbarkeit, vor allem im Hinblick auf die eingesetzten budgetären Mittel, die ein Bruchteil der Mittel anderer Sponsoren sind, und der werbliche Gegenwert mehr als zufriedenstellend. Mit Audi und Red Bull mithalten wird wohl keinem anderen österreichischen Unternehmen gelingen. Der werbliche Gegenwert von Sportlern kann sich zudem sehr schnell ändern und die mediale Präsenz muss nicht immer nur positiv sein, man denke an den spontanen Rücktritt von Matthias Mayer, die langandauernde Formkrise von Dominic Thiem und die verkorkste Saison von Katharina Liensberger.

Unter den 15 lukrativsten Sportlern finden sich abgesehen von Daniel Hemetsberger (Private Banking Attersee) keine Raiffeisen-Aushängeschilder. Welche Bedeutung hat diese geringere Sichtbarkeit?
Walter: Ich kann nicht bestätigen, dass Raiffeisen im Sportbereich eine geringe Sichtbarkeit hat – im Gegenteil. Was Sie ansprechen ist das Kopfsponsoring eines einzelnen Skifahrers. Das war immer schon nur ein Teil unseres Engagements mit dem ÖSV. Das Kopfsponsoring von Maier, Hirscher oder Max Franz war sicher das beste Investment in ein Einzelsponsoring, das ein Sponsor bekommen konnte – das hat aber ausschließlich mit den Erfolgen dieser Ausnahmesportler zu tun. Darüber hinaus ist das Branding am Helm eine Fläche, die die Sportler selbst vergeben können. Hier gibt es viele weitere Sportler, die mit unserem Logo am Kopf oder der Oberbekleidung zu sehen sind, wie etwa Österreichs Parade-Golfer Bernd Wiesberger oder Snowboard-Ass Andi Prommegger.

Worauf legen Sie besonderen Fokus bei der Sportsponsoring-Strategie von Raiffeisen?
Walter: Grundsätzlich setzt die ZRW schon seit Jahren auf die Partnerschaft mit den beiden zentralen Verbänden ÖSV und ÖFB und damit eher auf Verbände und Vereine als auf Einzelsportler. Das ist uns wichtig, weil wir damit auch ein starkes Dach bilden für die Unterstützung bzw. das Sponsoring der vielen regionalen Vereine und Initiativen im Sportbereich – und hier sind Fußball und Skifahren die mit Abstand verbreitetsten Sportarten in Österreich. Auch wenn diese Strategie in den letzten zehn Jahren dazu geführt hat, dass wir die erfolgreichsten Einzelsportler aus dieser Verbandsarbeit dann auch als Testimonials eingesetzt haben, war Einzelsponsoring nie unser Ziel. Das würde auch nicht zum WIR-Gedanken passen, den Raiffeisen seit Bestehen in sich verankert hat.

Würden Sie von dieser Strategie abweichen, wenn einer der von Raiffeisen gesponserten ÖSV Ski Rookies sportlich gesehen so erfolgreich wird wie Maier oder Hirscher?
Walter: Ich denke, wir haben als Marke mehr zu sagen und zu zeigen als ein berühmtes Gesicht oder einen erfolgreichen Skifahrer. Die Menschen suchen heute eine Bank mit Zukunftsvision und Haltung und das ist, was wir vermitteln sollten. Abgesehen davon gestaltet sich die Zusammenarbeit mit einem Testimonial heute völlig anders als vor 15, 20 Jahren. Während es damals eine neue, kreative Strategie war, Skifahrer ins Fernsehen zu bringen und somit auch von ihrer Persönlichkeit zu profitieren, spielt TV für solche Kooperationen heute nicht mehr diese Rolle. Heute finden solche Kooperationen und auch der Mehrwert, den beide Partner, abgesehen von einer hohen Markenbekanntheit, generieren können, eher auf Social Media statt und in digitalen Kanälen und Formaten. Wir haben eine Markenbekanntheit von 99 Prozent – hier haben wir also keinen hohen Investitionsbedarf. Alles andere beobachten wir und wenn es Sinn macht, dann wird es immer Teil unserer Werbestrategie sein – so wie jetzt schon mit den ÖSV-Ski-Rookies oder auch den ÖFB-Damen.