„Besonderes Kraftfeld für Oberösterreich“

Beim 75. OÖ. Landesgenossenschaftstag wurden die Leistungen der Mitglieder gewürdigt und ein neuer Genossenschaftsanwalt gewählt.

Walter Lederhilger am Rednerpult
Walter Lederhilger wurde einstimmig zum neuen Genossenschaftsanwalt gewählt. (c) RV OÖ/Strobl

Unsere Genossenschaften haben 2020 – wie auch in den Jahren davor – für Versorgungssicherheit, Verlässlichkeit und Stabilität gesorgt“, fasst Walter Lederhilger, der neue Genossenschaftsanwalt des Raiffeisenverbandes Oberösterreich, kurz zusammen. Die knapp 250 Mitgliedsgenossenschaften hätten auch im Vorjahr den regionalen Wirtschaftskreislauf gestärkt. Als Auftrag seiner neuen Tätigkeit sieht Lederhilger deshalb, die Genossenschaft als Rechtsform für neue Initiativen voranzutreiben: „Ob Schülergenossenschaften, Energiegenossenschaften, Vermarktungs-oder Bürgergenossenschaften -neue Geschäftsfelder und Chancen sind da. Das klare Ziel ist, dass die Genossenschaftsfamilie auch weiter wachsen kann.“

„Das klare Ziel ist, dass die Genossenschaftsfamilie auch weiter wachsen kann.“

Walter Lederhilger

Derzeit zählen die Raiffeisen-Genossenschaften in Oberösterreich knapp 400.000 Mitglieder und beschäftigen über 9.000 Mitarbeiter. Mit einer kumulierten Bilanzsumme von rund 30 Mrd. Euro und Umsatzerlösen von 2,9 Mrd. Euro ist Raiffeisen ein wichtiger Wirtschaftsmotor in Oberösterreich. „Raiffeisen konnte 2020 einen wesentlichen Beitrag leisten, weil wir auf einem grundsoliden wirtschaftlichen Fundament stehen“, betont Verbandsdirektor Norman Eichinger beim 75. Landesgenossenschaftstag im Design Center Linz. Die Entwicklung der Genossenschaften sei auch im Coronajahr 2020 positiv gewesen.

Lückenlose Versorgung

Durch das flächendeckende Aufrechterhalten des Bankbetriebs, durch die Versorgung von Kunden mit Liquidität und durch die umfassende Beratung über die vielen Unterstützungsmaßnahmen der öffentlichen Hand haben sich die oberösterreichischen Raiffeisenbanken als wichtigster finanzieller Nahversorger bewiesen. „Die Raiffeisenbanken profitieren vom hohen Kundenvertrauen und verzeichnen sehr gute Wachstumswerte“, so Eichinger. So hat sich etwa das Geschäftsvolumen um 8 Prozent auf 56 Mrd. Euro erhöht. Mit einem Ergebnis vor Steuern von knapp 200 Mio. Euro konnten die Raiffeisenbanken ihr Eigenkapital und damit ihre Risikotragfähigkeit und Sicherheit weiter steigern. „Die Raiffeisenbankengruppe Oberösterreich ist ein starkes finanzielles Herz für den Blutkreislauf unserer Wirtschaft, das auch während des Lockdowns geschlagen hat“, verbildlicht Eichinger.

Auch die Lagerhausgenossenschaften in Oberösterreich hätten ihre Rolle als regionaler Nahversorger gelebt, sodass es zu keinem Mangel an Saatgut, Futter-oder Betriebsmitteln in der Landwirtschaft gekommen sei. Mit einem vorläufigen Gesamtumsatz von rund 770 Mio. Euro wird für 2020 ein klar positives Ergebnis erwartet und auch die Eigenkapitalquote wurde weiter gestärkt und liegt nun bei 45 Prozent.

Besonders gefordert seien 2020 auch die Molkereien gewesen, so der Verbandsdirektor: „Covid-19 hat auf den Milchmärkten zu teils heftigen Verwerfungen geführt. Dabei haben die oberösterreichischen Molkereigenossenschaften sehr hohe Flexibilität bewiesen und dieses äußerst herausfordernde Umfeld souverän gemeistert.“ So ist es gelungen, die Betriebsleistung auf 1,2 Mrd. Euro zu steigern, die Milchauszahlungspreise für ihre rund 12.000 Lieferanten im Jahresvergleich zu erhöhen und eine positive Ertragslage zu erzielen.

„Raiffeisen Oberösterreich und die Genossenschaften sind deshalb so stark, weil sie es seit der Gründung 1889 verstanden haben, sich ständig an das geänderte Umfeld anzupassen“, sagt Eichinger. Bei der Lösung aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen werde immer mehr auf die Einbeziehung des bürgerlichen Engagements in Form von Genossenschaften gesetzt. Eine neue Gründerzeit für Genossenschaften könnte aktuell insbesondere im Energiebereich bevorstehen. Mit dem kommenden Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) wird es erstmals möglich werden, dass Besitzer von Photovoltaikanlagen ihren Überschussstrom nicht in das allgemeine Stromnetz einspeisen, sondern im Rahmen einer Erneuerbaren Energiegemeinschaft direkt an Bewohner in ihrem Einzugsgebiet liefern. Für derartige Gemeinschaften sei die Rechtsform der Genossenschaft ideal. Die Vorteile liegen für Eichinger auf der Hand: „Aufgrund der Mitgliederförderung ist Kundenorientierung systemimmanent und kein Marketinggag.“

Wir-Gefühl lehren

„Das Wir-Gefühl ist in Coronazeiten stark gefordert, da können wir alle von Genossenschaften lernen“, betont auch Diözesanbischof Manfred Scheuer in seinem Statement. „Die Genossenschaftsidee hat sich als schöpferisch erwiesen und ihre Widerstandskraft in der Krise entfaltet.“ Aber auch für die Zeit danach werden die Genossenschaften einen wichtigen Beitrag leisten, wie Andreas Pangl, Generalsekretär des Österreichischen Raiffeisenverbandes, überzeugt ist: „Ein deutliches Comeback der Wirtschaft zeichnet sich ab. Die Raiffeisen-Genossenschaften haben bisher einen entscheidenden Beitrag geleistet und tragen auch jetzt zum Wachstum in den Regionen bei.“

Konkrete Pläne, wie Oberösterreich möglichst schnell und nachhaltig aus der Krise kommt, skizzierte Landeshauptmann Thomas Stelzer. Mit einem Investitionspaket von 1,2 Mrd. Euro soll ein breites Bündel an Maßnahmen unterstützt, 44.000 Arbeitsplätze gesichert und Wertschöpfung von 4 Mrd. Euro ausgelöst werden. Neben seinem „Oberösterreich-Plan“ setzt Stelzer auch auf ein stärkeres Miteinander: „Der Raiffeisensektor ist ein besonderes Kraftfeld in Oberösterreich. Und gerade Genossenschaften sind verlässliche Gestalter des Zusammenhalts und das sollten wir als großes Überthema sehen, um aus dieser Krise herauszukommen.“