Knapp acht Stunden nach Beginn der ordentlichen Hauptversammlung in hybrider Form wurde die Dividende von 1,25 Euro je Aktie für das Geschäftsjahr 2023 von den Aktionären beschlossen. Damit hat man den Vorschlag des Vorstandes der Raiffeisen Bank International (RBI) akzeptiert. Die Grundlage dafür erklärt RBI-Vorstandsvorsitzender Johann Strobl: „Summa summarum haben wir die finanziellen Ziele des abgelaufenen Geschäftsjahres erreicht oder sogar übertroffen und unsere Kapitalausstattung weiter gestärkt. Wir möchten unsere Aktionäre direkt am Geschäftserfolg beteiligen. Gleichzeitig tragen wir mit einer Dividende von 1,25 Euro dem sehr anspruchsvollen geopolitischen Umfeld Rechnung.“ Es ist ein deutlicher Anstieg zum Vorjahr, gleichzeitig sei eine starke Kapitalposition in einem solchen Umfeld wichtig, so Strobl: „Die Dividende wird beiden Zielen gerecht.“ In Summe werden 411 Mio. Euro vom RBI-Jahreskonzerngewinn von 2,39 Mrd. Euro ausgeschüttet.
Stabil und ertragsstark
Ehe sich Vorstand und Aufsichtsrat den vielen Fragen der Aktionäre stellten, gab es einen Rückblick auf das Geschäftsjahr 2023. „Der Krieg ist immer noch traurige Realität, das ist für die RBI besonders schmerzhaft, weil man sich lange für ein geeintes Europa eingesetzt hat. Für uns ist es eine offene Wunde, die erst mit dem Ende des Krieges heilen kann“, betont Aufsichtsratsvorsitzender Erwin Hameseder am Beginn der Akionärsversammlung.
Der Umsichtigkeit, Professionalität und dem vollen persönlichen Einsatz des Vorstandes sei es zu verdanken, dass die RBI 2023 ein „sehr zufriedenstellendes“ Ergebnis erzielen und die Kapitalausstattung unter Berücksichtigung der Dividende weiter auf 17,3 Prozent stärken konnte. Auch im Stresstest der Europäischen Bankenaufsicht EBA habe die RBI im besten Drittel abgeschnitten. „Die RBI ist stabil, ertragsstark und resilient gegenüber Krisen. Die Transformationsfähigkeit der RBI ist der entscheidende Faktor für die Zukunft.“
Der Ukraine-Krieg habe es notwendig gemacht, die strategische und geografische Positionierung der RBI zu überdenken. „Dazu gehört die Reduktion des Russland-Exposures mit möglicher Endkonsolidierung“, bekräftigt Hameseder. Seit zwei Jahren arbeitet man an einem Ausstiegsszenario in Russland und bemühe sich um die Genehmigungen. Strobl erklärt: „Es ist niemandem gedient, wenn man die Bank verschenken würde, aber auch das bräuchte eine Genehmigung der russischen Behörden.“
Die Geschäftstätigkeit in Russland wurde jedenfalls aktiv zurückgefahren. Seit Kriegsbeginn vor zwei Jahren wurde das Kreditvolumen um 56 Prozent auf 6,0 Mrd. Euro reduziert. Auch die Volumina im Zahlungsverkehr wurden seit dem Höchststand um über 50 Prozent zurückgefahren. „Es ist kein Sprint, sondern ein Hindernislauf mit gewaltigem Gegenwind, der Ausdauer erfordert“, betont Hameseder.
80 Aufsichtsratssitzungen hat es allein im Jahr 2023 gegeben. „Die Umsetzung erfordert viel Erfahrung und Feingefühl“, sagt Hameseder mit Verweis auf den geplanten Erwerb der Strabag-Aktien. Am 19. Dezember gab die RBI bekannt, über ihre russische Tochterbank 28,5 Millionen Aktien der Strabag SE zu kaufen, um sie dann als Sachdividende an die RBI zu übertragen. Die Transaktion wäre „ein guter Zwischenschritt zur gewünschten Endkonsoldierung in Russland“, erklärt Strobl.
Keine Verstöße festgestellt
Die RBI habe die Übereinstimmung der Transaktion mit allen geltenden Sanktionen sorgfältig geprüft, bevor sie die Transaktion angekündigt hat. Die RBI habe alle relevanten Behörden über die Einzelheiten der Transaktion informiert und auf technischer Ebene seien alle offenen Fragen geklärt worden. „Die Sanktionsbestimmungen werden von der RBI strikt eingehalten. Das Compliancesystem wird eng überwacht und es wurden keine Hinweise auf Verstöße der Sanktionen festgestellt“, berichtet Hameseder.
Die RBI beabsichtigt, die Strabag-Anteile von der „Rasperia Trading Limited“ zu kaufen, die mit Iliadis seit einigen Tagen einen neuen Eigentümer hat. Obwohl diese Transaktion nicht in Verbindung mit dem angekündigten Erwerb der Strabag-Aktien durch die RBI steht, erfordert diese neue Compliance-Überprüfungen, um sicherzugehen, dass keine sanktionierten Personen oder Unternehmen direkt oder indirekt von der angekündigten Akquisition profitieren.
„Deripaska wird kein Geld von der RBI erhalten“, versichert Strobl und ergänzt: „Wir prüfen jetzt, ob unser Urteil, dass alles sanktionskonform ist, weiterhin besteht. Was immer irgendwo passiert, wird von uns analysiert.“ Man habe auch eine „intensive Gesprächsbasis mit den USA aufgebaut“. Strobl appellierte an die Geduld der Aktionäre: „Natürlich braucht es bei den Institutionen auch Zeit für Entscheidungen. Wir glauben nach wie vor, dass eine derartige Transaktion zulässig und möglich ist.“ Der Entscheidungszeitpunkt ist noch offen, aber natürlich gelte: „Je früher, desto besser.“