Sichtbare Kluft beim Vermögen

Aufmerksamkeitseinbruch für frauenpolitische Themen hindert Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern.

Die Studienautorin Maria Pernegger und die Kooperationspartner Sabine Macha, Gudrun Meierschitz (Acredia Versicherung) sowie Ines Stilling (Arbeiterkammer Wien) sehen viel Handlungsbedarf.
Die Studienautorin Maria Pernegger und die Kooperationspartner Sabine Macha, Gudrun Meierschitz (Acredia Versicherung) sowie Ines Stilling (Arbeiterkammer Wien) sehen viel Handlungsbedarf. © Roland Rudolph

Frauen befinden sich ihr ganzes Leben in einem Gap: Burschen bekommen im Schnitt um 20 Prozent mehr Taschengeld. Das Lohngefälle (Gender Pay Gap) liegt in Österreich bei 18 Prozent, nur in Estland und Lettland ist der Unterschied größer. Frauen besitzen um ein Viertel weniger Vermögen als Männer und beziehen um 41 Prozent weniger Pension. Selbst beim Erben ziehen Frauen den Kürzeren und erben seltener und weniger. „Solange Frauen nicht über gleich viel Geld verfügen, sie keinen annähernd gleich großen Anteil am Vermögen besitzen und ihre Arbeit nicht gleich entlohnt wird, bleibt die Realisierung der Gleichberechtigung der Geschlechter utopisch“, betont Maria Pernegger, Geschäftsführerin der Agentur Media Affairs und Autorin der Studie „Frauen-Politik-Medien“.

Seit 10 Jahren untersucht Media Affairs die mediale Sichtbarkeit von Frauen sowie den Stellenwert der frauenpolitischen Themen in der politischen Debatte. „Dass frauenpolitische Themen seit jeher ein politisches Randthema sind, ist nichts Neues. 2022 legte die Frauenpolitik allerdings eine Vollbremsung hin“, berichtet Pernegger. Die Präsenz hat sich im Vorjahr nochmals um die Hälfte verringert, das zeigt eine Analyse der heimischen Massenmedien von 1. Jänner bis 31. Dezember 2022. Die Ursachen dafür seien die aktuellen Krisen, allen voran der Krieg in der Ukraine und die Teuerungswelle. Dabei wäre gerade die hohe Inflation ein Grund mehr, den Fokus auf die finanzielle Belastung von Pensionistinnen und Alleinerzieherinnen zu richten, die davon besonders betroffen sind. 

Vom Rückgang in der medialen Präsenz seien so gut wie alle Themen betroffen, das zeigt die Analyse. Mit Abstand am häufigsten wird weiterhin über Gewalt gegen Frauen berichtet, gefolgt von Hass im Netz und Abtreibung, während Themen, die auf finanzielle Absicherung und Besserstellung von Frauen abzielen, stiefmütterlich behandelt werden. Dazu gehören beispielsweise Lohngerechtigkeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine Verteilung der unbezahlten Care-Arbeit oder die Bekämpfung von Altersarmut. 

Frauen und Geld

Der Fokus der diesjährigen Medienanalyse liegt auch auf dem Thema „Frauen & Geld“. Das Ergebnis untermauert, dass die Finanzwelt eine Männerwelt ist. Wenn es um Finanzthemen geht, kommen in Massenmedien zu 84 Prozent Männer zu Wort, dabei hat sich der Anteil der Frauen in den vergangenen Jahren von 5 Prozent auf 16 Prozent verbessert. Geht es um frauenspezifische Finanzthemen, liegt der Anteil der Expertinnen bei 94 Prozent. „Das zeigt, wir haben die Expertinnen. Frauen sind erst dann angekommen, wenn sie nicht nur über Frauen & Geld berichten, sondern generell im Fokus stehen“, so Pernegger. Sie sieht nicht nur die Politik und die Medien in der Verantwortung, auch das individuelle Verhalten beschert einen Unterschied bei Vorsorge, Geldanlage und Vermögensaufbau. 

„Worüber man nicht spricht, darüber macht man sich auch keine Gedanken.“

Sabine Macha

„Worüber man nicht spricht, darüber macht man sich auch keine Gedanken“, sieht Sabine Macha, stellvertretende Bereichsleiterin Corporate Sustainability bei der Raiffeisen KAG, in der mangelnden Aufmerksamkeit für finanzielle Absicherung von Frauen eine Ursache. Allerdings gilt auch: „Wer nur wenig Geld zur Verfügung hat, hat auch wenig Möglichkeiten, finanziell vorzusorgen.“ Frauen wählen auch sicherere Anlageformen und vermeiden die Risiken höherer Ertragsmöglichkeiten an den Kapitalmärkten. „Männer hingegen, die aufgrund des größeren finanziellen Spielraums etwaige Verluste besser wegstecken können, nehmen diese Risiken mehrheitlich in Kauf und lukrieren dadurch oft höhere Erträge. So wird die Kluft zwischen den Vermögen von Frauen und Männern immer größer anstatt kleiner.“

Weniger Wissen 

Das Thema Geldanlage ist in der Welt von Frauen weniger präsent als in jener von Männern. Studien wie zuletzt auch die von der Raiffeisen KAG bei Marketmind beauftragte zum Thema „Frauen und Geldanlage“ zeigen, dass sich Frauen insgesamt immer noch weniger für Geldanlagen interessieren und tatsächlich auch etwas weniger Wissen dazu aufweisen. Obwohl sie sich im Umgang mit Geld als kompetent einschätzen und sehr oft auch die gemeinsame Haushaltskasse innerhalb der Familie verantworten, treffen sie finanzielle Entscheidung häufiger gemeinschaftlich als Männer das tun. 

Macha appelliert an Frauen, mutiger beim Anlegen zu sein und Chancen auf höhere Erträge wahrzunehmen. „Wir möchten Frauen bewusst darin unterstützen, ihren Vermögensaufbau aktiv zu steuern und finanziell sprichwörtlich in die Gänge zu kommen und nicht auf ‚bessere Zeiten‘ zu warten. Richtig ist, dass Kapitalmarktveranlagungen mit gewissen Risiken verbunden sind, aber mit einem langfristigen Horizont und einer breiten Streuung kann man am Kapitalmarkt attraktivere Erträge erzielen als dies mit klassischen Sparformen möglich ist“, erklärt Macha. 

Lösungen aufzeigen

Wie die aktuelle Studie „Frauen-Politik-Medien“ auch zeigt, geht die Berichterstattung über die Vermögensunterschiede zwischen Frauen und Männern kaum über die Bestandsaufnahme hinaus. Ansätze das Problem zu ändern gibt es selten. Für die Raiffeisen KAG liegt eine konkrete Lösung im Fondssparen. Kapitalmarktinvestments sind dabei mit vergleichsweise kleinen Beträgen – ab 50 Euro im Monat – möglich. Ein wichtiges Merkmal des Fondssparens ist neben dem niedrigen Einstiegsbetrag die Möglichkeit, den Einzahlungsmodus nach der aktuellen persönlichen Lebenssituation zu steuern. Die monatliche Einzahlung kann also jederzeit erhöht, reduziert oder unterbrochen werden. 

„Eigene Frauenprodukte mit rosa Mascherl sind nicht notwendig und der falsche Weg, aber Frauen brauchen eine andere Ansprache“, ist Sabine Macha überzeugt. Da Frauen die Nachhaltigkeit besonders wichtig ist, eignen sich nachhaltige Fondssparer besonders gut für eine Erstansprache. Nachhaltig zu investieren bedeutet, dass neben rein finanziellen Aspekten auch Kriterien zu Umwelt, Gesellschaft und guter Unternehmensführung berücksichtigt werden. Investiert wird nur in Unternehmen, die strenge Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Auch das ist für viele ein gutes Argument, in ein Kapitalmarktinvestment einzusteigen, weiß Macha.