Dodgeball: Gut geduckt ist halb gewonnen

Dodgeball ist ein aus Amerika kommendes Ballspiel, das sportlichen Ehrgeiz mit Spaß und Lockerheit kombiniert. Die Tyrol Turtles sind dabei der einzige Klub außerhalb Wiens, bei dem man sich beim „Völkerball 2.0“ so richtig auspowern kann.

Tyrol Turtles in Action beim Dodgeball
© 6020/Geri Berger

Es gibt nicht viele Mannschafts-Sportarten, bei denen sich Österreich zur erweiterten Weltspitze zählen darf – Dodgeball gehört definitiv dazu. Wenn Menschen versuchen, sich mit Bällen abzuwerfen, ausweichen, auf dem Boden kugeln oder akrobatische Fangversuche unternehmen, gehören rot-weiß-rote Athleten zu den ganz großen Spezialisten. 

„Österreich wurde in den letzten acht Jahren insgesamt dreimal Welt- und fünfmal Europameister, das ist schon beachtlich“, sagt Alex von den Tyrol Turtles. Der Marketing-Beauftragte hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Sportart auch außerhalb Wiens, wo es derzeit fünf Vereine gibt, populär zu machen. Und das mit wachsendem Erfolg.

Aus Spaß wird Ernst

Vor zweieinhalb Jahren ist die Idee entstanden, aus einem losen Haufen Dodgeball-Enthusiasten einen Verein zu machen – die Geburtsstunde der Tyrol Turtles. „Bis zu diesem Zeitpunkt haben wir uns einmal die Woche getroffen, um aus lauter Gaudi zu spielen. Niemand von uns konnte sich damals vorstellen, dass wir einmal professionell organisiert sein und sogar in einer Liga mitspielen würden.“ Doch auf Betreiben einiger Pioniere wie der erfolgreichen Nationalspielerin Cati Weber oder des heutigen Obmanns Matthias Steinlechner kam zum Spaß auch die nötige Portion Ernst dazu – die Turtles turnten fortan als echter Klub auf den Parkett- oder Sandböden Tirols.

Wie so viele neue Ideen kommt auch der Dodgeball-Trend (dodge = ducken) aus Amerika, dem Land der unbegrenzten Sportarten. Wobei: So neu ist der Grundgedanke des Spiels gar nicht, er erinnert sogar frappierend an Völkerball, dem Klassiker des Turnunterrichts. „Der Unterschied ist, dass wir statt einem fünf Bälle im Spiel haben, was der ganzen Sache eine völlig neue taktische Komponente verleiht“, erklärt Alex. Vereinfacht gesagt geht es darum, Gegenspieler abzuwerfen und damit aus dem Spiel zu nehmen und mit gefangenen Bällen bereits ausgeschiedene Spieler wieder zurückzuholen. Wer am Ende eines meist drei Minuten dauernden Satzes mehr Akteure im Feld hat, bekommt einen Punkt.

International angehaucht

Vergangenes Jahr traten die Turtles erstmals in der österreichischen Liga an. Genauer gesagt in der zweithöchsten Leistungsstufe, in der man als Neuling zunächst eingereiht wird. Und Neuling trifft es in diesem Fall besonders gut, denn die Turtles sind die erste Mannschaft außerhalb Wiens überhaupt, die sich in Österreich etabliert hat. Dafür sind die Ligen international angehaucht, auch Mannschaften aus Ungarn oder Tschechien spielen mit. „Dadurch, dass wir eine kleine Nischensportart sind, profitieren alle davon, wenn wir gemeinsam etwas auf die Beine stellen“, sagt Alex.

Tyrol Turtles in Action beim Dodgeball
© 6020/Geri Berger

Am 11. Mai findet in der Rundhalle Alt Erlaa in Wien der vierte und letzte Spieltag der aktuellen Saison statt, mit drei Siegen, einem Unentschieden und zwei Niederlagen stehen die Innsbrucker derzeit auf Rang vier der Tabelle im Mixed-Bewerb. „Wir haben von Anfang an gemerkt, dass wir sportlich mithalten können. Aber selbst, wenn es uns gelingen würde, am Ende ganz oben zu stehen, würden wir auch im kommenden Jahr wieder in der 2. Liga antreten. Der Niveau-Unterschied ist einfach noch zu hoch, als dass wir jetzt schon dort mithalten könnten.“ Auf lange Sicht gesehen, daran besteht kein Zweifel, hat man aber schon die Fantasie, im Konzert der ganz Großen mitzuspielen.

Fundament schaffen

Ursprünglich wäre der Plan gewesen, mit einer Herren-Mannschaft an den Start zu gehen. Da sich der Sport aber bei Frauen genauso großer Beliebtheit erfreut, ist man schnell dazu übergegangen, sich auf ein Mixed-Team zu konzentrieren. „Wir haben derzeit rund 35 Aktive, 60 Prozent Männer, 40 Prozent Frauen“, erzählt Alex. Und verweist darauf, dass man als Verein weiter organisch wachsen möchte. „Wir merken, dass bei uns jedes Jahr drei bis fünf Leute dazukommen und auch dabeibleiben.“ 

Und da auch bei Jugendlichen die Nachfrage immer größer wird, soll es ab Herbst auch ein wöchentliches Training für 11- bis 16-Jährige geben. „Dann können wir unser Wissen auch an den Nachwuchs weitergeben und uns sportlich ein solides Fundament schaffen.“ Stress möchte man sich dabei allerdings keinen antun, denn es ist nach wie vor der Spaß, der für alle Beteiligten im Vordergrund stehen soll. Getreu dem Motto: „Alles kann – nichts muss!“

Fair-Play-Gedanke

Überhaupt gehört Dodgeball, das durch die Trash-Komödie „Voll auf die Nüsse“ von und mit Ben Stiller zu einem gewissen Kult kam, zu den Sportarten, die sich nicht allzu sehr in das Korsett der Verbissenheit zwängen lassen wollen. Das merkt man auch daran, dass der Fair-Play-Gedanke hier höher gehalten wird als in anderen Bewerbs-Sportarten. Alex: „Wenn bei uns jemand getroffen wird, und es ist nicht offensichtlich zu sehen, wird es sofort angezeigt und der Spieler verlässt das Feld. Niemand käme auf die Idee, sich durch Schummeln einen Vorteil zu verschaffen.“ 

Tyrol Turtles in Action beim Dodgeball
© 6020/Geri Berger

Und auch der übergeordnete Spaßfaktor soll dabei nicht zu kurz kommen. Bei manchen Turnieren treten die Spieler mit Verkleidungen an, oft gibt es Fun-Events auf verschiedenen Untergründen. In Innsbruck hat sich beispielsweise der Beach Cup etabliert, der heuer am 15. Juni ausgetragen wird. „Dafür mieten wir die Beachvolleyball-Plätze neben dem Tivoli-Stadion und veranstalten mit vielen Mannschaften eine richtige Gaudi“, erzählt Alex. Für diesen Event tritt die Raiffeisen-Landesbank Tirol als Sponsor auf, der Klub selbst wird darüber hinaus von der Raiffeisen Regionalbank Hall in Tirol unterstützt. „Ein Partner der ersten Stunde, mit dem wir schon einiges auf die Beine stellen konnten.“

Gespannt blickt man diesen Sommer auch von Innsbruck nach Graz, wo vom 11. bis 17. August erstmals die Dodgeball-Weltmeisterschaft auf österreichischem Boden stattfindet und die „Austrian Eagles“, wie die heimischen Nationalteams genannt werden, sowohl bei den Herren, als auch bei den Damen als Titelverteidiger ins Rennen gehen. „Das wird ein Mega-Event, dem die ganze Szene jetzt schon entgegenfiebert“, weiß Alex. Von den Turtles wird Obmann Matthias Steinlechner am Start sein und die Tiroler Fahnen hochhalten. Und damit dieser dynamischen Trendsportart womöglich einen weiteren Boost verleihen.