Aufholbedarf bei betrieblicher Altersvorsorge

Mehr als zwei Drittel der Österreicher geben an, künftig nicht gut von der staatlichen Pension leben zu können. Es gibt mehrere Hebel, diese Perspektive zu verbessern, sagt Valida-CEO Martin Sardelic.

Das Pensionssystem in Österreich ist aus Sicht der Pensionskassen nach wie vor eher unausgewogen. Immer noch liegen rund 90 Prozent der Pensionslast auf dem staatlichen System. Die betriebliche Vorsorge nimmt dagegen nur einen kleinen Anteil ein. Das liege auch daran, dass nach wie vor nicht alle Österreicher Zugang zur betrieblichen Pensionsvorsorge hätten, sagt Martin Sardelic, Vorstandsvorsitzender der Valida Pensionskasse.

In diesem Zusammenhang präsentierte Valida Vorsorge Management die von ihr beauftragte und vom Marktforschungsinstitut Spectra im November des Vorjahres durchgeführte Trend-Studie zur betrieblichen Alters-vorsorge. Die repräsentative Studie mit rund 1.800 Befragten vergleicht Zahlen von den Jahren 2018 und 2020 und zeigt erstmals, wie sich die Corona-Pandemie auf die Sichtweise der Österreicher bezüglich finanzieller Altersvorsorge auswirkt. Studienautor Christian Baumann berichtet, dass die Zahl jener Personen, die angeben von ihrer zukünftigen staatlichen Pension nicht gut leben zu können, im Vergleich zu 2018 mit 68 Prozent auf hohem Niveau bleibt (2018: 73 Prozent). Allerdings zeigt die Corona-Pandemie Auswirkungen auf die Einstellung der Österreicher zur finanziellen Altersvorsorge. Für 28 Prozent der Befragten ist finanzielle Sicherheit im Alter durch die Pandemie noch wichtiger geworden als vorher, sie möchten sich aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheiten nicht alleine auf die staatliche Pension verlassen. Wobei diese Einstellung verstärkt Besserverdienende (mit einem Einkommen ab 1.500 Euro) vertreten. 23 Prozent gaben an, Pandemie-bedingt weniger Einkommen für Pensionsvorsorge zur Verfügung zu haben.

Verschiebung der Steuerlast

Neben dem Problem des Zugangs erachtet Martin Sardelic auch die steuerliche Handhabung als nicht optimal: „International ist es eigentlich Standard, dass die Eigenbeträge, die in die betriebliche Pensionskasse eingezahlt werden, erst in der Phase der Auszahlung versteuert werden.“ Österreich habe hier einen Sonderweg gewählt, bei dem die Beiträge von bereits versteuertem Einkommen gezahlt werden müssten. „Die breite Akzeptanz der betrieblichen Vorsorge leidet unter diesem Sonderweg“, so Sardelic. Dementsprechend fordert er eine Verschiebung der Steuerlast für die Eigenbeiträge der Arbeitnehmer in die Leistungsphase. Das heißt, es sollte keine Versteuerung in der Einzahlungs- sowie in der Veranlagungsphase geben. Sondern erst, wenn die Pensionsbeiträge tatsächlich ausgezahlt werden – gemäß dem sogenannten Exempt-Exempt-Taxed-Prinzip (EET). „Diesen Punkt sollte man umgestalten, damit die Österreicher aus noch nicht versteuertem Einkommen in die Pensionskasse einzahlen können“, so Sardelic weiter. Für den Staat würde dies nur eine Verschiebung der Steuerleistung bedeuten, aber keinen Steuerausfall.

Auch mangelt es noch am Zugang zur zweiten Säule, denn Arbeitnehmer können die betriebliche Vorsorge derzeit nur nutzen, wenn der Arbeitgeber einen Vertrag mit einer Pensionskasse hat. In diesem Sinne erneuert Sardelic auch seine Forderung nach einem Generalpensionskassenvertrag. Mit einem solchen hätten alle Arbeitnehmer Zugang zur zweiten Pensionssäule. Der Valida-Chef hegt die Hoffnung, dass sich hier in absehbarer Zeit etwas tun könnte. Er sehe aufseiten der Politik durchaus Bereitschaft, in diesem Punkt etwas zu tun. Was die Besteuerung betrifft, sei die politische Bereitschaft etwas zu ändern dagegen aktuell gering.

Weiters fordert Sardelic eine staatliche Förderung der Eigenbeträge für Arbeitnehmer, deren Einkommen unter der Einkommen-steuergrenze liegt: „Für ein funktionierendes Modell diesbezüglich muss man nur nach Deutschland schauen, dort gibt es ein erfolgreiches System, dass auch Menschen mit geringerem Einkommen motiviert, für die eigene Pension aktiv vorzusorgen.“

Zufriedenheit gestiegen

Eine hohe Zustimmung von 69 Prozent der Anwartschaftsberechtigten ist hinsichtlich der Anpassung des Modells der Abfertigung Neu an aktuelle Anforderungen aufgrund der Corona-Krise gegeben. Denn in einem modernen Abfertigungssystem sollten Auszahlungen für Arbeitslose erleichtert werden, wenn es aber nicht zur Arbeitslosigkeit kommt, sollte das Kapital automatisch bis zum Pensionsantritt veranlagt werden:. „Zwar sollte es der Normalfall sein, dass die Abfertigung Neu in eine Zusatzpension übergeht, in finanziell schwierigen Situationen hingegen sollte eine frühere Auszahlung möglich gemacht werden. In diesem Punkt wünschen wir uns mehr Entgegenkommen und Verständnis seitens der Politik“, erklärt Valida-CEO Sardelic.

Personen, die bereits eine betriebliche Vorsorge in Anspruch nehmen, sind jedenfalls zu einem großen Teil zufrieden, geht aus einer Umfrage der Spectra-Marktforschung hervor. Im Vorjahr sagten 78 Prozent, sie seien mit dem Vorsorgemodell ihres Unternehmens sehr zufrieden beziehungsweise zufrieden.

Eine ganz klare Position nehmen die Anwartschaftsberechtigten auch in der Frage ein, ob das Abfertigungs-Guthaben bei einem Job-Wechsel automatisch zur Vorsorgekasse des neuen Arbeitgebers übertragen werden soll. Denn 86 Prozent der Befragten bejahen diese Frage. Damit ist die Zustimmung zu diesem Modell in den letzten beiden Jahren um signifikante acht Prozentpunkte gestiegen.

AusgabeRZ26-2021

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