Ausbildung statt Aufstiegskampf

Sportlich gesehen sind die Frauen von Volleyball-Zweitligist VC Raiffeisen Dornbirn über viele Zweifel erhaben, der Aufstieg würde allerdings große Umstrukturierungen erfordern. Deswegen gilt ein Großteil der Konzentration der erfolgreichen Arbeit im Nachwuchs.

Objektiv betrachtet, haben die Volleyballerinnen des VC Raiffeisen Dornbirn in dieser Saison alles richtig gemacht. In der 2. Bundesliga haben sie souverän die Play-off-Spiele zum Aufstieg erreicht, in diesen können sie, einen Heim-Erfolg im letzten Heimspiel am kommenden Samstag gegen Purgstall vorausgesetzt, noch Dritter werden. Was der besten Platzierung, die nicht zum Aufstieg berechtigt, entspräche. Was bei manch anderem Klub für Katzenjammer sorgen würde, löst bei Regina Wohlgenannt-Nigsch, sportliche Leiterin und Nachwuchs-Zuständige des Klubs, ein eher zufriedenes Lächeln aus. „Wir haben uns vor dieser Saison lange und gründlich überlegt, ob wir den Aufstieg dieses Jahr anstreben sollen, haben uns aber dagegen entschieden. Es müssten einfach zu viele Umstrukturierungen vorgenommen werden, um in der höchsten Spielklasse zu bestehen.“

Insofern entspricht der Zieleinlauf in dieser Saison genau dem, was wünschenswert war. Zumal das Team einem fast schon permanenten Umbruch unterzogen wurde, der zum Teil auch gewollt ist. So verließen zwei Spielerinnen den Klub, um sich dem Vorarlberger Konkurrenten VBC Höchst anzuschließen, der erstmals wieder ein Team auf diesem Level stellte. Das wiederum sorgte dafür, dass Spielerinnen aus dem Nachwuchs eingebaut wurden, die sich auf hohem Niveau weiterentwickeln konnten. „Die Türen für die Jungen sollen offenstehen, sie sollen ein Ziel haben und eine realistische Chance, das auch zu erreichen“, sagt Wohlgenannt-Nigsch. „Das entspricht genau unserer Philosophie. Wir sind ein Ausbildungsverein und auch stolz darauf, wenn Spielerinnen von uns bei anderen Vereinen in Österreich für Furore sorgen.“

Wofür es einige Beispiele gibt. Das prominenteste ist wohl Ursula Erhard, die die komplette Jugend der Dornbirner durchlief, ehe sie auszog, Nationalspielerin wurde und zuletzt in Graz pritschte und baggerte. Also eine Karriere hinlegte, wie sie aktuell auch Lelia Fitz zugetraut wird. „Sie ist 16 Jahre alt, spielt bei den Nachwuchs-Nationalteams eine starke Rolle und ist mega talentiert“, schwärmt Wohlgenannt-Nigsch und erklärt, dass man die meisten Nachwuchs-Spieler im Alter von acht Jahren rekrutiert, um sie für den Volleyball-Sport zu begeistern. „Unsere Spielerinnen sind auch deswegen bei größeren Vereinen so beliebt, weil man in Österreich weiß, dass sie bei uns hervorragend ausgebildet werden.“

Keine Legionäre

Nur: Warum gelingt es dem Verein nicht, diese Spielerinnen zu halten und mit ihnen eine Erfolgsgeschichte zu schreiben? Schließlich war man ja bereits in der höchsten Liga und spielte vor gut zehn Jahren sogar im Europacup. Bei dieser Frage gibt es mehrere Gründe, der wichtigste liegt wohl darin, dass viele Volleyballer nach der Schule ein Studium anstreben. Und da Vorarlberg kein Universitäts-Standort ist, fehlen schlichtweg die Argumente, die Akteurinnen zu halten. Außerdem kann man ganz oben kaum sportlich überleben, ohne sich die eine oder andere (teure) Legionärin zu leisten, was man in Dornbirn nicht möchte. „Wir investieren die Mittel lieber in den eigenen Nachwuchs, als eine gut bezahlte Legionärin zum Beispiel aus Deutschland zu holen, das erscheint uns sinnvoller“, erklärt Wohlgenannt-Nigsch.

Als angenehm und ein Zeichen von Wertschätzung empfindet sie, dass viele Sportlerinnen nach ihren Karrieren oder zum Ausklingen ihrer Laufbahn nach Dornbirn zurückkehren. So wie Veronika Zeferino de Oliveira (mit dem Fußballer Sidinei de Oliveira verheiratet), die in Linz-Steg in der Bundesliga spielte und jetzt so etwas wie die Rolle der „Mutter der Kompanie“ ausfüllt. Mit ihrer großen Erfahrung hilft sie mit, jüngere Spielerinnen an die Aufgaben heranzuführen. „Sie spielt bei uns eine ganz wichtige Rolle“, sagt die 48-jährige Wohlgenannt-Nigsch, die nicht nur beim VC Raiffeisen Dornbirn, sondern auch beim vorarlbergischen Landes-Verband für die sportliche Leitung zuständig ist. Eine ihrer nächsten Aufgaben wird es dabei sein, für die kommende Saison einen neuen Trainer zu finden. Denn der Wiener Rene Zell, der das Team drei Saisonen lang betreute, möchte sich eine Auszeit nehmen und sich mehr auf seinen Brotberuf als Mathematik-Professor an einem Gymnasium konzentrieren. „Das ist schade, wir hätten gerne mit ihm weitergemacht. Fachlich war er ein sehr guter Mann. Aber bei jedem Trainer gibt es immer Vor- und Nachteile.“ Die Entscheidung, wer das Team künftig coacht, ist noch nicht gefallen, man befindet sich allerdings bereits in fortgeschrittenen Gesprächen.

Neuer Präsident

Ob man mit dem neuen Trainer auch einen Versuch startet, doch das Ziel Aufstieg in Angriff zu nehmen? Bei dieser Frage hält sich Wohlgenannt-Nigsch, die im zivilen Leben im Bereich Kultur-Management arbeitet und selbst viele Jahre lang beim VC Raiffeisen Dornbirn aktiv war, noch etwas zurück, weil auch im Vorstandsbereich die eine oder andere Umstrukturierung ansteht. „Unser Präsident scheidet demnächst aus, es wird im Herbst eine Übergabe geben. In der Übergangszeit übernehme ich die eine oder andere Agenda mehr. Nur eines kann ich sagen: Es wird auch im nächsten Jahr eine starke und gut vorbereitete Mannschaft in die Saison gehen.“ 

Fix ist jedenfalls, dass es ohne treue Partner wie die Raiffeisenbank Dornbirn, die bereits seit mehr als 20 Jahren an Bord ist, nicht funktionieren würde. „Das ist eine gelebte Partnerschaft auf Augenhöhe. Sie unterstützen uns zum Beispiel, wenn es darum geht, im Sommer Beachvolleyball bei uns im Verein zu forcieren. Das ist eine hervorragende Trainings-Möglichkeit, von der unsere Spielerinnen und Spieler und vor allem der Nachwuchs auch in der Halle profitieren.“ Es spricht also nichts dagegen, dass der sportlich erfolgreiche Weg auch in Zukunft weiter beschritten wird. In welcher Liga auch immer.

AusgabeRZ17-2023

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