Emma Spitz will nach Amerika

Seit eineinhalb Jahren ist Emma Spitz als Golf-Proette auf der ganzen Welt unterwegs. Die 24-jährige Niederösterreicherin spricht im Interview über ihren Traum, die Nummer 1 zu werden, und verrät, wie ihr Plan auf diesem Weg aussieht.

Argentinien, Hongkong, Südafrika und vieles mehr – Emma Spitz hat in 24 Jahren mehr gesehen als die meisten Menschen im Laufe ihres Lebens. Die Golferin, die seit dem Jahreswechsel von Raiffeisen Capital Management (RCM) als Sponsor unterstützt wird, kommt gerade von einem Turnier in den USA und weilt seit vergangenem Wochenende in Australien, um dort zwei Turniere zu spielen. Dazwischen nimmt sie sich Zeit für ein ausführliches Interview.

Oberflächlich betrachtet wirkt es so, als würden Sie ein Jet-Set-Leben auf der ganzen Welt führen. Fühlt es sich auch so an?
Emma Spitz: Nicht wirklich, es klingt cooler, als es ist. Wir Spieler erleben zwischen Flughafen und Golfplatz recht wenig, sind ja immer nur ein paar Tage vor Ort. Man versucht, so knapp wie möglich hinzureisen und so rasch wie möglich zurückzureisen, weil man die Zeit daheim viel mehr genießt. Ich war vergangenes Jahr 30 Wochen unterwegs, da ist jeder Tag zu Hause ein Glücksfall. 

Sie haben 2015 im Alter von 14 Jahren schon gesagt, dass Sie Profi-Golferin werden wollen. Woher kam diese Fokussierung?
Spitz: Ich habe mit sieben Jahren mit Golf begonnen. Anfangs war es gar nicht so spaßig, eher langweilig. Dann gab es eine Turnierserie, den Schüler-Cup, in dessen Rahmen ich durch ganz Niederösterreich gefahren bin. Für den Gesamtsieger winkte eine Reise nach Amerika, das war mein großer Ansporn. Die habe ich zwar nicht gewonnen, aber es hat sich trotzdem ausgezahlt. Und als ich neun war, planten meine Eltern eine Israel-Reise, und ich habe gesagt: Ich fahre nicht mit, weil ich sonst drei Turniere verpassen würde.

Sie sind neben dem Platz des Golfclubs Schönborn aufgewachsen. Hatten Sie dort Role Models?
Spitz: Überhaupt nicht. Unsere Familie hat praktisch zeitgleich mit dem Golfen begonnen, erst mein Bruder, dann ich und dann auch meine Eltern. Dass wir neben dem Platz gewohnt haben, war Zufall. Aber nach der Schule bin ich immer direkt dorthin gegangen und habe gespielt, bis es finster wurde. So bin ich in diesen Sport reingekippt. Der Traum, Profi zu werden, war immer schon da.

Mit 19 sind Sie für zwei Jahre nach Kalifornien gegangen, um auf der UCLA Psychologie zu studieren und weiter an Ihrer Karriere zu arbeiten. Welche Überlegung steckte dahinter?
Spitz: Diesen Weg gehen viele, da in Amerika die Kombination aus College und Sport sehr beliebt ist. Man spielt dort gegen die besten Amateure der Welt, das ist ein guter Schritt, bevor man Profi wird. Es war auch eine Option, gleich dort zu bleiben, aber dann kam Corona und alles wurde ziemlich kompliziert.

Es muss doch hart gewesen sein, in so jungen Jahren so weit weg von zu Hause zu sein.
Spitz: Ich war mir lange nicht sicher, ob ich diesen Schritt gehen will, da es auch Beispiele von Sportlern gibt, die es nicht schaffen. Aber ich wollte es auf jeden Fall probieren, um mir nachher nichts vorwerfen zu können. Und ich habe am ersten Tag gespürt, dass es die richtige Entscheidung war. Wenn ich drüben war, habe ich es geliebt, drüben zu sein, wenn ich daheim war, habe ich es geliebt, zu Hause zu sein. Ich habe jeweils nichts vermisst.

Was haben Sie drüben als Golferin gelernt?
Spitz: Die Plätze dort sind schwieriger als in Europa, es gibt viele verschiedene Grasarten, man muss sich auf diese Gegebenheiten einstellen. Dadurch, dass ich ins kalte Wasser gesprungen bin, habe ich viel über mich selbst gelernt. Ich musste mich selbst organisieren und weiß heute genau, was mir guttut und was nicht.

Emma Spitz im Porträt
© GEPA pictures/ Patrick Steiner

Seit August 2022 sind Sie Proette und spielen auf der Ladies European Tour (LET). Wobei der Name ein wenig irreführend ist …
Spitz: Das stimmt. Die Basis ist in Europa, auch die Mitarbeiter sind fast alle Europäer, aber weil man nicht das ganze Jahr über hier spielen kann, gibt es auch Turniere in Hongkong, Südafrika oder auch in den USA, wobei das die Ausnahme ist. 

Wie bilanzieren Sie Ihr erstes komplettes Jahr auf der Tour?
Spitz: Gemischt, es hat sich nicht alles erfüllt, was ich erwartet hatte. Die Erwartungen waren allerdings auch hoch. Die von mir selbst und auch die von außen. Ich hatte im Jahr davor ein paar Turniere mit Wild Card (Anm.: auf Einladung) gespielt und gleich sehr gut abgeschnitten. Da dachte ich: Das geht jetzt so weiter. Ich wollte technisch etwas ändern, hatte einen Trainerwechsel, alles lief am Anfang etwas holprig. Ich war konstant, kam zehnmal unter die Top 20, aber die Ausreißer nach oben haben mir gefehlt.

Sie haben als erste Österreicherin überhaupt den Cut bei den prestigeträchtigen US Open geschafft.
Spitz: Das war sicher das Highlight! Für das Turnier gab es nur einen Qualifier in Europa, den habe ich gewonnen, obwohl ich beim Turnier davor einen ganz schlechten Start hatte. Aber wenn man keine Erwartungen hat, überrascht man sich manchmal selbst. Zu den US Open nach Pebble Beach fahren zu dürfen und auf diesem prestigeträchtigen Kurs spielen zu dürfen, war eine ganz spezielle Erfahrung.

„Nur mitzuspielen ist nicht so meins. Ich will auch immer um den Sieg spielen.“

Emma Spitz

Sie haben mal gesagt, dass die LET eine Art Zwischenstation auf dem Weg nach Amerika ist. Wie lautet Ihr Plan?
Spitz: Die PGA-Tour in Amerika ist die größte Tour der Welt mit den meisten Sponsoren, den meisten TV-Zeiten und den höchsten Preisgeldern. Dort hinzukommen, ist mein Ziel. Um das zu schaffen, muss man sich über ein Turnier qualifizieren, genauso wie für die European Tour. Ich habe es schon zweimal probiert, beim ersten Mal lief es nicht so gut, beim zweiten Mal kam ich schon ins Finale. Ich entscheide am Jahresende, ob ich für nächstes Jahr noch einen Anlauf nehmen werde. Dieses Jahr liegt mein voller Fokus darauf, auf der LET meine Ziele zu erreichen.

Zu Ihren Zielen gehört auch, es zu den Olympischen Spielen nach Paris zu schaffen.
Spitz: Da schaut es ganz gut aus. Pro Land dürfen die beiden am besten in der Weltrangliste platzierten Frauen fahren, da wäre ich aktuell dabei. Ich war 2018 bei den Youth Olympic Games in Argentinien dabei und habe dort die Atmosphäre sehr genossen. 

Der Start in die aktuelle Saison verlief jedenfalls ganz erfreulich.
Spitz: Ich bin zufrieden. In Marokko wurde ich 13., in Tampa (Florida) 20. und Zweite im Teamevent. Ich merke: Mit meinen langen Schlägen bin ich schon da, wo ich hin möchte, beim kurzen Spiel gibt es noch einiges zu verbessern. Aber das ist so im Golf: Etwas läuft nicht perfekt, du legst im Training den Fokus darauf, vernachlässigst dadurch etwas anderes, was dann wieder schwächer wird. Die Kunst ist es, alles in die richtige Balance zu bringen. Dazu kommt die mentale Komponente: Am letzten Tag eines Turniers gewinnt der, der es vom Kopf her am besten schafft.

Langfristig ist Ihr Ziel kein geringeres, als die Nummer 1 der Welt zu werden.
Spitz: Das ist das ultimative Ziel, das natürlich viele Spielerinnen haben. Davor muss man aber noch viele kleinere Ziele erreichen. Für mich gilt: Nur mitzuspielen ist nicht so meins. Ich will auch immer um den Sieg spielen.

AusgabeRZ13-2024

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