Heilende Kräfte

Die Kräuterweihe zu Mariä Himmelfahrt hat eine lange Tradition.

Wer sich mit Kräutern auseinandersetzt, sie selbst anbaut, hegt und pflegt oder auf Wald und Wiese sammelt, weiß, dass dies ein sehr schöne und sinnliche Erfahrung sein kann. Das Thema Kräuter geht meistens mit Brauchtum, Glaube, aber auch Mystik einher. So wird auch der 15. August, der Tag von Mariä Himmelfahrt, zur Segnung der Kräuter gefeiert. Aber schon zu Zeiten der Kelten und Germanen wurde dieses Ritual zelebriert und später in die christliche Religion übernommen. Vielerorts werden in Österreich am Tag vor Mariä Himmelfahrt Kräuter gesammelt und zu Kräuterbuschen gebunden. Wenn die Kräuter am nächsten Tag geweiht werden, wird ihnen eine besondere Kraft zugeschrieben. So helfen sie unserer Gesundheit, aber auch den Tieren durch die Zugabe ins Heu. Die Salzburger Kräuterexpertin Margreth Balla erklärt: „Die in den Buschen enthaltenen Kräuter werden im Laufe des Jahres für die Hausapotheke, zum Räuchern rund um Weihnachten und zum Schutz für Haus, Hof und Familie verwendet.“

Dabei betont die Altenmarkterin, dass Heilkräuter bereits in vorchristlicher Zeit den Göttern als Dank für deren Schutz und Heilkraft geopfert wurden. Als die Christianisierung durch Missionare begann, wurde die Kräuterweihe als Hexenwerk verboten, was das Volk jedoch ignorierte. Man fand einen Kompromiss, indem man den Brauch christianisierte. Balla: „Die Wirkung der Kräuter wurde auf Gott und insbesondere auf Marias Fürsprache bezogen. Der 15. August wurde als Marienfeiertag eingeführt und die Kräuter an diesem Tag geweiht. Auch die Legende, dass die Apostel beim Öffnen des Grabes Marias anstelle eines Leichnams wohlduftende Kräuter und Blumen vorfanden, dürften zur weiteren Verbreitung des Brauches beigetragen haben.“ Mariä Himmelfahrt und die Kräuterweihe sind seit jeher fest miteinander verbunden. Das Marienfest war früher auch der Tag der Apotheker und Drogisten.

Anleitung zum Binden

Bei der Recherche rund um diese Tradition stellt man schnell fest, dass die Art und Weise, wie die Kräuterbuschen gebunden werden, welche Kräuter und wie viele verschiedene verwendet werden, von Region zu Region abweichen. Margreth Balla erklärt: „Das Wissen um das Buschenbinden wurde von Generation zu Generation auf den Höfen weitergegeben und so entstanden sogar auf den einzelnen Bauernhöfen verschiedene Vorgehensweisen bei der Herstellung der Buschen. Man kann dies mit alten Rezepten von traditionellen Speisen vergleichen, die auch oft von Hof zu Hof unterschiedliche Zubereitung und Zutaten aufweisen.“ Die Kräuterexpertin kennt viele Anleitungen und Rezepturen und weiß, je nach Region und Brauchtum gibt es Buschen aus sieben, neun, zwölf, 14, 24 oder gar 33, 72 und 99 Pflanzen. Die Zahlen haben eine bestimmte Symbolik erklärt Balla: „Sieben ist zum Beispiel die Anzahl der Schöpfungstage. Neun hingegen ergibt sich aus drei mal drei und ist daher die Zahl der Heiligen Dreifaltigkeit. Zwölf steht für die Anzahl der Apostel, 14 für die Nothelfer, 24 wird mit den zwölf Stämmen Israels aus dem Alten Testament und den zwölf Aposteln aus dem Neuen Testament assoziiert. 72 steht für die Zahl der Jünger Jesu und 99 als ein weiteres Symbol für die Dreifaltigkeit.“

Bedeutende Zutaten 

Genauso wie die Anzahl der verwendeten Kräuter variieren auch die Kräuter. Meist verwendet man, was rund um Haus und Hof wächst. „Wichtig ist nur, dass die Kräuter am Abend vor Maria Himmelfahrt gesammelt und dann zu Kräuterbuschen gebunden werden. In der Mitte des Bündels findet sich meist die Königskerze, auch Marienkerze genannt, umgeben von zahlreichen anderen Kräutern. Bei uns findet man meistens heimische Kräuter wie  Alant, Arnika, Baldrian, Beifuß, Frauenmantel, Kamille, Johanniskraut, Liebstöckel, Pfefferminze, Schafgarbe, Rainfarn, Thymian, Lebenskraut, Eibisch, Haselnusszweige, Ringelblume aber auch Majoran, Ysop, Goldrute und viele mehr im Buschen. Als Symbol für Maria werden häufig auch Rosen und Getreideähren in die Kräuterbuschen mit hinein-gebunden“, so die Expertin. 

An Mariä Himmelfahrt wird das Kräuterbündel schließlich gesegnet und anschließend im Haus oder im Herrgottswinkel aufgehängt. Große Buschen dürfen erst an einem luftigen Platz trocknen und finden dann ebenfalls einen Platz im Haus oder Stall. Balla erzählt, dass der Tee aus den geweihten Kräutern besonders heilsam sein soll: „Früher hat man krankem Vieh geweihte Kräuter ins Futter gemischt oder man warf zum Schutz vor Blitzschlag Kräuter aus den Buschen ins offene Feuer. In manchen Gegenden war es üblich, ein sogenanntes ‚Würzbüschel‘ den Kindern oder Jungverheirateten ins Bett bzw. im Sterbefall den Toten in den Sarg zu legen.“ 

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